Biontech sieht sich auf Kurs Richtung Krebsmedikament
Biontech sieht sich auf Kurs Richtung Krebsmedikament
Milliarden-Deal mit BMS stärkt Finanzkraft – Umsatz im zweiten Quartal mehr als verdoppelt – Verlust halbiert
md Frankfurt
Das Pharmaunternehmen Biontech aus Mainz, Ende 2020 weltweit bekannt geworden durch die schnelle Entwicklung eines Impfstoffs gegen Covid-19, sieht sich auf Kurs in Richtung einer ersten Zulassung für ein Krebsmedikament. Schon seit 2021 rückt die Biotech-Firma ihre Onkologieprojekte wieder stärker in den Vordergrund. „Während wir weiterhin erheblich in die Umsetzung unserer Strategie investieren, zeigen unsere operativen und finanziellen Maßnahmen erste greifbare Ergebnisse“, so Finanzchef Ramón Zapata.

Foto: Biontech
Biontech-Mitbegründer und CEO Ugur Sahin sagte: „Im zweiten Quartal 2025 haben wir wesentliche Schritte gemacht, um Biontech zu einem Biotechnologieunternehmen mit mehreren zugelassenen Produkten zu entwickeln, indem wir die beiden zentralen Säulen unserer Onkologiestrategie gestärkt haben.“ Sahin und Zapata verwiesen auf die im Juni vereinbarte milliardenschwere Partnerschaft mit dem US-Pharmakonzern Bristol Myers Squibb (BMS) für das Krebsmittel BNT327 sowie auf die geplante Übernahme des Tübinger Konkurrenten Curevac. „Durch die strategische Kollaboration mit BMS werden wir unseren Umsatz und unsere Liquiditätslage weiter stärken“, sagte Zapata. Biontech und BMS hatten sich auf eine gemeinsame globale Entwicklung und Kommerzialisierung eines der vielversprechendsten Wirkstoffkandidaten zur Behandlung von Krebs geeinigt, wofür BMS im laufenden Quartal eine Vorauszahlung von 1,5 Mrd. Dollar leisten werde, "die wir erwartungsgemäß über die Entwicklungsphase von BNT327 hinweg als Umsatz realisieren werden.“
Viele Studie geplant oder gestartet
Für den Antikörper BNT327, der im Zentrum der Biontech-Strategie steht, seien bereits mehr als 20 Studien bei mehr als zehn Tumorarten geplant oder gestartet worden. Noch dieses Jahr soll zudem eine zulassungsrelevante Phase-3-Studie bei einer aggressiven Form von Brustkrebs beginnen. Auch für die Behandlung von Lungenkrebs laufen bereits Studien in späten Phasen. Parallel dazu treibt Biontech seine mRNA-basierten Krebsimmuntherapien voran, für die das Unternehmen seine Technologieplattform durch die rund 1,25 Mrd. Dollar schwere Curevac-Übernahme stärken will. Die geplante Akquisition des einstigen deutschen Konkurrenten aus Tübingen ergänze die eigenen Fähigkeiten in der mRNA-Technologie, die an den Bauplänen körpereigener Eiweiße ansetze, erklärte Sahin.
Größter Anteilseigner von Curevac ist mit einem Anteil von 31,3% die Biotech-Holding Dievini von SAP-Mitgründer Dietmar Hopp. Dievini habe eine Vereinbarung unterzeichnet, ihre Aktien vorbehaltlich behördlicher Bedingungen anzudienen, hatte Biontech schon früher mitgeteilt. Auch die Bundesregierung habe bestätigt, dem Geschäft grundsätzlich positiv gegenüberzustehen. Im Namen der Bundesrepublik Deutschland hält die KfW 13,3% an Curevac.
Das Geschäft mit Covid-19-Impfstoffen läuft unterdessen weiter. Für einen an eine neue Virusvariante angepassten Impfstoff erhielt Biontech im Juli die Zulassung in der EU. Die Auslieferung soll im August beginnen. Ein entsprechender Antrag befinde sich bei der US-Behörde Food and Drug Administration (FDA) noch in der Prüfung.
Biontech geht zwar von leicht sinkenden Impfquoten aus. Langfristig sollen aber Kombinationsimpfstoffe, etwa mit einer Grippe-Impfung, die eigenständigen Covid-Vakzine ergänzen und schrittweise ersetzen.
Pfizer-Partnerschaft zahlt sich aus
Biontech hat im zweiten Quartal den Umsatz mehr als verdoppelt und den Verlust mehr als halbiert. Grund waren höhere Einnahmen aus der Covid-Impfstoffpartnerschaft mit Pfizer. Von April bis Ende Juni wurden 260,8 (i.V. 128,7) Mill. Euro umgesetzt. Der Fehlbetrag sank auf 386,6 (808) Mill. Euro.
Im zweiten Quartal des vergangenen Jahres hatte u.a. eine Rückstellung für einen Vergleich mit der US-Behörde National Institutes of Health (NIH) in einem Patentstreit das Ergebnis belastet. Die NIH ist eine Bundesbehörde, die medizinische Forschung durchführt (ca. 20%) und fördert (ca. 80%).
Für 2025 rechnet Biontech unverändert mit einem Umsatzrückgang auf 1,7 Mrd. bis 2,2 (2,75) Mrd. Euro; der Großteil der Erlöse soll in den letzten vier Monaten des Jahres fließen. Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung sollen im Gegenzug deutlich auf 2,6 Mrd. bis 2,8 (2,3) Mrd. Euro steigen.
Die Kosten für die Entwicklung von BNT327 werden künftig je zur Hälfte mit dem Partner BMS geteilt. Die dadurch freiwerdenden Mittel sollen jedoch in andere Programme umgeschichtet werden, etwa in mRNA-basierte Krebstherapien und weitere Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADCs), erklärte Zapata. Die F&E-Ausgaben dürften daher in der zweiten Jahreshälfte weiter zunehmen.
An der Nasdaq legte die Biontech-Aktie im frühen Handel um 4% zu.
Die Marktkapitalisierung beträgt knapp 27 Mrd. Dollar.