Christian Bernhard, GE Healthcare

„Wir befassen uns nur noch mit Healthcare“

GE Healthcare hat ihren Spinoff abgeschossen und ist nun als eigenständiges Unternehmen an der Nasdaq vertreten. Die große Änderung sei die Fokussierung auf Medizintechnik, sagt Deutschlandchef Christian Bernhard.

„Wir befassen uns nur noch mit Healthcare“

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Unter dem Tickersymbol „GEHC“ ist der Medizintechnikkonzern GE Healthcare Technologies am Mittwoch in sein Dasein als börsennotiertes Unternehmen gestartet. Die Aktie bewegte sich am Mittwoch im frühen Handel zwischen 53,50 und 60,71 Dollar, der Eröffnungskurs lag bei 54,13 Dollar. „Als große eigenständige Gesellschaft werden wir schneller und agiler unterwegs sein als unter dem Dach des Mutterkonzerns GE“, verspricht Christian Bernhard, der die Geschäfte des Börsennewcomers in Deutschland, Österreich und der Schweiz leitet.

Die Notierungsaufnahme setzt den Schlusspunkt unter die vor gut einem Jahr angekündigte Abspaltung von General Electric (GE). Die GE-Aktionäre haben für je drei Aktien einen Anteilschein von GE Health erhalten. Die Aktionärsstruktur, die zum Start der der Ex-Mutter entspricht, dürfte sich in den kommenden Wochen deutlich verändern. Investoren, die auf den Gesundheitssektor setzen, werden ihr Engagement ausbauen.

GE besitzt noch 19,9% der Anteile. Beobachter gehen aber davon aus, dass die bisherige Mutter, die sich nach dem für Anfang 2024 geplanten Spin-off des Energiegeschäfts (GE Vernova) auf Luftfahrt und Rüstung konzentrieren wird, über kurz oder lang Aktien verkaufen wird.

Bereits in den vergangenen drei, vier Jahren hätten die einzelnen Segmente von GE mehr Flexibilität erhalten, berichtet Bernhard im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. „Operativ hat uns der Mutterkonzern kaum noch beeinflusst.“ Mit der Abspaltung nähmen Flexibilität und Agilität weiter zu.

Die große Änderung sei die Fokussierung: „Wir befassen uns künftig nur noch mit Healthcare.“ Die erwirtschafteten Mittelzuflüsse könnten ausschließlich ins eigene Geschäft investiert werden, etwa in Forschung und Entwicklung oder Akquisitionen. Früher seien, wie in Großkonzernen üblich, die Mittel umverteilt worden. Das sei künftig fokussierter.

Investmentgrade-Rating

Der Börsenstart sei ein einmaliges Event für alle Mitarbeiter, sagt Bernhard, der das Ereignis von Zürich aus verfolgte. Die Nasdaq sei aufgrund ihres Technologieumfelds als Börsenplatz gewählt worden. GE selbst notiert an der Nyse.

Wichtig für GE Healthcare sei das Investmentgrade-Rating. S&P stuft das Unternehmen mit „BBB“ ein, Moody’s mit „Baa2“. Die Börsenkapitalisierung liegt bei 27 Mrd. Dollar.

Die Analystenurteile seien neutral bis positiv, berichtet Bernhard. Der Investorentag am 8. Dezember 2022 sei sehr gut besucht gewesen. Die Analysten begrüßten den Abschied vom Konglomerat GE und trauten GE Health weiteres stabiles Wachstum zu. Die Bewertungsmultiples seien tendenziell überdurchschnittlich, was den generellen Marktrelationen entspricht.

Der Konkurrent von Siemens Healthineers und Philips steht für 18 Mrd. Dollar Jahresumsatz, 51 000 Beschäftige und weltweit mehr als 4 Millionen Installationen in den Segmenten Bildgebung, Ultraschall, Lösungen für die Patientenversorgung und pharmazeutische Diagnostik. Der Konzern ist in gut 160 Ländern vertreten.

Das mittelfristige Margenziel siedelt GE Health im hohen Zehnerbereich bis 20 % an, bezogen auf das adjustierte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit). Diese Vorgabe sei ambitioniert, versichert Bernhard, wenngleich der Abstand zum oberen Rand des historischen Korridors von 15 bis 18 % in den Jahren 2019 bis 2021 nicht sonderlich groß ist.

