Technologiekonzern

Xiaomi macht Tempo in Sachen Elektromobilität

Der chinesische Technologiekonzern und Smartphoneherstellersetzt auf technologisch anspruchsvolle Elektroautos und hat nun eine Tochtergesellschaft gegründet.

Xiaomi macht Tempo in Sachen Elektromobilität

nh Schanghai

Knapp ein halbes Jahr nach der Entscheidung, sich in den heißen Wettbewerb um die Entwicklung von technologisch an­spruchsvollen Elektroautos zu stürzen, präsentiert der chinesische Smartphonebauer und Technologiekonzern Xiaomi Corp. seine ersten Fortschritte. Wie aus einer Mitteilung des Konzerns vom Mittwoch hervorgeht, ist eine entsprechende Tochtergesellschaft gegründet und bei den chinesischen Behörden registriert worden.

Die neue Einheit mit dem Namen Xiaomi Electric Vehicles (EV) Inc. ist mit einem registrierten Eigenkapital von 10 Mrd. Yuan (1,3 Mrd. Dollar) unterwegs und wird auch vom Xiaomi-Gründer und Konzernchef Lei Jun als sogenanntem Legal Representa­tive persönlich angeführt. Lei hatte Ende März eine Produktpräsentation für ein neues Xiaomi-Handymodell mit faltbarem Display zum Anlass genommen, der einigermaßen überraschten Fachwelt den Einstieg in den E-Automarkt zu verkünden. Er bezeichnete dies als einen riskanten, aber wohlkalkulierten Expansionsschritt für Xiaomi, der gleichzeitig einen Höhepunkt seiner Entrepreneur-Karriere darstellen werde.

Der Xiaomi-Chef kündigte dabei an, dass die neue Konzernsparte mit einer anfänglichen Investitionssumme von 10 Mrd. Yuan unterfüttert würde, was der jetzt erfolgten Kapitaleinbringung entspricht. Über die kommenden zehn Jahre hinweg wird der gesamte Investitionsaufwand für die Entwicklung des E-Autoprojekts auf rund 65 Mrd. Yuan, also gut 8 Mrd. Euro veranschlagt. Wie Xiaomi am Mittwoch betonte, sind mittlerweile die ersten rund 300 Mitarbeiter für Xiaomi EV eingestellt worden, es laufe aber noch eine weiter gehende Rekrutierungskam­pagne für talentierte Ingenieure.

Xiaomi hat über die ursprüngliche Ankündigung hinaus bislang wenig über ihre Strategie für den Eintritt in den Automobilsektor beziehungsweise die künftig angepeilten Fahrzeugsegmente gesagt. Obwohl in der Elektromobilität die Dinge schneller voranschreiten als bei herkömmlichen Verbrenner-Pkw, dauert es erfahrungsgemäß Jahre, bevor ein neu konzipiertes Automodell zum Produktionsstart kommt beziehungsweise zur Serienreife gelangt.

Derzeit ist nicht ganz klar, inwiefern Unternehmen aus dem Konsumelektronikbereich ihre Erfahrungen in der Hardware-Massenproduktion auf das Automobilgeschäft übertragen können und in welchem Ausmaß sie auf Kooperationen mit etablierten Fahrzeugherstellern angewiesen sein werden. Denkbar wäre allerdings auch, dass sich Xiaomi mit einem der zahlreichen neuen chinesischen Start-up-Unternehmen, die ins E-Autogeschäft drängen, verbandelt und damit unter anderem Zeit gewinnt.

Zuletzt waren Gerüchte aufgekommen, dass Xiaomi über einen Einstieg bei dem vom schwer angeschlagenen Immobilienentwickler Evergrande aufgezogenen Elektroautobauer Evergrande NEV nachdenkt. Dieser ringt um neue Finanzierungsmittel und hinkt ursprünglichen Ankündigungen für den Produktionsstart von Evergrande-Modellen noch in diesem Jahr denkbar weit hinterher. Evergrande hatte kürzlich angedeutet, dass man Anteile an der E-Autosparte abgeben wolle, um neue Kapitalgeber anzuziehen.

Rollendes Handy?

Lei hatte im März mehr oder weniger scherzhaft davon gesprochen, dass das Elektroauto der Zukunft in vielerlei Hinsicht einem rollenden Smartphone gleichkommen werde, weshalb ein Handyhersteller durchaus in der Branche seinen Platz habe. Im Kerngeschäft mit Smartphones hatte Xiaomi zuletzt Erfolge zu verzeichnen und konnte zur Jahresmitte erstmals überhaupt an Apple vorbei zum nach Verkaufszahlen weltweit zweitgrößten Hersteller hinter der koreanischen Samsung avancieren.