Französische Medienindustrie

Niel wirbelt Fernsehbranche auf

Xavier Niel gilt als Enfant terrible der französischen Wirtschaft. Nachdem er sich bereits ein kleines Medienimperium aufgebaut hat, will er nun auch ins Fernsehgeschäft einsteigen.

Niel wirbelt Fernsehbranche auf

wü Paris

Einst mischte er die Telekombranche in seiner Heimat auf. Jetzt versetzt Xavier Niel dort auch Fernsehsender in Aufruhr. Denn der Eigentümer von Iliad (Free) hat Ambitionen, ins Fernsehgeschäft einzusteigen, nachdem er sich in den letzten Jahren bereits ein kleines Medienimperium aufgebaut hat. So ist der als Enfant terrible der französischen Wirtschaft geltende Geschäftsmann einer der Hauptaktionäre der „Le Monde“-Gruppe. Ihm gehören zudem das Nachrichtenmagazin „L’Obs“, die Regionalzeitungen „France-Antilles“ und „Nice-Matin“ sowie das auf Pferderennen spezialisierte Blatt „Paris-Turf“. Zusammen mit dem früheren Lazard-Banker Matthieu Pigasse und dem Theaterproduzenten Pierre-Antoine Capton hat er zudem die Filmproduktionsgesellschaft Mediawan aufgebaut.

Nun hat Niel Interesse an der Lizenz von M6 für das digital terres­trische Fernsehen (TNT) bekundet. Die für die Regulierung von Radio- und Fernsehsendern sowie von Internetplattformen zuständige Behörde Arcom (Autorité de régulation de la communication audiovisuelle et numérique) erneuert in diesem Jahr die TNT-Lizenzen von TF1, der größten privaten Sendergruppe Frankreichs, und von M6, der Nummer 2. Niel hat sich mit seiner privaten Holding NJJ dafür beworben. Der zuständige Arcom-Ausschuss will die Bewerber Mitte Februar zu Anhörungen einladen. Für 20 % der französischen Haushalte sind TNT-Sender noch immer die einzige Möglichkeit, Fernsehen zu empfangen. Niel hatte sich bereits letztes Jahr für die Beteiligung in Höhe von 48,3 % interessiert, die die Bertelsmann-Tochter RTL an M6 hält. Nach der gescheiterten Fusion mit TF1 hatte sich RTL entschieden, die Beteiligung doch zu behalten.

Die beiden Sendergruppen hatten fusionieren wollen, um amerikanischen Plattformen besser die Stirn bieten zu können. RTL und die TF1-Mutter Bouygues hatten dann jedoch die Notbremse gezogen, weil ihre Zugeständnisse den französischen Wettbewerbsbehörden nicht ausgereicht hätten. TF1 und M6 mussten gerade einen weiteren Rückschlag hinnehmen, da die öffentliche Sendergruppe France Télévision aus der 2020 gemeinsam mit den beiden Privatsendern als Gegenprojekt zu Streamingdiensten wie Netflix, Amazon und Co lancierten Plattform Salto aussteigen will. Ihr droht nun die Auflösung.

Niel habe in den letzten Monaten regelmäßig Akteure der Fernsehbranche wie Filmproduzenten, Drehbuchautoren und Regisseure getroffen, um dafür zu werben, dass er eine Fernsehlizenz erhalte, heißt es in Paris. Als dann bekannt wurde, dass er die Bewerbungsunterlagen bei der Regulierungsbehörde angefordert hat, geriet M6 noch mehr unter Druck, die Strategie zu überarbeiten und ebenfalls mit den Akteuren der Fernsehbranche zu verhandeln. Das ist wichtig, um gegenüber der Regulierungsbehörde Zusagen machen zu können – etwa welchen Anteil bestimmte Kategorien von Sendungen künftig am Programm haben sollen.

In Frankreich zweifelt niemand daran, dass die TNT-Lizenz der Bouygues-Tochter TF1 erneuert wird. M6 sei dagegen momentan geschwächt, urteilen Medien. Niel sei ein ernst zu nehmender Bewerber für eine Lizenz, dessen Kandidatur nicht einfach übergangen werden könnte. Die Regulierungsbehörde hat seine Kandidatur neben der von TF1 und M6 für die zwei zu erneuernden TNT-Lizenzen am Montag zugelassen.

Die Aktie von M6 Métropole Télé schloss am Montag an der Börse von Paris mit einem Plus von 0,3 % bei 15,64 Euro.