Imageschaden

Whistleblower stürzt Facebook in die Krise

Eine frühere Facebook-Mitarbeiterin hat Informationen über den Umgang des Netzwerks mit Hass und Gewalt enthüllt. Die Informationen werfen kein gutes Licht auf das Unternehmen.

Whistleblower stürzt Facebook in die Krise

det Washington

Die Enthüllungen einer früheren Facebook-Mitarbeiterin über Versuche seitens des Unternehmens, die Verbreitung von Fehlinformationen, Hass und Gewalt zu kaschieren, könnte das soziale Netzwerk in seine bisher tiefste Krise stürzen. Frances Haugen, die etwa zwei Jahre lang bei Facebook arbeitete, identifizierte sich gegenüber dem US-Fernsehsender CBS als jene „Whistleblowerin“, die dem „Wall Street Journal“ für eine Sonderserie über das Unternehmen interne Informationen zugespielt hatte.

Bis Mai hatte Haugen als Produktmanagerin in einer Abteilung gearbeitet, welche die Aufgabe hatte, Manipulationsversuchen bei demokratischen Wahlen, vor allem in den USA, einen Riegel vorzuschieben. Sie war jedoch der Auffassung, dass ihre Abteilung – die zeitweilig aufgelöst worden war – weder mit ausreichenden Ressourcen ausgestattet noch deren Arbeit von der Unternehmensleitung ernst genommen wurde.

Auch sprach sie in dem CBS-Interview von starken Interessenkonflikten, bei denen Facebook ausschließlich den eigenen Geschäftsinteressen Vorrang eingeräumt habe. So hätten u.a. interne Studien vorgelegen, die von schädlichen Folgen des Online-Dienstes Instagram für junge Nutzer berichteten. 2012 hatte Facebook die gerade bei Jugendlichen populäre Plattform für 1 Mrd. Dollar übernommen. Wie aus den internen Dokumenten hervorging, habe die Nutzung von Instagram vor allem bei jungen Frauen als Folge von verzerrter Selbstwahrnehmung und Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen zu Depressionen sowie Essstörungen geführt, so Haugen. Anstatt Gegenmaßnahmen zu ergreifen, habe Facebook mit anderen Studien reagiert, welche die Folgen beschönigen, so die ehemalige Mitarbeiterin.

Noch schlimmer sei es um die vorsätzliche Verbreitung von Fehlinformationen zu politischen Zwecken bestellt, behauptet Haugen. So sei der Aufstand im US-Kapitol am 6. Januar teilweise auf Facebook organisiert worden. Dennoch habe die Unternehmensleitung bewusst ein Auge zugedrückt. „Immer wieder gab es Interessenkonflikte zwischen dem Gemeinwohl und dem Ziel des Geldverdienens, und immer wieder entschied sich Facebook für das Letztere“, behauptet Haugen.

Experten glauben, dass der Imageschaden für Facebook gravierender sein könnte als nach dem Cambridge-Analytica-Skandal 2018. Damals hatte die Datenanalysefirma Zugriff auf die persönlichen Informationen von Millionen Nutzern erlangt – ohne deren Wissen. Diesmal könnte in dem demokratisch beherrschten Kongress eine schärfere Regulierung die Folge sein. Heute sagt Haugen vor dem für Verbraucherschutz zuständigen Senatsausschuss aus.

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