Corporate Governance

Prüfer legen Dissens über Vergütungsberichte bei

Der Streit über die adäquate Darstellung der Managersaläre nach neuen gesetzlichen Vorgaben ist vom Tisch. Unternehmen können sich weiterhin an die international übliche Praxis halten, um Transparenz herzustellen.

Prüfer legen Dissens über Vergütungsberichte bei

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

Wirtschaftsprüfer und Emittenten sind in der teilweise konträr geführten Diskussion über die Darstellung der Vorstandsvergütung zu einer einvernehmlichen Lösung gekommen. Strittig war zuvor die Frage, wie die Vorstandsvergütung nach den neuen regulatorischen Vorgaben des Aktienrechts darzustellen ist.

Der Gesetzgeber beziehungsweise begleitende Erläuterungen von offizieller Seite hatten aus Sicht von Wirtschaftsprüfern eine Interpretation nahegelegt, wonach kurzfristige variable Gehaltsbestandteile erst in dem Jahr als Teil der Vorstandsvergütung ausgewiesen werden, in dem sie dem Manager tatsächlich überwiesen werden. Der in einem Turnus bei Zielerreichung erdiente Einjahresbonus wäre in dieser Auslegung erst im darauffolgenden Jahr als Gehaltsbestandteil ausgewiesen worden. Das widerspricht internationalen Gepflogenheiten und den Vorstellungen von Investoren, die eine Darstellung nach dem Grundsatz „Pay for Performance“ verlangen. Unternehmen sahen sich in der Gefahr, in den künftig obligatorischen Abstimmungen über die Vergütungsberichte auf den Hauptversammlungen reihenweise auf Ablehnung bei ihren Aktionären zu stoßen (vgl. BZ vom 8. Dezember).

Neue Begrifflichkeiten

In der Praxis wurde der verzögerte Vergütungsausweis nach dieser Interpretation der „geschuldeten“ Vergütung aber auch deshalb kritisch gesehen, weil sie die Entlohnung nicht mehr der Periode zuweist, in der ein Manager die Leistung erbracht hat. Falls sich ein schlechtes Jahr an ein gutes Jahr anschließt, spiegelte sich das in der Bezahlung nicht entsprechend wider. Es könnte vielmehr so aussehen, als hätte ein Manager in der Krise noch einen hohen Bonus erhalten. Auch der vertikale Vergleich zur Bezahlung aller Mitarbeiter im Unternehmen würde in dem Szenario verzerrt: Für den Vorstand würde ein Bonus gezeigt, die Beschäftigten hätten Lohneinbußen wegen Kurzarbeit.

Das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) hatte vor wenigen Tagen in einem Stakeholder-Meeting ein Meinungsbild eingeholt und diskutieren lassen. Danach haben sich die verantwortlichen Vertreter des Berufsstands auf eine für die Unternehmen praktikable Lösung verständigt und das IDW hat ein Papier mit Fragen und Antworten zur „Erstellung eines Vergütungsberichts gemäß § 162 Aktiengesetz“ entsprechend geändert. In dem Papier wird es nun als zulässig erachtet, den Einjahresbonus auch in dem Geschäftsjahr zu zeigen, in dem er durch Zielerreichung erdient wurde, auch wenn die tatsächliche Zahlung erst einige Monate nach Geschäftsjahresende geleistet wird. Das Papier gibt den Abschlussprüfern, die den Vergütungsbericht unter die Lupe nehmen, eine Orientierung, wie sie mit auftretenden Problemen umgehen können. Es ist nicht verpflichtend.

International üblich

„Das IDW geht davon aus, dass die Gesetzesmaterialien keine abschließende Interpretation von Paragraf 162 Aktiengesetz intendieren oder gar darstellen“, sagt Vorstandssprecher Klaus-Peter Naumann im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Daher sei das IDW in seinem Fragen- und-Antworten-Papier zur Auffassung gelangt, dass auch eine Interpretation des Gesetzes vertretbar sei, die eine Angabe entsprechender Vergütungsbestandteile in den Perioden unabhängig vom tatsächlichen Zuflusszeitpunkt zulasse. Damit kann der Bonus in dem Turnus ausgewiesen werden, in dem das Organmitglied die wesentlichen Voraussetzungen der Vergütung vollständig erfüllt hat. Dies entspreche überdies der international dominierenden Darstellung gemäß „Pay for Performance“, erklärt Naumann.

Der Prüferverband pocht allerdings auf eine transparente und stetige Darstellung. „Damit die Vergütungsberichte für ihre Adressaten verständlich sind, erwartet das IDW, dass die berichtspflichtigen Organe in dem Vergütungsbericht erläutern, welche Interpretation sie ihrer Berichterstattung zugrunde gelegt haben, und dass sie die zugrunde gelegte Interpretation in einem Vergütungsbericht für gleichartige Sachverhalte einheitlich anwenden“, sagt Naumann. Sollte das Unternehmen im Zeitablauf seine Interpretation und dem folgend die Darstellungsform ändern, habe es dies „zur Förderung der Klarheit und Verständlichkeit der Berichterstattung ebenfalls angemessen zu erläutern“. „Ob der Gesetzesgeber eine grundsätzlich wünschenswerte Klarstellung der unsicheren Rechtslage herbeiführen wird, bleibt abzuwarten“, resümiert Naumann.

In der Vergangenheit hatte es im Kreis der Emittenten immer wieder Gerangel über die individualisierte Darstellung der Gehälter gegeben. Einige auch große Unternehmen hatten sich anfangs gegen eine individualisierte Darstellung gewehrt, dies wurde dann aber gesetzlich vorgegeben. Lange wurde dann auch diskutiert, wie Transparenz herzustellen ist. Kritisch war dabei vor allem, inwieweit die Ausübung von Aktienoptionen in Heller und Pfennig darzustellen ist, auch wenn die aus Long Term Incentives zugeflossenen Beträge für mehrjährige Ziele gesetzt werden. Weiterer Knackpunkt war, ob Zuführungen zur Altersversorgung als Teil der Jahresvergütung zu betrachten sind.

Kodex-Tabellen gestrichen

Der Deutsche Corporate Governance Kodex hatte das Problem zwischen gewährter und zugeflossener Vergütung schließlich gelöst, indem Mustertabellen festgelegt wurden, in denen der tatsächliche Zufluss aus allen Vergütungskomponenten im jeweiligen Geschäftsjahr aufgelistet wurde. Dabei trat zutage, dass es oft nennenswerte Unterschiede zwischen der gewährten und zugeflossenen Entlohnung gibt (siehe Grafik). Die Zuflusstabellen sind mit der Umsetzung der EU-Aktionärsrechterichtlinie jedoch wieder aus dem Governance-Kodex gestrichen worden.

Wertberichtigt Seite 6

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