Hohe Stromkosten und ehrgeizige Klimaziele

Aurubis kritisiert Standortbedingungen

Hohe Stromkosten und ehrgeizige Klimaziele: Der Kupferkonzern Aurubis kritisiert Rahmenbedingungen in Deutschland. Neue Investitionen am Standort könnten ausbleiben.

Aurubis kritisiert Standortbedingungen

Aurubis kritisiert Standortbedingungen

Kupferkonzern zögert mit neuen Investitionen in Deutschland – Dividende steigt

ste Hamburg

Der Kupferkonzern Aurubis erwägt, wegen der hohen Strompreise in Deutschland neue Produktionskapazitäten künftig im Ausland zu errichten. Zugleich stellt das Unternehmen nach dem Ergebnis des Hamburger Volksentscheids vom 12. Oktober, das Ziel der Klimaneutralität um fünf Jahre auf 2040 vorzuziehen, künftige Investitionen zur Kapazitätserweiterung am Standort in Frage.

„Wir sehen den Klimaentscheid sehr kritisch, weil er Klimaziele zu weit vorzieht“, erklärte Vorstandschef Toralf Haag in einer Pressekonferenz anlässlich der Bilanzvorlage zum Ende September abgelaufenen Geschäftsjahr 2024/25. Aurubis werde am Standort Hamburg festhalten und bereits initiierte Investitionen zur Verbesserung von Effizienz und Nachhaltigkeit zu Ende führen. Zusätzliche Investitionen am Standort werde man aber „sehr kritisch“ prüfen. Mit Ausgaben in den Klimaschutz von über 1 Mrd. Euro in der vergangenen Dekade müsse sich Aurubis „nicht verstecken“, meinte Haag. Die Umsetzung des Klimaentscheids werde aber viel Geld kosten. Zugleich seien Technologien etwa auf Wasserstoffbasis, die eingesetzt werden sollen, um bis 2045 klimaneutral zu sein, vorerst noch nicht reif oder wettbewerbsfähig verfügbar.

Stellenaufbau könnte ausbleiben

Der Klimaentscheid könne sich negativ auf die Beschäftigung bei Aurubis auswirken, wenn Investitionen in Kapazitätserweiterungen zurückgestellt oder abgesagt werden müssten, warnte der Aurubis-Chef. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze, die Haag zufolge einen leichten Stellenabbau infolge von Digitalisierung und Automatisierung der Anlagen kompensieren könnte, würde dann ausbleiben. Mit dem Hamburger Senat hat das Unternehmen inzwischen Gespräche über künftige Rahmenbedingungen aufgenommen. In der Konzernzentrale sowie am Produktionsstandort in Hamburg beschäftigt Aurubis aktuell insgesamt rund 2.800 Mitarbeiter.

Sieht das Ergebnis des Hamburger Volksentscheids zum Klimaschutz kritisch: Aurubis-Vorstandschef Toralf Haag
Sieht das Ergebnis des Hamburger Volksentscheids zum Klimaschutz kritisch: Aurubis-Vorstandschef Toralf Haag
Aurubis AG

Der Aurubis-Chef bekannte sich mit Blick auf die Energiekosten zu allen fünf Produktionsstandorten in Deutschland (Hamburg, Lünen, Stolberg, Emmerich, Röthenbach). Es gehe nicht darum, bestehende Werke zu verlagern, sondern darum zu entscheiden, wo künftig neue Kapazitäten aufgebaut werden. Im September hatte der Konzern das erste Multimetall-Recyclingwerk in den USA in Betrieb genommen, in dem Aurubis von Energiekosten profitiert, die in den USA ein Drittel so hoch seien wie in Deutschland, so Finanzvorstand Steffen Hoffmann in einem Ende Oktober erschienenen Interview mit der Börsen-Zeitung.

Verlagerung von Produktion verbreitet

Aus einer kürzlich veröffentlichten Studie des Allensbach-Instituts im Auftrag der Unternehmensberatung FTI-Andersch geht hervor, dass strukturelle Anpassungen bei energieintensiven Unternehmen in Deutschland zunehmen. Jede dritte Firma (30%) reduziere oder streiche besonders energieintensive Produkte, 22% der beftragten Unternehmen verlagerten Produktionsschritte ins Ausland oder bereite solche Maßnahmen vor. Ein Drittel (33%) habe bereits Produktionskapazitäten außerhalb Europas aufgebaut, vor allem in Asien.

Nach dem Höhepunkt mit 859 Mill. Euro im Geschäftsjahr 2023/24 soll das jährliche Investitionsniveau bei Aurubis auch in den kommenden Jahren sinken. Über drei Viertel der aktuellen Wachstumsagenda von 1,7 Mrd. Euro sei mittlerweile investiert, teilte Konzernchef Haag mit. Bis 2026/27 will der Multimetallkonzern sechs weitere Projekte in Hamburg, im bulgarischen Pirdop sowie am neuen US-Standort in Georgia umsetzen. Der Großteil des restlichen Investitionsbudgets soll im laufenden Geschäftsjahr anfallen. Finanzchef Hoffmann signalisierte in der Pressekonferenz insgesamt 100 Mill. Euro weniger Investitionen – nach 771 Mill. Euro im abgelaufenen Geschäftsjahr. Größere Zukäufe hat das nahezu schuldenfreie Unternehmen dem Vernehmen nach nicht auf der Agenda. Vor allem in den USA werden aber weitere Wachstumsoptionen geprüft.

Wachstumsprojekte müssen liefern

Für das Management rückt nun in den Vordergrund, die Ergebnisbeiträge der strategischen Projekte wie geplant zu erreichen. Ab 2028/29 sollen sie einen jährlichen Ebitda-Beitrag von rund 260 Mill. Euro leisten. Dann soll auch die bereinigte Verzinsung des eingesetzten Kapitals, die infolge der Wachstumsinvestitionen zuletzt auf 8,8 (i.V. 11,5)% schrumpfte, das Zielniveau von 15% erreichen. Die Pläne gehen mit einer veränderten Ausschüttungspolitik und einer höheren Dividendenquote von bis zu 30% einher.

Der nun verkündete Dividendenvorschlag für das vergangene Geschäftsjahr von 1,60 (1,50) Euro je Aktie, der einer Ausschüttungsquote von 27 (20)% des bereinigten Konzernergebnisses entspricht, übertraf Markterwartungen. Das im laufenden Turnus erwartete bereinigte Vorsteuerergebnis, das nach einem Rückgang auf zuletzt 355 (413) Mill. Euro einschließlich erhöhter Abschreibungen erneut zwischen 300 und 400 Mill. Euro landen soll, war seit dem Kapitalmarkttag vom 8. Oktober wie weitere avisierte Kennziffern bekannt. Dennoch stieg die Aurubis-Aktie am Donnerstag um bis 4,1% auf ein neues Allzeithoch von 123,50 Euro.

Die DZ Bank bekräftigte ihre Anlageempfehlung mit „Halten“ bei einem von 115 auf 123 Euro erhöhten Kursziel. Nach dem starken Kursanstieg der vergangenen Monate, der unter anderem durch hohe Edelmetallpreise begünstigt worden sei, erscheine die Aurubis-Aktie im historischen Vergleich teuer.