Pandemie-Folgen

Das Jahr des Controllers steht bevor

Die Pandemie stellt Abläufe, Gewohnheiten und Anforderungen auf den Kopf. Controller agieren kurzfristig als Krisenmanager und langfristig als strategische Berater des Managements

Das Jahr des Controllers steht bevor

Die Pandemie stellt Abläufe, Gewohnheiten und Anforderungen auf den Kopf. Controller agieren kurzfristig als Krisenmanager und langfristig als strategische Berater des Managements

Das abgelaufene Jahr hat für die Unternehmen vor allem wegen der immer noch grassierenden Pandemie zahlreiche Herausforderungen bereitgehalten. Das Spektrum reichte hierbei von Problemen mit den Lieferketten über inflationsbedingt steigende Kosten und die Arbeit aus dem Homeoffice bis hin zur erschwerten Suche nach Talenten. Auch der Jahreswechsel ändert daran vorerst wenig: Das neue Jahr wird ebenfalls von neuen Anforderungen und Überraschungen geprägt sein.

Auf der anderen Seite stehen jedoch auch neue Möglichkeiten und Chancen. Ein Beispiel gibt hier die Accounting-Branche – auch wenn diese Aussage auf den ersten Eindruck überraschen mag. Die Finanzabteilungen der Unternehmen rücken immer mehr in das Zentrum des geschäftlichen Geschehens. Sie bekommen gerade im Hinblick auf Analytik und Strategie eine immer wichtigere Rolle. Deshalb nimmt ihre Bedeutung für den laufenden und künftigen Geschäftsbetrieb sowie die Unternehmensstrategie weiter zu. Controller können sowohl kurzfristig als Krisenmanager agieren als auch langfristig als strategische Berater der Unternehmensführung. Letzten Endes macht das aus Finanzvorständen, den Chief Financial Officers (CFO), gleichzeitig Chief Futures Officers: Sie leiten ein Team von Experten, das zur langfristigen Wertschöpfung ebenso beiträgt wie zum kurzfristigen Krisenhandling. Ihre Werkzeuge: strategische Planung, Datenanalyse und Risikomanagement.

Professionelle Management Accountants und Finanzbuchhalter werden die Geschäftswelt im kommenden Jahr weltweit prägen. Ich möchte nachfolgend auf einige Beispiele für die neue Rolle in aktuellen Schlüsselbereichen eingehen.

Die Transformation der Arbeit durch neue Technologien: Bedingt durch die Covid-19-Pandemie mussten die Unternehmen mehr oder weniger freiwillig den Einsatz anspruchsvoller Technologien zu einer ihrer Prioritäten machen. Die Mitarbeiter im Homeoffice, virtuelle Meetings und die Digitalisierung von unternehmensspezifischen Materialien ermöglichten überhaupt erst die Fortführung des Betriebs in Zeiten von Lockdowns und Teil-Lockdowns. Wenn dann die Ersten wieder ins Büro zurückkehren und sich an den neuen technischen Standard gewöhnt haben oder aber je nach Entwicklung weiterhin von zu Hause aus arbeiten, fällt der Finanzabteilung die Aufgabe zu, den Wandel mittels automatisierter Technologien anzuführen.

Unternehmen müssen verstärkt in RPA, Datenanalyse, cloudbasiertes Computing sowie die Blockchain investieren. Nur so haben die Mitarbeiter alle verfügbaren Instrumente in der Hand, die sie für mehr In- und Foresights – und damit die strategische Weitsicht – brauchen.

Die Forderung nach nachhaltigerem Gebaren ist omnipräsent, eine entsprechende Berichterstattung Pflicht. Die COP26-Konferenz zum Klimawandel im November 2021 in Glasgow hat konkrete Ziele in puncto Reduzierung des CO2-Fußabdrucks formuliert. In ihrem Abschlusspapier bekennen sich die Staaten weit deutlicher als bislang zu dem Ziel, die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen.

Wenn es generell um Nachhaltigkeit und das dazugehörige Berichtswesen geht, war es zuletzt auch und vor allem Aufgabe der Finanzfachleute, den Forderungen des Business nachzukommen. Im Zuge der Glasgower Konferenz hatte sich das International Sustainability Standards Board zur Erarbeitung eines Basiskatalogs zur Nachhaltigkeitsberichterstattung bis Juni 2022 verpflichtet. Wenn die Vorgaben umgesetzt sind, gehören finanzielle und nachhaltigkeitsgebundene Standards untrennbar zusammen. An den entsprechenden Metriken kommt kein Unternehmer und kein Finanzvorstand mehr vorbei.

Ein nachhaltiges Business Management muss künftig Bestandteil jedes Aspekts unternehmerischen Handelns sein – und das Accounting steht hier an vorderster Front. Die Controller müssen Schlüsselentscheidungen im Hinblick auf das Nachhaltigkeitsberichtswesen treffen. Zudem geht es darum, wie sich durch die Neuausrichtung die Aktivitäten des Unternehmens verändern.

Der Kampf um Talente und der notwendige Fokus auf DE&I gewinnt an Fahrt. In den USA wie auch in anderen Ländern – gerade auch in Europa – gibt es derzeit eine Kündigungswelle („The Great Resignation“). Mitarbeiter aus allen Branchen überdenken ihre Karriereziele und kündigen ihre Stellen, um sich Jobs mit besserer Bezahlung und mehr Flexibilität zu suchen. Oder sie suchen nach Jobs, die einen notwendigen Fokus auf Vielfalt, Gleichheit und Inklusion (Diversity, Equity & Inclusion, DE&I) haben. In Konsequenz gibt es einen regelrechten Kampf um diese Menschen und Talente – und diese sind erstmals seit Jahrzehnten in der stärkeren Position und besitzen damit entsprechende Verhandlungsmacht.

Auch in Deutschland ist dieses Phänomen zu beobachten – Unternehmen müssen hier dem Wettbewerb immer eine Nasenlänge voraus sein, um sich die begehrten Talente zu sichern. In jedem Fall sollten sich die Unternehmen um den Aufbau einer möglichst diversen Belegschaft bemühen. Damit lassen sich Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambivalenz des Business am besten handhaben. Auch hier spielt der Controller eine zentrale Rolle, weil er auch nichtfinanzielle Themen und Risiken berücksichtigen muss.

Bewältigung der Business-Herausforderungen: Steigende Preise und Probleme bei den Lieferketten werden auch künftig eine prominente Rolle in der Weltwirtschaft spielen. Gerade die Lieferketten sind ein globales Problem, weil Verzögerungen im Handel sowohl Exporte als auch Importe merklich erschweren. Finanzprofis sind zuallererst dafür zuständig, dass die Unternehmen Gewinne machen und dass sie Wege finden, gegebenenfalls Kosten einzusparen. Dabei können sie bewährte Risikomanagement-Strategien einsetzen, die Unternehmen technisch, logistisch und strategisch in den nächsten fünf bis zehn Jahren nach vorne bringen.

Während wir uns weiterhin mit den Disruptionen der Pandemie beschäftigen, die für immer neue Herausforderungen sorgen, müssen sich die Controller sowohl auf das kurzfristige Krisenmanagement als auch auf das langfristige Handeln konzentrieren. Im kommenden Jahr ergibt sich vielleicht erstmals wieder die Perspektive eines Lebens wie vor der Pandemie – aber nur, wenn sich alle darauf vorbereiten. So viel ist sicher: Management Accountants und Finanzprofis werden hier ganz weit vorn agieren.

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