Branchenentwicklung

Einzelhandel könnte 2021 leicht zulegen

Sofern die Infektionszahlen niedrig bleiben und ein weiterer Lockdown ausbleibt, könnte der Jahresumsatz im gesamten deutschen Handel 2021 um 1,5 % steigen, rechnet der Handelsverband Deutschland (HDE) vor.

Einzelhandel könnte 2021 leicht zulegen

dwo Düsseldorf

Deutschlandweit füllen sich lange verwaiste Einkaufsstraßen und Ladenkassen – und die Branche stimmt das zumindest vorsichtig optimistisch. Sofern die Infektionszahlen niedrig bleiben und ein weiterer Lockdown ausbleibt, könnte der Jahresumsatz im gesamten deutschen Handel 2021 von 577 auf 586 Mrd. Euro steigen, ein nominales Wachstum um 1,5 %, wie der Handelsverband Deutschland (HDE) vorrechnet. Real erwartet er Erlöse auf Vorjahresniveau. Das ist nicht der schlechteste Ausblick des Verbands nach immer neuen Hiobsbotschaften und Warnungen in den zurückliegenden Monaten des Lockdowns.

Doch steigende Kauflust und Umsätze dürften nicht darüber hinwegtäuschen, dass das erste Halbjahr insbesondere für die arg gebeutelten Innenstadthändler verloren und die Krise „für den Einzelhandel noch lange nicht vorbei“ sei, mahnte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth vor der Presse. Ende Mai hätten die Erlöse in den Fußgängerzonen und Passagen noch um rund die Hälfte unter Vorkrisenniveau gelegen, erst seit Juni gehe es merklich aufwärts. Viele Händler hätten ihr Kapital aufgebraucht und kein Geld für dringende Investitionen, nicht wenige sperrten ihre Läden nie wieder auf – wenngleich sich die anhaltenden Pleitesorgen des Verbands bislang nicht in den Insolvenzzahlen widerspiegeln.

Gerade bei stationären Bekleidungshändlern beschreibt Genth die Situation nach wie vor als dramatisch. Drei Viertel von ihnen verzeichneten laut aktueller HDE-Branchenumfrage im ersten Halbjahr Erlösrückgänge zum Vorjahreszeitraum – durchschnittlich um ein Drittel. Zum Vergleich: Im Lebensmittelhandel berichtete ein Fünftel von Einbußen, 59 % machten sogar mehr Umsatz.

Diese Schere könnte sich nun wieder etwas schließen. Denn während die Kunden vermehrt und mit vollgesparten Geldbörsen die Boutiquen aufsuchen, spüren Supermärkte umgekehrt die Wiedereröffnung von Restaurants und Kantinen. Insgesamt erwarten 44 % der stationären Einzelhändler steigende Umsätze, 17 % rechnen mit rückläufigen Geschäften.

Verschiebung ins Netz

Und doch ändert diese aufgehellte Aussicht nichts daran, dass der Lockdown den Händlern vor Ort noch eine ganze Weile in den Knochen stecken dürfte. Jeder Dritte von ihnen rechnet für das Gesamtjahr trotz Erholung mit einem Umsatz deutlich unter Vorjahr. In den Stadtzentren sind es 42 %. In seinem Jahresszenario für den Gesamthandel geht der HDE folglich auch von einem Erlösrückgang um 1,1 % auf 499 Mrd. Euro im stationären Bereich aus.

Ausgebügelt wird dies durch den Onlinehandel, dessen Wachstum wenig gebremst anhält. Hier schraubte der HDE das Wachstum im Modell sogar auf 19,6 % und den Umsatz auf 87 Mrd. Euro. Einkaufen bleibe auch nach der Pandemie digitaler. Dass dagegen der Bekleidungshandel in den Innenstädten jemals an das Geschäftsniveau vor Corona anknüpfen könnte, sieht auch Genth als ungewiss an.

Wertberichtigt S. 6