Nach teurem Stimmrechtskonflikt

Disney-Chef Iger ringt Aktivisten Peltz nieder

Der Disney-Verwaltungsrat um CEO Bob Iger hat den aktivistischen Nelson Peltz niedergerungen. Doch nach ihrem Erfolg stehen die Direktoren und das Management weiter vor einer schwierigen Aufgabe.

Disney-Chef Iger ringt Aktivisten Peltz nieder

Disney ringt Aktivisten nieder

Hedgefonds-Lenker Peltz scheitert im Kampf um Verwaltungsratsmandat – Nachfolgesuche für CEO Iger rückt in den Fokus

xaw New York

Disney hat den wohl teuersten Stimmrechtskonflikt der US-Geschichte für sich entschieden. Die Aktionäre wählten auf der Hauptversammlung am Mittwoch alle zwölf vom Konzern aufgestellten Kandidaten in den Verwaltungsrat – nach vorläufigen Resultaten mit „deutlichem Abstand“, wie der Entertainment-Riese mitteilte. Dies bedeutet eine Niederlage für den aktivistischen Investor Nelson Peltz, der sich auf einen Direktorenposten beworben und seit über einem Jahr als idealer Kontrolleur des Managements um CEO Bob Iger postiert hatte.

Disney-Chef Bob Iger (links), hier im Gespräch mit Regisseur Steven Spielberg, hat zuletzt prominente Unterstützer hinter sich versammelt. Foto: Danny Moloshok/Invision/AP.

Der Vorstandschef zeigte sich erleichtert über das Ende des Proxy-Kampfs, für den Disney, der von Peltz geführte Hedgefonds Trian und die weniger beachtete Konkurrentin Blackwells laut im Januar vorgelegten Dokumenten insgesamt 70 Mill. Dollar aufzuwenden planten. Nach der „Ablenkung“ durch den Konflikt sei das Management „begierig, 100% unserer Aufmerksamkeit auf unsere wichtigsten Prioritäten zu fokussieren: Wachstum und Wertschöpfung für unsere Anteilseigner und kreative Exzellenz für unsere Kunden“, sagte Iger.

Neue Blockbuster-Palette

Das Mickey-Mouse-Konglomerat ist mit vielschichtigen Herausforderungen konfrontiert. So haben die Disney-Filmstudios seit dem Ende der Corona-Pandemie eine Reihe an Kassenflops produziert, wobei Iger am Mittwoch in einer Präsentation auf eine „robuste Palette“ an in der Planung oder Produktion befindlichen potenziellen Blockbustern aus populären Franchises verwies.

Unterdessen ist das Streaming-Geschäft noch immer nicht profitabel. Seit dem Start des Dienstes Disney Plus im Jahr 2019 hat der Konzern in dem Segment über 11 Mrd. Dollar verbrannt. Allerdings hat Iger dort zuletzt einschneidende Verbesserungen erzielt. Die Direct-to-Consumer-Sparte, in der die Video-on-Demand-Plattformen des Unternehmens angesiedelt sind, reduzierte die Verluste im Ende Dezember abgeschlossenen ersten Geschäftsquartal 2023/24 auf 138 Mill. Dollar, nachdem im Vorjahr noch ein Fehlbetrag von 984 Mill. Dollar zu Buche gestanden hatte.

Aussicht auf Streaming-Wende

Dabei wirkten sich sowohl Preisanhebungen bei Disney Plus und Hulu als auch ein Anstieg der Werbeerlöse positiv aus. Erstgenannter Dienst kommt in den USA nun auf 46,1 Millionen Abonnenten und hielt dabei mehr Zuschauer bei der Stange als erwartet. Bis Ende des laufenden Geschäftsjahres im September soll das Streaming-Geschäft endlich schwarze Zahlen schreiben.

Zugleich verfolgt Iger harte Sparmaßnahmen, die sich zuletzt bereits überraschend effektiv zeigten. Laut dem Vorstandschef ist Disney auf dem besten Weg, die Kosten bis Ende September um einen höheren Betrag als die noch vor über einem Jahr avisierten 7,5 Mrd. Dollar einzudämmen oder das Ziel zumindest zu erfüllen. Für den gesamten Geschäftsturnus 2024 rechnet Disney infolge der Effizienzgewinne mit einem Gewinn von 4,60 Dollar pro Aktie.

Angriffsfläche reduziert

Mit diesen starken Resultaten und offensiven Prognosen hatte Disney bereits im Vorfeld der Hauptversammlung die Angriffsfläche für Aktivisten reduziert. Hauptgegner Peltz kritisierte während seiner länger als ein Jahr andauernden Kampagne bei dem Unterhaltungsriesen wiederholt, dass der Verwaltungsrat es versäumt habe, die Nachfolge für den 73-jährigen Iger zu regeln, der sich seit November 2022 in zweiter Amtszeit an der Konzernspitze befindet.

