Immobilien

Chinas Wohnungs­bauer fallen in Krisen­modus zurück

In China keimt erneut Unruhe über die Zahlungsfähigkeit von Immobilienentwicklern auf. Als gute Nachricht gilt allerdings, dass sich die Talfahrt bei den chinesischen Wohnimmobilienpreisen dem Ende zu neigt.

Chinas Wohnungs­bauer fallen in Krisen­modus zurück

Von Norbert Hellmann, Schanghai

Chinesische Immobilienentwickler und ihre Verschuldungsrisiken geben den Marktteilnehmern zum Wochenbeginn neue Rätsel auf. Auch wenn sich die Aufregung um den spektakulär überschuldeten und in einem undurchsichtigen Restrukturierungsverfahren mit ungewissem Ausgang steckenden Branchenriesen China Evergrande im neuen Jahr etwas gelegt hat, sorgen nun weitere chinesische Immobilienentwickler mit Offenbarungen über ihre angegriffene Zahlungsfähigkeit für große Unruhe bei Aktionären und Bondinvestoren.

Zuletzt ist der private Bauträger Zhenro Properties Group an den Märkten in Verruf geraten und nährt die Frage nach versteckten Risiken in den Bilanzen von chinesischen Immobilienentwicklern, die man bislang als relativ solide eingestuft hatte. Zhenro hatte erst vor wenigen Wochen mit der beruhigenden Nachricht geglänzt, dass man eine Kreditlinie über umgerechnet 1,2 Mrd. Euro bei Bank of China als einem der größten chinesischen Kreditinstitute arrangieren konnte und keinerlei Bedenken habe, seinen Zahlungsverpflichtungen am Anleihemarkt nachzukommen. Nun aber heißt es plötzlich in einer Warnung an die Investoren, dass man möglicherweise nicht über genügend Liquiditätsreserven verfüge, um dem Zahlungsdienst auf eine Daueranleihe nachzukommen.

Am Montag sackte die an der Hongkonger Börse notierte Zhenro-Aktie um weitere 14% auf ein neues Allzeittief bei 0,75 HK-Dollar ab und hat nun seit Jahresbeginn fast 80% ihres Wertes verloren. Anders als Evergrande, bei der Dollarbonds über mehr als 18 Mrd. Dollar im Feuer stehen, würde Zhenro, die gegenwärtig auf Platz 30 unter den nach Umsatz aus Immobilienverkäufen größten Branchenunternehmen steht, mit einem Zahlungsausfall (Default) auf seine Anleihen für sich genommen keinen großen Investorenschaden anrichten.

Allerdings führt der überraschende Wandel im Bonitätsprofil einer Gesellschaft, die zuvor keiner auf dem Sorgenzettel hatte, nun erst recht zu einer Belastung des Marktsentiments, weil man befürchtet, dass auch größere Bauträger noch jede Menge versteckte Bonitätsgefahren in sich bergen. Ein Index von in Hongkong notierten chinesischen Immobiliengesellschaften fiel am Montag zeitweilig um fast 3% zurück. Besonders heftig reagierte die Aktie der zu den fünf größten chinesischen Immobilienentwicklern zählenden Sunac Holdings, die zu Wochenbeginn 9% einbüßte.

Während die Gefahren einer branchenweiten Verschuldungskrise im chinesischen Wohnimmobilienbau aus Sicht der Investoren noch lange nicht gebannt zu sein scheinen, stellt sich zumindest in Sichtweise der chinesischen Konjunkturplaner die Situation etwas hoffnungsvoller dar. Neue Daten des Pekinger Statistikbüros zeigen nämlich, dass sich die zuvor als bedrohlich geltende Marktsituation mit für China äußerst untypischen Preisrückgängen für Wohnimmobilien etwas entschärft hat.

Im Januar sind die Durchschnittspreise für neu verkaufte Wohnimmobilien in den von der Statistik regelmäßig erfassten 70 wichtigsten Großstädten nur noch minimal um 0,04% gegenüber Vormonat gesunken. Im Dezember hatte man bei einem Minus von 0,3% gelegen und in den vorangegangenen Monaten deutlichere Preisrückgänge gesehen. Die Stabilisierung der Preisentwicklung gilt als wichtiges Signal, dass sich die seit Monaten zu beobachtende Käuferzurückhaltung der Privaten am Immobilienmarkt etwas legt.

Seit Jahresmitte 2021, als die Zahlungsnöte und latente Existenzgefahr bei Evergrande immer deutlicher zum Vorschein kamen, haben Chinas Immobilienkäufer in spe, die beim Wohnungserwerb in neu geplanten Immobilienprojekten in Vorkasse treten müssen, die Bremse eingelegt, weil sie befürchten müssen, dass die Bauträger insolvent werden und versprochene Objekte nicht fertigstellen können. Die Angst vor einer Preiswende hatte ihre Zurückhaltung weiter verstärkt und die Wohnungsverkäufe deutlich abbröckeln lassen.

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