Branchenverband VCI

Chemie verspürt keine Festtagsstimmung

Nach einem Einbruch um 12% im laufenden Jahr rechnet die Chemiebranche 2024 mit einem weiteren Umsatzrückgang um 3%. Die Stimmung ist dem Verband der Chemischen Industrie (VCI) zufolge trüb.

Chemie verspürt keine Festtagsstimmung

Chemie verspürt keine Festtagsstimmung

Branche rechnet 2024 mit 3 Prozent Umsatzrückgang und ruft nach Sofortmaßnahmen der Politik

Nach einem Einbruch von 12% im laufenden Jahr rechnet die Chemiebranche 2024 mit einem weiteren Umsatzrückgang von 3%. Die Stimmung ist daher entsprechend trüb. Fast die Hälfte der vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) befragten Unternehmen erwartet "frühestens 2025" eine Besserung der Lage. Laut VCI-Präsident Markus Steilemann fehlen im kommenden Jahr Nachfrageimpulse in allen wichtigen Abnehmerindustrien.

hei Frankfurt

Bei den Unternehmen der deutschen Chemieindustrie will kurz vor Weihnachten keine rechte Festtagsstimmung aufkommen. Nicht nur, dass bei einem Produktionsrückgang von 8% und einem Umsatzminus von 12% "ein schwieriges Jahr" hinter der Branche liegt, auch die Aussichten sind nach den Worten von VCI-Präsident Steilemann trüb. "Wir befinden uns in einem langen, tiefen Tal. Und noch ist unklar, wie lange wir es durchschreiten müssen." Die Auslastung der Kapazitäten verharre seit neun Quartalen auf einem Niveau unterhalb der Wirtschaftlichkeitsgrenze von etwa 82%. Dies sei in vorangegangenen Krisen so nicht vorgekommen, betonte der Manager auf der Jahrespressekonferenz des Verbands in Frankfurt.

Massiver Einbruch

Angesichts der anhaltenden Misere registriert Steilemann "einen schleichenden Prozess der Investitionszurückhaltung", der dann auch in wachsendem Maße zur Verlagerung von Produktionskapazitäten an andere Standorte führen werde. Nach einem massiven Absatzeinbruch im laufenden Jahr erkennt der Verbandspräsident für 2024 eine noch immer schwache Nachfrage in den wichtigen Abnehmerindustrien wie etwa Automobil- oder auch Bauindustrie.

Und auch aus China erwartet er keine großen Impulse. Das Wirtschaftswachstum dort wird von Volkswirten im Konsens (laut Bloomberg) derzeit auf 4,5% geschätzt, Steilemann ist das eher zu optimistisch. In jedem Fall stehe das Land vor einem Wachstumsknick, womit eine wichtige Nachfrageregion schwächeln dürfte. Die Auftragseingänge insgesamt werden mit −3% avisiert.

Im zu Ende gehenden Jahr ist der Rückgang der Umsätze im Inlandsgeschäft mit 16% auf 86 Mrd. Euro besonders heftig ausgefallen; der Auslandsumsatz fiel um 10% auf 144 Mrd. Euro. Allerdings konnten die Unternehmen im Inland Marktanteilsverluste noch vermeiden, der Rückgang resultierte aus einem sinkenden Absatz und niedrigeren Verkaufspreisen. Im Ausland jedoch verliere die deutsche Branche an Wettbewerbsfähigkeit. Neben Dauerbrennern wie Fachkräftemangel und einer "überbordenden Bürokratie und Regulierung" machen vor allem die hohen Energiekosten der Branche zu schaffen.

"Brückenlösung" nötig

Das Strompreispaket, das nun nach der Einigung im Haushaltsstreit weiter geplant ist, erhalte lediglich den Status quo. In Deutschland zahle ein Großabnehmer 15,9 Cent für die Kilowattstunde, in den USA 4,4 Cent und in Frankreich 9 Cent, rechnete Steilemann vor.

Er erneuerte die Forderung nach einem Industriestrompreis als "Brückenlösung", bis es gelinge, strukturell niedrigere Strompreise zu erreichen. Dass dafür die notwendigen Maßnahmen schon ergriffen seien, bezweifelt der Manager. Es werde kaum gelingen, bis 2030 die nötigen 30 bis 50 Gaskraftwerke zu bauen, um die Stromerzeugung zu erhöhen. Somit fürchtet die Branche bei steigendem Stromverbrauch und gleichzeitig zu knappem Angebot eher weiter steigende, nicht fallende Strompreise.

Rund 70% der Unternehmen reagieren laut VCI mit Effizienzmaßnahmen auf die Kostensteigerungen, 48% intensivieren ihre Innovationsbemühungen. Dennoch sei der Druck kaum aufzufangen. 2023 hatte die Hälfte der Firmen einen Gewinnrückgang zu verzeichnen, bei 38% war dieser "deutlich" und 14% machten Verlust.

Die Branche fühle sich "von der Politik im Stich gelassen", klagt Steilemann. Es bedürfe eines sofortigen Politikwechsels, auch um wichtige Teile der Wertschöpfungskette in Deutschland zu halten.

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