Das IPO-Jahr 2023 enttäuscht
2023 wird schlechtestes IPO-Jahr seit 2020
Kirchhoff Consult: Emissionserlöse in Deutschland schrumpfen auf 1,9 Mrd. Euro – Kurse der Börsenneulinge im Minus
Im September kam kurzzeitig die Hoffnung auf eine Wiederbelebung des IPO-Markts auf. Doch 2023 schrumpfen die Emissionserlöse in Deutschland – auf den zweitniedrigsten Wert der vergangenen zehn Jahre. Das ist zugleich auch der niedrigste Wert seit dem Pandemiejahr 2020.
cru Frankfurt
Im Jahr 2023 sind in Deutschland mit Ionos, Thyssenkrupp Nucera und Schott Pharma nur drei Unternehmen im Prime Standard an die Börse gegangen. Das sind zwar zwei mehr als im Vorjahr mit dem Porsche-IPO, aber deutlich weniger als der langjährige Durchschnitt seit 2010 von sieben Börsengängen. Das geht aus den Daten der Strategieberatung Kirchhoff Consult hervor. Das Gesamtemissionsvolumen sank demnach deutlich auf 1,9 Mrd. Euro (2022: 9,1 Mrd. Euro) –der zweitniedrigste Wert der vergangenen zehn Jahre und zugleich der niedrigste seit dem Pandemiejahr 2020. Die Porsche AG hatte 2022 das zweitgrößte jemals in Deutschland durchgeführte Debüt hingelegt, während in diesem Jahr kein IPO mit einem Milliardenerlös gelang.
Die Kursentwicklung der drei Börsenneulinge im Jahr 2023 war seit ihrem IPO jeweils negativ. Im Mittelwert verloren die Aktien 15,6% (Stand: 30.11.2023). Damit setzte sich der Trend der Vorjahre fort: Nur 38% der Unternehmen, die seit 2019 im Prime Standard an die Börse gingen, verbuchten im Jahr des IPOs Kursgewinne. Der Dax 40 hingegen legte im Jahresverlauf 16,5% zu (Stand: 30.11.2023). Die Aktienkurse entwickelten sich somit trotz gestiegener Zinsen, Konjunkturschwäche und internationalen Konflikten robust.
In den USA hatten der britische Chipdesigner Arm, die Lebensmittelliefer-App Instacart und der Email-Marketing-Spezialist Klaviyo im September die Hoffnung auf eine Wiederbelebung des IPO-Markts nach eineinhalb Jahren Flaute geweckt. Doch die Kursentwicklung der Aktien war bestenfalls gemischt. Auch die deutsche Traditionsfirma Birkenstock floppte beim Debüt in New York.
Hoffnung auf 2024
So richtet sich die Hoffnung nun auf 2024. In Deutschland stehen vor allem die Parfümeriekette Douglas aus dem Portfolio des Finanzinvestors CVC und der Fernbusbetreiber Flix mit dem Großaktionär General Atlantic in den Startlöchern für einen Börsengang. Der Heizungsableser Techem und der Generikakonzern Stada könnten aus Private-Equity-Hand an die Börse wechseln. Auch der Tankkartenanbieter DKV Mobility und die Personalsoftware Personio werden genannt.
Nachdem sich Birkenstock mit dem Listing in die USA abgewandert ist, befürchten Marktteilnehmer dasselbe auch beim wertvollsten deutschen Software "Einhorn" Celonis. „Die Wahl des Börsenplatzes will gut überlegt sein. In der letztendlichen Auswahl spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle", sagt Christoph Heuer, Managing Director und Co-Head Equity Capital Markets Northern Europe bei BNP Paribas in London. "Diese Faktoren können aus der jeweiligen Sicht von Management und bestehenden Anteilseignern sehr wohl unterschiedlich sein. Die Gruppe der Vergleichsunternehmen bleibt aber unabhängig von der Wahl des Börsenplatzes die gleiche.“
Jens Hecht, Managing Partner der Kirchhoff Consult, beschreibt den anhaltend schwachen IPO-Markt: "Die Gründe dafür liegen weniger in der Entwicklung des Aktienmarktes, der sich vor allem in der ersten Jahreshälfte und im November stark präsentierte. Wichtiger waren die hohen politischen Unsicherheiten, steigende Zinsen und die schwächelnde Gesamtwirtschaft. Investoren agierten daher sehr zurückhaltend."
Auch BNP-Paribas-Mann Heuer konstatiert: „Das Umfeld für IPOs war 2023 sehr schwierig, weil Investoren ihre Risikobereitschaft verloren. Nur Schott Pharma hatte einen Bilderbuchstart. Cornerstone-Investoren (wie Qatar) können dazu beitragen, zusätzliches Vertrauen bei einem IPO zu schaffen.“