„Einen Prozentpunkt Marge zu gewinnen, ist durchaus eine Herausforderung. Denn es herrscht starker Wettbewerb, und wir werden keine Investitionen kappen, nur um die Rendite nach oben zu bringen.“ Bernhard nennt drei Hebel, um das Margenziel zu erreichen: Umsatzwachstum, Preiserhöhungen sowie Kosten- und Prozessoptimierungen. So fielen die Kostenallokationen des bisherigen Mutterkonzerns künftig weg.

Das Umfeld für den Spin-off sei „relativ schwierig“, räumt Bernhard mit Blick auf den Krieg in der Ukraine, den starken Anstieg der Energiepreise und die Rezessionsrisiken ein. GE Healthcare befinde sich aber in einer guten Ausgangslage. Die Medizintechnik bleibe schon aufgrund der Alterung der Bevölkerung ein stabiler Wachstumsmarkt mit relativ hohen Einstiegsbarrieren.

Als Investitionsschwerpunkte nennt Bernhard als Nummer 1 die Digitalisierung. Ziel sei, das Equipment schneller und intelligenter zu machen. Weitere Schwerpunkte seien Onkologie und Kardiologie – zwei Bereiche mit hohen Patientenzahlen – sowie digitale Plattformen wie Edison Digital Health, die es ermöglichten, die riesigen Datenmengen, die aus den Geräten und den Patientensystemen entstünden, zu konsolidieren. Des Weiteren will GE Health in zusätzliche strategische Partnerschaften investieren, etwa im Bereich künstliche Intelligenz. Grundsätzlich setze GE Healthcare auf offene Systeme und Partnerschaften, erläutert Bernhard. Das sei der bessere Weg als sich Firmen einzuverleiben und dem Kunden dann die eigenen Systeme vorzuschreiben.

Lieferketten stabil

In Forschung und Entwicklung will GE Health 1 Mrd. Dollar im Jahr investieren. Zudem sind weitere Akquisitionen geplant. Den Ultraschallbereich, der zu den Stärken des Konzerns gehört, hat das Management vor einem Jahr mit dem Erwerb von BK Medical für 1,45 Mrd. Dollar ausgebaut. Die neue Tochter ist auf chirurgische Bildgebung spezialisiert. Ihre Geräte werden bei minimalinvasiven und robotergestützten Operationen, in der Neuro- und Bauchchirurgie und der Ultraschall-Urologie eingesetzt.

Die Lieferketten seien stabil, sagt Bernhard. Abgesehen von wenigen Ausnahmen sei die Lieferfähigkeit so wie vor Ausbruch der Corona-Pandemie. Demgegenüber machen dem Konkurrenten Philips nach wie vor hartnäckige Probleme in den Lieferketten zu schaffen.

Das globale Sourcing sei beizeiten zurückgefahren worden zugunsten einer stärker lokalen und regionalen Beschaffung, sagt Bernhard. Fertigungskapazitäten etwa in Braunschweig und in Österreich seien stark ausgebaut worden, um die Abhängigkeit von globalen Lieferketten zu verringern.

„Lokalisierte Lieferketten sind nicht zwingend teurer als globale“, resümiert der Manager. Daher werde GE Healthcare an den Umstellungen festhalten. Gleichwohl bleibe China wichtig in der Beschaffung. Die aktuell rasante Corona-Ausbreitung in der Volksrepublik habe bisher keine negativen Auswirkungen.

Der deutschsprachige Raum sei ein attraktiver Markt für GE Healthcare, sagt Bernhard, ohne nähere Angaben zu Gewinn und Umsatz in dieser Region zu machen. Die Kunden in der DACH-Region seien offen für Innovationen und neue Trends. Gerade in Deutschland und der Schweiz kämen neue Produkte sehr schnell auf den Markt. Außerdem gebe es wichtige Partnerschaften, etwa mit den Unikliniken Essen und Zürich. GE Health beschäftigt im DACH-Raum 1 700 Mitarbeiter an 15 Standorten.

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