Zudem hätten die Disney-Direktoren dem Management zu wenig Anreize gesetzt, im Sinne der Investoren zu handeln. So seien sie für zu niedrige Einnahmen und Bewertungen verantwortlich. Seit Anfang 2021 hat die Disney-Aktie rund ein Drittel ihres Werts verloren – seit mehreren Monaten liegt sie allerdings wieder im Aufwind, im frühen New Yorker Handel lag sie am Donnerstag nach einem kurzen Rücksetzer zur Wochenmitte im Plus.

Milliardär Elon Musk hat Hedgefonds-Lenker Nelson Peltz während seiner Kampagne bei Disney den Rücken gedeckt. Foto: Katrina Jordan/Sipa USA.

Die von Peltz geführte Trian schrieb sich nach der Niederlage einen Teil der Verantwortung für die positive Wende bei dem Entertainment-Konzern zu. Der Hedgefonds sei „stolz auf den Einfluss, den wir bei der Neufokussierung des Unternehmens auf Wertschöpfung und gute Governance hatten“, heißt es in einer Mitteilung. Peltz sagte auf dem Aktionärstreffen, er hoffe, seine zweite Kampagne bei Disney werde seine letzte bleiben.

Die Ergebnisse der Hauptversammlung stellen ein Vertrauensvotum für Iger dar, der CEO wurde mit 94% der Stimmen wieder in den Verwaltungsrat gewählt. Für Peltz votierten 31% der berechtigten Aktionäre, während seine direkte Kontrahentin im Ringen um einen Platz im Kontrollgremium, die Wealth-Management-Strategin Maria Elena Lagomasino, immerhin 63% für sich gewann.

Privatanleger stützen Direktoren

Für Disney machte sich die Unterstützung von Privatanlegern bezahlt, die einen ungewöhnlich hohen Anteil von mehr als einem Drittel an den ausstehenden Dividendenpapieren des Konzerns kontrollieren. Zudem machten sich prominente Köpfe wie Jamie Dimon, CEO der Großbank J.P. Morgan, „Star Wars“-Schöpfer George Lucas und Vertreter der Familie Disney für Iger und Kollegen stark.

Das Aktionärstreffen stand an der Wall Street indes auch im Fokus, weil es einen der ersten großen Praxistests für im Herbst 2022 beschlossene neue Stimmrechtsregeln darstellte. Hatten Aktionäre zuvor lediglich die Wahl, für die gesamte Liste an Verwaltungsratsfavoriten eines Unternehmens oder die von einem Aktivisten vorgeschlagenen Direktoren zu votieren, tauchen nun alle Kandidaten auf einem Stimmzettel auf. Die Anteilseigner können also eine gemischte Auswahl treffen, was Peltz laut Analysten in die Karten gespielt haben dürfte.

Dass es für den Hedgefonds-Lenker trotzdem nicht reichte, bedeutet einen Schlag für Trian. Die Investmentfirma versucht sich nach hohen Mittelabflüssen infolge einer eingetrübten Performance und dem Abschied wichtiger Mitarbeiter neu zu erfinden. Dass der Stimmrechtskampf bei Disney aber überhaupt so heiß lief, zeigt die Schlagkraft von Peltz’ zentralem Kritikpunkt: der mangelnden Nachfolgeregelung für Iger, der mit Ablauf seines Kontrakts 2026 zurücktreten will.

Kritik verfängt

Durch seine wiederholten Verweise auf diesen Schwachpunkt zog der Trian-Chef – der bereits mit Ike Perlmutter, Disney-Großaktionär und ehemaliger Chef des Comicverlages Marvel, kooperierte – mit dem US-Pensionsfonds Calpers und der Investmentgesellschaft Neuberger Berman zwei einflussreiche Anteilseigner auf seine Seite. Auch der mächtige Stimmrechtsberater Institutional Shareholder Services plädierte für eine Aufnahme von Peltz in den Disney-Verwaltungsrat. Und Milliardär Elon Musk, der sich in einer Fehde mit Iger befindet, deckte dem Hedgefonds-Lenker noch am Morgen der Hauptversammlung den Rücken.

Dana Walden gilt bei Disney als aussichtsreiche Kandidatin für den CEO-Posten. Foto: Richard Shotwell/Invision/AP.

Inzwischen dürfte die Suche nach dem nächsten Disney-CEO allerdings auf Hochtouren laufen. Zu den internen Top-Kandidaten zählen angeblich Dana Walden und Alan Bergman, die der Einheit Disney Entertainment vorsitzen – zu dieser gehören sowohl die TV- und Streaming-Sparten als auch das Filmstudio-Geschäft. Auch der für die Freizeitparks verantwortliche Josh D’Amaro und Jimmy Pitaro, der Chef des Sportsenders ESPN, sollen im Rennen sein.

Mit einer baldigen Kommunikation zur Schlüsselpersonalie würde Disney große Aktionäre wie Blackrock, Vanguard und T. Rowe Price, die sich zuletzt hinter den Verwaltungsrat gestellt haben, laut Analysten weiter beruhigen. Unterdessen muss Iger mit seiner Strategiewende anhaltend liefern.

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