2G Energy wittert Chancen in Kraftwerksstrategie
Im Gespräch: Friedrich Pehle
2G Energy wittert Chancen in Kraftwerksstrategie
Finanzchef trommelt für dezentrale Energieversorgung – USA bleiben wichtigster Auslandsmarkt
Von Annette Becker, Köln
Bei den zentralen energiepolitischen Themen in Deutschland will sich 2G Energy ein Stück vom Kuchen abschneiden. Als „Weltmarktführer bei wasserstofffähigen Gasmotoren“ sieht Finanzchef Friedrich Pehle das Unternehmen bestens positioniert. US-Zöllen sieht der Manager gelassen entgegen.
Seit Jahr und Tag warnt 2G Energy vor der wachsenden Gefahr von flächendeckenden Stromausfällen. Der umfassende Blackout auf der Iberischen Halbinsel in der vorigen Woche dient nun als Beleg, wenngleich die genaue Ursache bis heut nicht feststeht. „Grundsätzlich unterstreicht ein solcher Fall, wie wichtig es ist, die Energieversorgung resilienter und dezentraler zu machen“, sagt Friedrich Pehle, Finanzchef von 2G Energy, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung.
Zu glauben, Vergleichbares könne hierzulande nicht passieren, hält Pehle für falsch, zumal der ungebremste Ausbau der Erneuerbaren das Energiesystem insgesamt instabiler mache. Als Wachstumstreiber für das eigene Geschäft dürften sich die Ereignisse in Spanien und Portugal jedoch nur begrenzt entpuppen.
Planungsbüros als Gate Keeper
Vielmehr sieht Pehle den größten Schub für dezentrale Energiesysteme in der steigenden Stromnachfrage. Im Heimatmarkt ruht dabei große Hoffnung auf den zentralen energiepolitischen Themen. „Der deutsche Markt hat mit Blick auf Wärmepumpen und die Kraftwerksstrategie großes Potenzial für 2G“, ist Pehle überzeugt. Das Unternehmen aus Heek im westlichen Münsterland hat seine Wurzeln in Blockheizkraftwerken, also der klassischen Kraft-Wärme-Kopplung (KWK). Seit ein paar Jahren werden auch Wärmepumpen vertrieben, ausschließlich im professionellen Bereich.
Jenseits des Privatkundengeschäfts sei die Nachfrage nach Wärmepumpen nie abgebrochen. „Das Geschäft wird einen Boost bekommen, wenn die kommunale Wärmeplanung für große Gemeinden ab 2026 steht“, glaubt Pehle. Dann komme es aber zugleich zum Schwur, dürften die Kapazitäten der Ingenieurbüros doch nicht ausreichen. „Die Gate Keeper in unserem Geschäft sind die großen Planungsbüros. Sie werden zum absoluten Engpassfaktor, wenn alle größeren Kommunen zeitgleich an den Start gehen“, fürchtet der Manager. 2G Energy käme das jedoch zupass, da sich das Unternehmen mit Blockheizkraftwerken eine gute Reputation erarbeitet habe, die sich auf die Wärmepumpe übertragen lasse.
Auf die Hersteller von großen Gasmotoren rollt eine Welle zu.
Friedrich Pehle
Zugleich wittert Pehle im Zusammenhang mit der neuen Kraftwerksstrategie Neugeschäft. Allerdings ist die Kraftwerksstrategie bis heute nicht beschlossen und die erste Ausschreibung für den Bau neuer Gaskraftwerke noch im laufenden Jahr nicht mehr als ein Hoffnungswert. Immerhin bekräftigt die neue Bundesregierung im Koalitionsvertrag, bis 2030 flexible Gaskraftwerke mit einer Leistung von bis zu 20 GW anreizen zu wollen.
„Für die neu zu bauenden Gaskraftwerke kommen eigentlich nur Gasmotoren in Betracht. Für Gasturbinen ist schon gar keine Zeit mehr“, sagt Pehle. Das muss zwar nicht notwendigerweise so sein, haben sich Betreiber wie RWE doch schon längst die erforderlichen Turbinen vorausschauend gesichert, wie Vorstandschef Markus Krebber jüngst in der Hauptversammlung sagte. Doch ist Pehle überzeugt, dass sich 2G Energy ein Stück vom Kraftwerkskuchen abschneiden kann. „Auf die Hersteller von großen Gasmotoren rollt eine Welle zu“, prophezeit der Manager.
