Wohnungsbau

Baugenehmi­gungen für Wohnungen brechen ein

Die Krise am Wohnungsmarkt spitzt sich zu. Die Baugenehmigungen sind im abgelaufenen Jahr um 6,9% gesunken. Sie sind auf den niedrigsten Stand seit 2018 zurückgefallen.

Baugenehmi­gungen für Wohnungen brechen ein

Reuters Berlin – Steigende Material- und Zinskosten haben die Zahl der Baugenehmigungen für Wohnungen im vergangenen Jahr einbrechen lassen. Trotz akuten Wohnungsmangels in Deutschland sanken sie im Vergleich zum Vorjahr um 6,9 % oder 26 300 auf 354 400, teilt das Statistische Bundesamt mit. Das ist der niedrigste Wert seit 2018. Im Vorjahr 2021 wurde mit 380 700 Baugenehmigungen noch der höchste Stand seit 1999 erreicht. Besonders private Bauherren hielten sich im vergangenen Jahr zurück.

„Von einem kompletten Baustopp kann aber keine Rede sein“, sagt Bundesbauministerin Klara Geywitz. Der Überhang von genehmigten, aber nicht gebauten Wohnungen steige voraussichtlich weiter. 2022 seien mehr neue Wohnungen genehmigt als 2021 fertiggestellt worden. „Aufgrund von deutlich verschlechterten Rahmenbedingungen und Kapazitätsengpässen in der Branche ist die Bauzeit in den letzten Jahren gestiegen“, so die SPD-Ministerin. Dem werde durch vereinfachte Planungs- und Genehmigungsverfahren, eine stärkere Digitalisierung und einen Fokus hin zum seriellen und modularen Bauen begegnet.

Die Baubranche rechnet allerdings nicht mit einer baldigen Trendwende. „Die schwierige Mischung aus steigenden Zinsen, stark zulegenden Material- und Baupreisen, gestoppter Neubauförderung und sinkenden verfügbaren Einkommen hat vor allem ab der Jahresmitte 2022 den Wohnungsneubau abgewürgt“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindus­trie (HDB), Tim-Oliver Müller. „Die Schaffung von ausreichend bezahlbarem Wohnraum ist so für lange Zeit nicht mehr möglich.“ In diesem Jahr dürften bestenfalls 250 000 Wohnungen fertiggestellt werden. Geywitz hatte im Januar eingeräumt, dass das Neubauziel der Ampel-Koalition von 400 000 Wohnungen jährlich auch 2023 verfehlt werde.

„Leider wird die Aussicht für 2023 nicht besser werden“, warnt Müller. „Im Gegenteil: Aufgrund der zu geringen Neubauförderung von 1,1 Mrd. Euro, der verschärften Anforderungen an die Energieeffizienz und der hohen Zinsen werden gerade Wohnungsbaugesellschaften nicht in der Lage sein, investieren zu können. Der Auftragseingang im Wohnungsbau ist schon jetzt ins Bodenlose gesunken.“ Experten fordern deshalb beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren, Baulandausweisung, Nachverdichtung und bundeseinheitliche Bauvorschriften, die serielles Bauen fördern. Besonders stark sanken 2022 die Zusagen für Einfamilienhäuser. Bei Mehrfamilienhäusern gab es nur ein Minus von 1,6 % auf 190 400 Wohnungen.

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