Delivery Hero

Auf Teufel komm raus

Anfangs war das Geschäft der Online-Essensdienste relativ einfach. Man baute eine hübsche App, rührte die Werbetrommel und hoffte, dass viele Kunden die angebotenen Mahlzeiten bestellen. Bei jeder Order klingelte die Kasse in Form einer hübschen...

Auf Teufel komm raus

Anfangs war das Geschäft der Online-Essensdienste relativ einfach. Man baute eine hübsche App, rührte die Werbetrommel und hoffte, dass viele Kunden die angebotenen Mahlzeiten bestellen. Bei jeder Order klingelte die Kasse in Form einer hübschen Provision. Die Auslieferung der Gerichte überließ man den Restaurants, die das Essen zubereiten. Im nächsten Schritt bauen die Betreiber der Apps zunehmend eigene Transportnetze auf. Das hat den Vorteil, dass sie einen direkten Kontakt zum Kunden gewinnen und darüber hinaus ihr Wachstum beschleunigen können.

Die Kehrseite aber ist: Eigene Rider kosten viel Geld. Es ist eine Herausforderung, solch eine Logistik zu steuern und profitabel zu betreiben. Zumal manche Länder dem üblichen Modell, die Fahrer als Freelancer zu beschäftigen, einen Riegel vorschieben und eine Festanstellung verlangen. Ein Ausweg besteht darin, die Auslastung der Transportnetze zu erhöhen, indem die Fahrer nicht nur Mahlzeiten zum Kunden bringen, sondern auch Haushaltswaren, Lebensmittel oder Medikamente. Dafür brauchen die Bringdienste spezielle Lager, um die Bestellungen möglichst schnell ausliefern zu können, deren Aufbau wiederum jede Menge Kosten verursacht.

Wozu das führt, kann man sich bei Delivery Hero anschauen. Das Unternehmen wächst und wächst, aber die operative Gewinnschwelle rückt immer weiter in die Ferne. Noch vor wenigen Monaten gingen manche Analysten davon aus, dass der im Dax vertretene Konzern in der zweiten Hälfte 2022 mit dem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen in die Gewinnzone vorstoßen könnte. Nach den jüngsten Äußerungen von CEO Niklas Östberg, der von einem „sehr langen Rennen“ spricht, erscheint das nahezu ausgeschlossen. Für den Unternehmenschef und Mitgründer hat nicht die Profitabilität Vorrang, sondern das Wachstum. Auf Teufel komm raus.

Investoren, die händeringend zukunftsträchtige Anlagemöglichkeiten suchen, finanzieren den Expansionshunger der Branche. Sie stecken Milliarden in das Liefergeschäft in der Hoffnung, auf das richtige Pferd zu setzen. Ähnliches gilt übrigens für die neuen Wettbewerber, die Lebensmittellieferdienste wie Gorillas, Flink und Getir, die allenthalben aufgebaut werden. Diese werden sich künftig verstärkt mit großen Lebensmittelkonzernen verbünden, erwarten Branchenexperten. Wer am Ende das brutale Rennen um neue Kunden und Marktanteile gewinnt, ist völlig offen. Die Investoren brauchen einen langen Atem und viel Geduld.

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