Im GesprächVolker Wendel

Augenarztkette Sanoptis warnt vor Attacke auf Finanzinvestoren

Volker Wendel, Chef der Augenarztkette Sanoptis, die dem Finanzinvestor Group Bruxelles Lambert gehört, reagiert alarmiert auf die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, Private Equity aus medizinischen Versorgungszentren zu verbannen. Eine rein politisch motivierte Verknappung der Leistungserbringer sei gegen die Interessen der Patienten.

Augenarztkette Sanoptis warnt vor Attacke auf Finanzinvestoren

Im Gespräch: Volker Wendel

Sanoptis warnt vor Attacke auf Private Equity

CEO der Augenarztkette: Die vom Gesundheitsminister geplante Regulierung wäre nicht im Interesse der Patienten

Von Christoph Ruhkamp, Frankfurt

Zu Weihnachten suchte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Aufmerksamkeit. Er kündigte an, gegen „profitgierige“ Finanzinvestoren vorzugehen, die Arztpraxen aufkaufen. Einer dieser Finanzinvestoren ist die börsennotierte Beteiligungsgesellschaft Group Bruxelles Lambert (GBL). Die Belgier haben 2022 das europäische Augenarzt-Netzwerk Sanoptis mit Schwerpunkt in Deutschland vom britischen Private-Equity-Investor Telemos Capital übernommen. Als neue Investorin stellt GBL bis zu 750 Mill. Euro an Eigenkapital zur Verfügung.

Entsprechend alarmiert reagiert Sanoptis auf den Vorstoß Lauterbachs. Es sei nicht wahr, dass von Investoren betriebene medizinische Versorgungszentren (MVZ) die Rendite über den medizinischen Behandlungserfolg stellen: „MVZ existieren seit 20 Jahren, seit über 10 Jahren sind auch nichtärztliche Kapitalgeber in der ambulanten Versorgung aktiv – und bislang gibt es keinerlei Evidenz für die oft behaupteten negativen Entwicklungen“, sagte Sanoptis-CEO Volker Wendel der Börsen-Zeitung. „Das hat ein Gutachten im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums festgestellt.“

In dem Gutachten heißt es: „Derzeit sind keine empirischen Daten vorhanden, die belastbar – positive oder negative – Zusammenhänge zwischen Versorgungsqualität in MVZ und bestimmten MVZ-Trägern (in ärztlichem Eigenbesitz oder in Hand von Investoren) belegen könnten.“

Werden alle bisher diskutierten Vorschläge für eine Regulierung von Private Equity tatsächlich umgesetzt, dann ginge es um erhebliche Einschränkungen: Die Investments der Private-Equity-Firmen in MVZ würden regional und fachlich begrenzt. Es würde über ein Register Transparenz geschaffen über die Eigentumsverhältnisse, und es würden Hinweise auf den Praxisschildern vorgeschrieben.

Sanoptis-Chef Wendel hält alles, was über die Transparenz der Eigentümerschaft hinausgeht, für kontraproduktiv: „Die ambulante Versorgung steht vor einem Umbruch“, warnt der Manager. „Vor allem der demografische Wandel setzt das System unter Druck.“ Bereits heute seien über ein Drittel der Ärztinnen und Ärzte 60 Jahre und älter – und es wird immer schwieriger, eine Nachfolge für die Praxis zu finden. „MVZ-Gruppen wie Sanoptis tragen durch die Übernahme solcher von der Schließung bedrohter Praxen zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der flächendeckenden Versorgung bei“, erklärt Wendel. „Eine rein politisch motivierte Verknappung potenzieller Leistungserbringer kann nicht im Interesse der Patientinnen und Patienten sein.“

Ein Teil der Kritik an den Finanzinvestoren richtet sich indessen gegen regionale Marktmacht. Als 2022 die Smile-Eyes-Gruppe des Finanzinvestors Trilantic eine Augenklinik in Leipzig übernahm, erklärte Bundeskartellamtspräsident Andreas Mundt, zwar sei allein der Umstand, dass Kliniken und Arztpraxen von Finanzinvestoren übernommen werden, unter wettbewerblichen Gesichtspunkten noch nicht bedenklich. Finanzkräftige Investoren könnten durch Investitionen in teure Medizingeräte den Wettbewerb beleben. „Etwas anderes gilt jedoch, wenn Klinik- und Praxisketten in bestimmten Gegenden Marktmacht erlangen. Denn marktbeherrschende Anbieter sind nicht mehr gezwungen, auf Patientinnen und Patienten, auf andere Gesundheitsdienstleister sowie auf Kostenträger Rücksicht zu nehmen.“

