Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit

Thyssenkrupp reduziert Stahlkapazität

Thyssenkrupp Steel reagiert auf die dauerhaft niedrigere Stahlnachfrage mit dem Abbau von Produktionskapazitäten. Damit einher geht ein umfangreicher Stellenabbau. Größenordnung – offen.

Thyssenkrupp reduziert Stahlkapazität

Thyssenkrupp Steel steht Großumbau bevor

Kürzung der Produktionskapazität – Arbeitsplätze fallen weg – Kosten und Details bislang offen

ab Düsseldorf

Die Stahlsparte von Thyssenkrupp steht vor einem riesigen Umbau. Die Produktionskapazität soll von derzeit 11,5 Mill. auf 9 bis 9,5 Mill. Tonnen (t) Versand reduziert werden. Damit verbunden sei auch „ein noch nicht bezifferbarer“ Abbau von Arbeitsplätzen, teilte Thyssenkrupp Steel mit. Der Stahlvorstand hatte dem Strategieausschuss des Aufsichtsrats am Donnerstag konzeptionelle Grundzüge zur strukturellen Neuaufstellung der Sparte vorgelegt.

Mit der Herausnahme von Produktionskapazitäten reagiert die Stahltochter von Thyssenkrupp auf die strukturellen Veränderungen im europäischen Stahlmarkt und in den entscheidenden Kunden- und Zielmärkten. Die Stahlhersteller leiden nicht nur unter den immens gestiegenen Energiepreisen, sondern auch unter dem massiv gewachsenen Importdruck – allen voran aus Asien. „Die vorgesehenen Maßnahmen sind zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit zwingend notwendig“, heißt es. Es gehe darum, die Stahlproduktion am Standort Duisburg abzusichern, um so die Grundversorgung mit hochwertigem Stahl für die industrielle Wertschöpfung zu erhalten.

Thyssenkrupp Steel steht vor Standortfrage

In Summe betreibt Thyssenkrupp Steel (TK Steel) sechs Hochöfen, vier eigene am Verbundstandort im Duisburger Norden und zwei Hochöfen bei Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM). An dieser Gesellschaft ist TK Steel mit 50% beteiligt, weitere 30% gehören Salzgitter und 20% Vallourec, dem Hersteller von nahtlosen Stahlrohren. Vallourec will schon länger aus dem Gemeinschaftsunternehmen aussteigen und hat seinen Liefervertrag zum Jahresende 2028 gekündigt.

Das dem Strategieausschuss vorgestellte Konzept ist nur ein erster Aufschlag, auf dessen Basis die Neuaufstellung nun konkretisiert werden soll. Daher steht auch noch nicht fest, an welchen Standorten die Kapazitäten herausgenommen werden und wie viele Arbeitsplätze entfallen. In der Stahlsparte von Thyssenkrupp arbeiten heute knapp 27.000 Beschäftigte, darin enthalten sind 50% der bei HKM Beschäftigten. Im Zuge der Stahlstrategie 20-30 sind in der Sparte bereits 3.750 Stellen gestrichen worden. Im Gegenzug hatte TK Steel einer Vereinbarung zugestimmt, die bis Ende März 2026 betriebsbedingte Kündigungen ausschließt.

Die geplanten Stellenstreichungen, zu deren Größenordnung kein Wort verloren wird, erstreckten sich auch auf die nachgelagerten Weiterverarbeitungsstufen sowie Verwaltungs- und Dienstleistungsbereiche, heißt es. Erst wenn die Pläne konkretisiert seien, werde mit der Mitbestimmung über das Vorgehen beraten. Es sei erklärtes Ziel, auch weiterhin betriebsbedingte Kündigungen zu vermeiden.

Verhandlungen mit EPH gehen weiter

Auch zu den Umbaukosten, die sich im milliardenschweren Bereich bewegen dürften, gibt es noch keine Anhaltspunkte. Es bleibe das strategische Ziel, sich nachhaltig aus eigener Ertragskraft zu finanzieren und somit die Kapitalmarktfähigkeit zu verbessern. Ein hehres Ziel, wenn man bedenkt, dass TK Steel im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres (zum 30. September) unbereinigt vor Zinsen und Steuern einen Verlust schrieb. Bis die strukturellen Maßnahmen Wirkung entfalteten, werde das laufende Performanceprogramm weiter intensiviert.

Thyssenkrupp arbeitet seit langem an der Verselbständigung der Sparte, um sie letztlich zu verkaufen oder in eine Partnerschaft einzubringen. Seit Monaten wird mit dem Energiekonzern EPH des tschechischen Milliardärs Daniel Křetínský über eine Beteiligung von 50% verhandelt, bislang ohne Ergebnis. Thyssenkrupp betont, dass die Verhandlungen weiter liefen. In der Hauptversammlung hatte Vorstandschef Miguel Lopez eingeräumt, dass das schwierige konjunkturelle Umfeld die Verhandlungen erschwere, und hatte erklärt, EPH sei der favorisierte Partner für ein 50:50-Joint-Venture.

Festhalten an grüner Transformation

Das vorgelegte Konzept fußt auf einem externen Gutachten, das zu dem Schluss kommt, dass sich die Versandmengen auch künftig auf dem Niveau der vergangenen Jahre bewegen dürften. Nach den Angaben lagen die Versandmengen in den zurückliegenden drei Jahren jeweils zwischen 9 und 9,5 Mill. t. In dieses Bild passt, dass die Rohstahlproduktion in Deutschland 2023 auf das niedrigste Niveau seit der Finanzmarktkrise 2009 zurückgegangen ist.

An den Plänen zum Bau einer ersten Direktreduktionsanlage in Duisburg zur Herstellung von grünem Stahl ändere die geplante Neuaufstellung nichts, hieß es. Das Projekt wird vom Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen mit bis zu 2 Mrd. Euro gefördert. Die neue Anlage, die auf eine Kapazität von 2,5 Mill. t ausgelegt ist, soll 2027 in Betrieb gehen. Nach bisherigen Plänen wird dafür ein Hochofen stillgelegt.

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