Kohlefaserspezialist

Carbonfaser-Riss setzt SGL zu

Die Krise der Windkraftindustrie macht SGL Carbon auch im laufenden Jahr zu schaffen. Die Ergebnisprognose hängt davon ab, ob die erhoffte Trennung von der Sparte Carbonfasern gelingt.

Carbonfaser-Riss setzt SGL zu

Carbonfaser-Riss setzt SGL zu

Leerstandskosten belasten Ergebnis – Spezialgraphite florieren – Kohlefaserspezialist erreicht Gewinnprognose

hek Frankfurt

Die Krisensparte Carbonfasern macht dem Kohlefaserspezialisten SGL Carbon schwer zu schaffen. Für das laufende Jahr rechnet der in Wiesbaden ansässige Konzern mit 20 Mill. Euro Segmentverlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) und bereinigt um Sonderfaktoren. Schon im Vorjahr schrieb die Sparte rote Zahlen (–10,9 Mill. Euro), lässt man das Gemeinschaftsunternehmen mit dem italienischen Bremsenhersteller Brembo außen vor. Einschließlich des Joint-Venture-Beitrags verblieb ein kleiner Gewinn von 7,2 Mill. Euro.

Die Krise des Segments Carbonfasern geht auf den Nachfrageeinbruch der Windkraftindustrie zurück. 2023 sei es zu einem Fast-Stillstand des Baus von Offshore-Windrädern gekommen, berichtet Vorstandschef Torsten Derr, der nach eigenen Angaben zu einer viermal größeren Firma wechselt und daher angekündigt hat, seinen Ende Mai 2025 auslaufenden Vertrag nicht zu verlängern. Neue Windparks seien derzeit infolge hoher Rohstoffkosten und Zinsen, niedriger Abnahmepreise und regulatorischer Hemmnisse nahezu unrentabel. Die Unterauslastung der Produktionskapazitäten gehe mit hohen Leerstandskosten einher. Die Carbonfaser-Nachfrage der Windindustrie werde im laufenden Jahr schwach bleiben, befürchtet der Vorstand. Die Fasern werden in den Rotorblättern der Windkraftanlagen verbaut.

Ergebnisprognose mit und ohne Verkauf

Den Ausblick für 2024 macht SGL davon abhängig, ob die Trennung von der Krisensparte gelingt. Falls ja, werden zwischen 180 Mill. und 190 Mill. Euro bereinigtes Ebitda auf Konzernebene erwartet, ansonsten 160 Mill. bis 170 Mill. Euro. Im vergangenen Jahr kam SGL auf 168,4 Mill. Euro adjustiertes Ebitda, 2,5% weniger als 2022. Damit wurde die Guidance von 160 Mill. bis 180 Mill. Euro erreicht. Ende Februar hatte der Konzern angekündigt, einen Käufer oder Partner für das Geschäft mit Carbonfasern zu suchen.

Für den 2024er-Umsatz erwartet SGL eine Stagnation auf dem Vorjahresniveau von 1,09 Mrd. Euro. Wesentlicher Treiber bleiben Spezialgraphitkomponenten für die Chipindustrie und insbesondere für Siliziumkarbid-Halbleiter. Hier werden die Kapazitäten ausgebaut. Der Großteil der Gesamtinvestitionen von bis zu 150 Mill. Euro (Vorjahr: 87,1 Mill. Euro) werde in diesen Bereich fließen, kündigt Finanzvorstand Thomas Dippold an.

Nettofinanzschulden sinken

Im vergangenen Jahr legte die Graphitsparte um 10,4% auf 565,7 Mill. Euro Umsatz zu. Sie stellt damit 51,9% der Konzernerlöse. Auch beim Ertrag dominiert das Segment mit einem Anteil von 72% am aufaddierten Spartenergebnis, also ohne Corporate. Das Marktsegment Halbleiter/LED sei um 40,1% gewachsen, berichtet SGL. Es speist nun 46,3% des Spezialgraphitumsatzes. Zweitgrößte Sparte ist nach wie vor Carbonfasern – trotz des Umsatzeinbruchs von 35,2% auf 224,9 Mill. Euro. Composite-Lösungen kamen im Berichtsjahr auf 153,9 Mill. Euro Umsatz (+0,5%), die Prozesstechnologie auf 127,9 Mill. Euro (+20,3%).

Unter dem Strich stehen 41 Mill. Euro Jahresergebnis. Der Einbruch um zwei Drittel im Vergleich zu 2022 hängt nicht zuletzt mit Wertminderungen im Carbonfaser-Geschäft von 44,7 Mill. Euro zusammen. Die operative Marge beträgt 15,5%, sie liegt trotz des scharfen Rückgangs im Segment Carbonfasern leicht über dem 2022er-Wert von 15,2%. Die Nettofinanzschulden sanken infolge des üppigen Free Cashflows um knapp ein Drittel auf 115,8 Mill. Euro. Die Dividende fällt weiter aus.

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