Chemieindustrie hofft auf Stütze vom Fiskus

Branchenverband fordert Steueranreize zur Forschungsförderung - "Beschäftigungspolitisches Signal"

Chemieindustrie hofft auf Stütze vom Fiskus

swa Frankfurt – Das Thema einer steuerlichen Forschungsförderung steht seit langem immer wieder auf der politischen Agenda, doch nach der kommenden Bundestagswahl sollte es Formen annehmen. “Die Chancen stehen jetzt so gut wie noch nie, dass dieses effiziente Instrument nach der Bundestagswahl endlich auch bei uns eingeführt wird”, hofft Thomas Wessel, Vorsitzender des Ausschusses Forschung, Wissenschaft und Bildung im Verband der Chemischen Industrie (VCI) und im Hauptberuf Vorstand von Evonik. “Ich hoffe, wir werden nicht wieder enttäuscht.”Die Chemieindustrie setzt sich dafür ein, alle forschenden Unternehmen, groß wie klein, zu fördern. Dabei schlägt der VCI ein Modell vor, in dem ein Unternehmen 10 % der eigenfinanzierten Aufwendungen für Forschung und Entwicklung von seiner Steuerschuld erstattet bekäme. Das würde den Staat nach Berechnungen des Verbands 5,4 Mrd. Euro im Jahr kosten. In dem vorgeschlagenen Modell bekämen Start-ups, die in ihrer Anfangsphase oft noch über Jahre Verluste schreiben, den entsprechenden Teil ihrer Forschungsaufwendungen vom Fiskus in bar erstattet. Einstieg über PersonalkostenFür den VCI ist zum Auftakt eine Eingrenzung der Förderung denkbar. “Damit wir in Deutschland endlich in eine unbürokratische Förderung einsteigen, können wir uns in der Chemie vorstellen, dass zunächst nur die F & E-Personalkosten berücksichtigt werden”, erklärt Wessel. Der Einstieg über die Anrechnung des Forschungspersonals wäre aus Sicht des VCI “ein beschäftigungspolitisches Signal für die Qualifizierung und den Aufbau von Fachkräften in Deutschland”.Wessel verweist auf positive Erfahrungen mit steuerlicher Forschungsförderung in anderen Ländern. China habe die Steuersätze für das gesamte zu versteuernde Einkommen von Hightech-Unternehmen reduziert. Frankreich fördere seit dem Jahr 2000 mit 5 Mrd. Euro jährlich die Forschung über den Fiskus. Seitdem habe sich die Zahl der in der französischen Industrie beschäftigten Forscher fast verdoppelt. Österreich habe unlängst die steuerliche Forschungsprämie von 12 auf 14 % aufgestockt, was auch manches deutsche Unternehmen zu Investitionen in dem Land veranlasste.Die Chemieindustrie sieht sich einem immer härter werdenden Wettlauf mit aufstrebenden Schwellenländern ausgesetzt. Gegenwärtig sei Deutschland der weltweit viertgrößte Chemie- und Pharmaforschungsstandort nach den USA, China und Japan (siehe Grafik). “Diese gute Ausgangsposition gilt es zu halten und auszubauen”, betont Wessel.Im vergangenen Jahr kletterten die Forschungsausgaben der chemisch-pharmazeutischen Industrie in Deutschland um 4 % auf 10,8 Mrd. Euro. Das macht mehr als 5 % des Branchenumsatzes aus. Von der Summe entfallen 6,5 Mrd. Euro auf die Pharma. Im Ausland steckt die Branche 5 Mrd. Euro in Forschung und Entwicklung, die Budgets laufen etwa parallel zum Inland. 2017 dürfte der Forschungsaufwand in der Chemie hierzulande laut VCI die Marke von 11 Mrd. Euro übersteigen. Das wäre ein Rekord.—– Wertberichtigt Seite 8