Medienkonzern

Vivendi will Lagardère übernehmen

Der von Vincent Bolloré kontrollierte Medienkonzern Vivendi will anderthalb Jahre nach seinem Einstieg die Lagardère-Gruppe schlucken. Der Transaktion müssen jedoch verschiedene Behörden zustimmen.

Vivendi will Lagardère übernehmen

wü Paris

Vincent Bolloré macht seinem Ruf als gerissener Investor wieder einmal alle Ehre. Der von ihm kontrollierte Medienkonzern Vivendi übernimmt anderthalb Jahre nach dem Einstieg bei der Lagardère-Gruppe die Anteile des Investmentfonds Amber Capital an dem ehemaligen Airbus-Großaktionär. Vivendi ist mit 27% des Kapitals bereits jetzt der größte Anteilseigner von Lagardère. Da sich sein Anteil durch den Kauf der Amber-Beteiligung auf 45,1% erhöhen wird, ist der Medienkonzern laut französischem Recht gezwungen, ein Übernahmeangebot für die ausstehenden Anteile zu machen.

Für die 18%, die Amber an Lagardère hält, wird Vivendi fast 610 Mill. Euro ausgeben. Der Konzern, der nächsten Dienstag seine Musiktochter Universal Music Group in Amsterdam an die Börse bringen will, will 24,10 Euro je Aktie zahlen. Zum Vergleich: Der Schlusskurs Lagardères betrug Mittwoch an der Börse von Paris 19,40 Euro. Vivendi gibt sich bis zum 15. Dezember 2022 Zeit für die Transaktion, der mehrere Behörden zustimmen müssen, darunter die französische Fernsehaufsicht und die europäische Wettbewerbsbehörde, da es durch die Übernahme zu einer Konzentration im Verlagswesen und bei Medien kommen kann. Zu den übrigen Aktionären von Lagardère gehören Lagardère Capital, die persönliche Holding des Firmenerben Arnaud Lagardère (14%), Katar (12%) und die LVMH kontrollierende Holding Financière Agache (9,9%).

Bolloré will sich bei Vivendi auf den Ausbau der Medienaktivitäten konzentrieren. Dem Konzern gehören der Bezahlsender Canal+ und der Verlag Editis, der Bolloré-Gruppe der Fernsehsender C8 und der stramm rechts ausgerichtete Nachrichtensender Cnews. Vivendi hat zudem im Mai die Übernahme von Prisma Presse, dem französischen Zeitschriftengeschäft von Gruner + Jahr (G+J) abgeschlossen. Dazu gehören 20 Titel wie „Femme Actuelle“, „GEO“, „Capital“, „Gala“ und Programmzeitschriften wie „Télé-Loisirs“. Lagardère wiederum besitzt den Radiosender „Europe 1“, die Sonntagszeitung „Journal du dimanche“ (JDD), das Magazin „Paris Match“, den Verlag Hachette sowie die Reiseeinzelhandelskette Relay. „Europe 1“ ist bereits eine Allianz mit Cnews eingegangen.

Scheibchenweise einverleibt

Bolloré geht bei seinen Beteiligungen immer nach demselben Schema vor – so auch bei Lagardère. Er übernimmt zunächst eine kleine Beteiligung und erhöht sie danach, genau wie den Druck auf die Geschäftsführung. Bei Lagardère hatte Vivendi im April letzten Jahres zunächst 10,6% übernommen und später auf rund 27% ausgebaut. Der Medienkonzern war zudem im August 2020 eine Allianz mit Amber Capital eingegangen und hatte sich so das Vorkaufsrecht für die Beteiligung des Investmentfonds gesichert.

Endgültig besiegelt wurde das Schicksal der von Jean-Luc Lagardère gegründeten Gruppe dann Ende Juni, als die Aktionäre die uneingeschränkte Macht seines Sohnes Arnaud auf der Hauptversammlung beendeten und für die Umwandlung der Kommanditgesellschaft auf Aktien in eine klassische Aktiengesellschaft stimmten. Lagardère freue sich über das Investitionsprojekt Vivendis, erklärte das Unternehmen nun. Arnaud Lagardère habe das volle Vertrauen Vivendis und Vincent Bollorés, so ein Sprecher von Vivendi. Bolloré habe den Erben und Chef der Lagardère-Gruppe erst wenige Stunden vor Bekanntgabe der Übernahmepläne über sein Vorhaben informiert, heißt es in Paris.

Ob Vivendi Arnaud Lagardère auch nach der Übernahme unterstützen wird, muss sich zeigen. Zumal der Firmenerbe in den letzten Wochen gleich zwei Transaktionen eingefädelt hat, ohne zuvor den Verwaltungsrat zu befragen. So hat er kürzlich den auf Rezept- und Ratgeberbücher spezialisierten US-Verlag Workman Publishing für 240 Mill. Dollar gekauft und JD.com aus China an Bord von Lagardère Travel Retail Asia geholt.

An der Börse von Paris legte die Aktie von Lagardère Donnerstag 3,5% auf 23,26 Euro zu, die von Vivendi 0,5% auf 31,83 Euro.

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