Immobilienkonzern

KPMG Luxembourg gibt Adler Group einen Korb

Der Wirtschaftsprüfer KPMG lehnt es ab, die Bücher der angeschlagenen Adler Group weiter unter die Lupe zu nehmen. Derweil ist das Eigenkapital der Projektentwicklungstochter Consus aufgezehrt.

KPMG Luxembourg gibt Adler Group einen Korb

hek Frankfurt – Der angeschlagene Wohnimmobilienkonzern Adler Group muss sich einen neuen Wirtschaftsprüfer suchen. Laut Unternehmensangaben hat KPMG Luxembourg mitgeteilt, nicht als Prüfer für den Jahresabschluss 2022 zur Verfügung zu stehen. Adler Group wurde davon kalt erwischt. Noch am Dienstagmorgen hatte das Unternehmen bekannt gegeben, dass KPMG Luxembourg abermals als Wirtschaftsprüfer vorgeschlagen werde.

Die Ablehnung des Mandats zeigt, wie tief das Zerwürfnis zwischen dem Immobilienkonzern und KPMG ist. Die Wirtschaftsprüfer sind verärgert, weil Adler Informationen zu Transaktionen der Gruppe zurückgehalten habe und man sich daher kein vollständiges Bild machen könne. Daher haben sie dem 2021er Abschluss ihr Testat versagt. Bereits bei der Sonderprüfung zu den Anschuldigungen von Viceroy Research des britischen Shortsellers Fraser Perring fühlten sich die KPMG-Forensiker ausgebremst, weil sie nach eigenen Angaben einen wesentlichen Teil der E-Mail-Dokumente nicht einsehen konnten.

Adler kündigt nun an, ein Auswahlverfahren zur Bestellung eines neuen Abschlussprüfers in die Wege zu leiten. An dem Termin für die Hauptversammlung (29. Juni) hält das in Luxemburg ansässige Unternehmen laut einem Sprecher fest. Verwaltungsratschef Stefan Kirsten bezeichnet die Entscheidung von KPMG als „äußerst überraschend, enttäuschend und irritierend“.

In eine Schieflage geraten ist der Projektentwickler der Adler-Gruppe Consus Real Estate. Denn das bilanzielle Eigenkapital der Tochter ist aufgebraucht. Daher ist eine Verlustanzeige gemäß Aktiengesetz fällig, die eine außerordentliche Hauptversammlung nach sich zieht.

Consus begründet den Eigenkapitalverzehr mit gestiegenen Baukosten und einem deutlich verringerten Projektvolumen. Daher komme es zu Abschreibungen auf Beteiligungen und Ausleihungen an verbundene Unternehmen. Wertminderungen und Verlustübernahmen führten voraussichtlich zu einem negativen Eigenkapital per Ende 2021.

Adler Group selbst hat im Jahresabschluss 2021 den Consus-Goodwill um mehr als 1 Mrd. Euro dezimiert. Nahezu der gesamte Kaufpreis sei abgeschrieben worden, sagte Kirsten unlängst. Adler werde die Bilanz der Tochter sanieren, versichert der Verwaltungsratschef. Das solle möglichst cashneutral geschehen. Die Dimension veranschlagt Kirsten auf einen dreistelligen Mill.-Euro-Betrag. Derzeit würden potenzielle Sanierungspläne durchgearbeitet. Eine Variante sei die Umwandlung von Inter-Company-Verbindlichkeiten in Eigenkapital.

Eine Consus-Insolvenz schließt Kirsten ausdrücklich aus. Die Sanierung dürfe aber, mit Ausnahme von Transaktionskosten, kein Geld kosten. Der Projektentwickler, der nach HGB bilanziert, steht seit Monaten unter Beschuss, weil wichtige Bauvorhaben diversen Medienberichten zufolge kaum vorankommen. „Für die überwiegende Anzahl an Projekten lag zum 30. Juni 2021 ein Baustopp vor“, schreibt KPMG Forensic in ihrer Sonderuntersuchung. Die Ist-Baukosten wichen von den zur Verfügung gestellten Dokumenten ab. Adler habe die Differenzen trotz wiederholter Anforderung nicht geklärt. Auch fehlten detaillierte Planungen für Bau- und Baunebenkosten.

LEG hält sich bedeckt

Eine Deckungslücke hat sich bei der Enkeltochter Brack Capital Properties (BCP) aufgetan, auf die der Konkurrent LEG eine Kaufoption hat. Daher räumt Adler BCP laut Kirsten eine Working-Capital-Fazilität von 100 Mill. bis 200 Mill. Euro ein. Vor diesem Hintergrund werde die Gesellschaft kurzfristig enger angebunden. Die Call-Option für die bei Adler verbliebene Beteiligung von 63% läuft bis Ende September 2022. LEG hält bereits rund 35 % an der in den Niederlanden ansässigen und in Israel börsennotierten BCP. Der geplante Verkauf, der 768 Mill. Euro in die Kasse spülen soll, spielt eine wichtige Rolle in der Finanzplanung von Adler. Sicher ist die Transaktion aber nicht. „Der weitere Umgang mit der Option hängt von den Ergebnissen der Due Diligence sowie der Situation am Kapitalmarkt ab. Das Ergebnis ist damit aus heutiger Sicht vollständig offen und schließt explizit auch die Nichtausübung der Option ein“, erklärte LEG in der vergangenen Woche. Dabei spielt auch eine Rolle, dass sich die Finanzierungsbedingungen infolge steigender Zinsen verschlechtert haben.

Aufgrund des fehlenden Testats für 2021 lässt Adler Group die Dividende nun ausfallen. Der Verwaltungsrat sei der Auffassung, dass eine Ausschüttung nicht ratsam sei. Kirsten versichert jedoch abermals, dass Adler rechtlich und bilanziell in der Lage sei, Dividende zu zahlen.

Derweil befasst sich der Finanzausschuss des Bundestages mit dem Fall Adler. BaFin-Chef Mark Branson soll dem Ausschuss über die Erkenntnisse der Finanzaufsicht berichten. Die BaFin führt ein sogenanntes Bilanzkontrollverfahren.

Die Beratungsgesellschaft PwC holt Adler an Bord, um eine „robuste Compliance-Funktion“ zu entwickeln. Damit reagiert der Ver­waltungsrat auf die gravierenden Mängel in Sachen Corporate Governance, die der KPMG-Sonderuntersuchungsbericht offengelegt hat. PJT Partners wurde als Finanzberater für eine vertiefte Cashflow-Analyse engagiert. PJT werde gemeinsam mit dem langjährigen Finanzberater Kempen arbeiten.

Eine internationale Anwaltskanzlei sei beauftragt worden, mögliche Rechtsansprüche gegen das Unternehmen und seine Organe zu klären, teilt Adler weiter mit. Dies habe das Unternehmen nach Veröffentlichung der Sonderuntersuchung am 22. April begonnen. Bisher gebe es keine Hinweise für strafrechtliche Relevanz, sagt Kirsten.

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