Wasserstofffähige Gasmotoren
Mit Jenbacher, MTU, MWM und 2G gebe es in Europa nur vier große Gasmotorenhersteller. 2G sei darunter sicherlich der Newcomer, der nur Motoren mit einer Leistung zwischen 100 und 1.000 KW herstellt. Doch sei den großen Stromerzeugern daran gelegen, möglichst viele Wettbewerber im Markt zu haben, erklärt Pehle. Zudem kann 2G Energy damit punkten „der Weltmarktführer bei wasserstofffähigen Gasmotoren“ zu sein. Die Motoren seien nicht nur wasserstofffähig (H2-ready), sondern H2-proven, wirbt Pehle und verweist darauf, dass heute schon entsprechende 2G-Motoren mit einer Leistung von 30 KW in Betrieb sind.
Inwieweit die RWEs und EnBWs der Republik auf Motoren von 2G Energy zurückgreifen, bleibt natürlich abzuwarten. Doch Pehle ist überaus zuversichtlich: „Heute sind Stadtwerke und Kreiskrankenhäuser unsere Kunden, morgen werden es zusätzlich die großen Versorger sein. Wir führen bereits Gespräche.“
Lokaler Strombedarf
Doch nicht nur in Deutschland soll sich der Gasmotor als Wachstumstreiber erweisen. Allen voran in den USA bescheinigt Pehle dem rein auf die Stromerzeugung fokussierten Produkt großes Potenzial. Wichtige Anwendungsbereiche ließen sich bei Rechenzentren sowie in der Öl- und Gasindustrie finden. Also überall dort, wo es erhöhten lokalen Strombedarf gibt, die entsprechende Strominfrastruktur jedoch fehlt. Mit dem neuen Produkt will 2G Energy den US-Markt penetrieren, bislang verkaufen die Münsterländer dort in erster Linie KWK-Anlagen. „Wir setzen sehr große Hoffnung auf unser neues Produkt, ein Hubkolbenaggregat, das mit einem Generator für begrenzte Zeit nur Strom erzeugt“, erläutert Pehle.
Rein an den Zahlen lässt sich das gleichwohl nicht ablesen. Nachdem der US-Markt im vorigen Jahr kräftig zugelegt hat – der Umsatz mit Neuanlagen sich in der Region Nord- und Mittelamerika auf 23 Mill. Euro mehr als verdoppelt -, brach der Auftragseingang im ersten Quartal um 60% ein. Das sei jedoch nur eine Momentaufnahme, sagt Pehle und verweist auf Vorzieheffekte im Zusammenhang mit dem Inflation Reduction Act (IRA), in dem die Förderung von KWK-Anlagen Ende 2024 endete. „Ich gehe davon aus, dass die USA unser wichtigster Auslandsmarkt bleiben“, sagt der Manager.
Auf die Kilowattstunde heruntergerechnet, machen Zölle das Kraut nicht Fett.
Friedrich Pehle
„Wenngleich sich das nicht am Auftragseingang ablesen lässt, befinden wir uns in den USA im aktivsten Jahr aller Zeiten“, schwärmt Pehle. Zwar kommt auch 2G Energy nicht am Zollthema vorbei, doch: „Mit Blick auf Zölle sind wir nicht ängstlich, denn alle Motorenhersteller beschaffen ihre Komponenten zum Großteil im Ausland“, gibt sich Pehle selbstbewusst und ergänzt: „Auf die Kilowattstunde heruntergerechnet, machen Zölle das Kraut nicht Fett.“
Im Heimatmarkt ist der Start in den neuen Turnus dagegen geglückt: Im ersten Quartal wuchs der Auftragseingang im Inland um 53% auf 35,9 Mill. Euro. Das lag nicht zuletzt an den gesetzlichen Neuerungen im EEG- und KWK-Gesetz, welche der alte Bundestag Ende Januar noch beschloss. Mit einem Umsatzrückgang in Deutschland um gut ein Fünftel auf 97 Mill. Euro musste 2G im Vorjahr dagegen Federn lassen.