Sanoptis wächst unterdessen rasant. Der Umsatz kletterte 2022 organisch und durch Zukäufe von 14 chirurgischen Augenkliniken um 56% auf 456 Mill. Euro. Der operative Gewinn (Ebitda) legte um 59% auf 59 Mill. Euro zu. Inzwischen agiert Sanoptis an 300 Standorten mit rund 600 Ärzten und insgesamt 3.000 Beschäftigten, die 2,25 Millionen Behandlungen durchführten.

Vor dem Hintergrund der nun drohenden Regulierung weist der Sanoptis-Chef auf die Knappheit der Versorgung hin: „Laut einer bundesweiten Umfrage im Auftrag des BBMV geben 56% der Befragten an, dass sie lange auf einen Arzttermin warten müssen“, sagte Wendel. „Knapp 39% sagen, dass es bei ihnen in der Nähe zu wenig Ärzte und Ärztinnen gebe.“ Mit Blick auf die Demografie werde sich dieser Zustand verschärfen.

Umso unverständlicher erscheinen die Absichten der Gesundheitsministerkonferenz und des Bundesgesundheitsministers, die Arbeit von MVZ-Gruppen erheblich zu erschweren. „Diese weitgehend vom Markt zu verbannen, ist keine Antwort auf bestehende oder zu befürchtende medizinische Versorgungsengpässe, ganz im Gegenteil“, warnt Wendel. „Die schablonenartige Aufteilung in ärztebetriebene versus investorenbetriebene MVZs ignoriert, dass es auch Mischformen gibt.“ Bei Sanoptis gehe man ganz bewusst keine 100-%-Beteiligungen ein, in den Zentren und Kliniken des Unternehmens behielten die Ärzte stets substanzielle Gesellschaftsanteile, im Durchschnitt rund 30%.

Ärzte als Unternehmer

Über die gesetzlich geschützte Entscheidungsfreiheit in ärztlichen Belangen hinaus haben die ärztlichen Partner von Sanoptis weitgehende Mitspracherechte in unternehmerischen Entscheidungen, weil Sanoptis nach eigener Überzeugung „nur so exzellente und erfolgreiche Medizin betreiben“ kann. „Deshalb verstehen wir uns auch nicht als Kette, sondern als Netzwerk, in dem wir mit unseren Ärzten eine Partnerschaft auf Augenhöhe leben“, wirbt Wendel. „Sanoptis als Augenheilkunde-Netzwerk ist an über 300 Standorten in der deutschsprachigen Region aktiv und strebt eine weitere europäische Expansion an.“ In Deutschland betreibe Sanoptis neben zahlreichen ambulanten Kliniken und Praxen auch drei auf Augenheilkunde spezialisierte Krankenhäuser.

Volker Wendel, Chef der Augenarztkette Sanoptis, die dem Finanzinvestor Group Bruxelles Lambert gehört, reagiert alarmiert auf die Pläne von Gesundheitsminister Karl Lauterbach, Private Equity aus medizinischen Versorgungszentren zu verbannen. Das sei gegen die Interessen der Patienten.

Volker Wendel hat jahrzehntelange Erfahrung als Manager im Gesundheitswesen, unter anderem als Geschäftsführer im Uniklinikum Essen.

Dieser fachliche Bezug erlaubt Sanoptis eine enge Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung, sozusagen. „Dabei legen wir großen Wert auf eine breite medizinische Ausrichtung unserer Zentren, wir bieten unseren Patienten das gesamte Spektrum der Augenheilkunde an – also das genaue Gegenteil vom Cherry Picking, wie es investorenbetriebenen MVZs teilweise vorgeworfen wird“, wehrt sich Wendel gegen die Kritik.