Bond-Emittenten zeigen stabile Fitness

Standard & Poor's erwartet auch im Hochzinssegment nur marginale Erhöhung der Ausfallraten - A-Rating kein Dogma mehr

Bond-Emittenten zeigen stabile Fitness

Das niedrige Zinsumfeld und eine stabile Wirtschaftsentwicklung schafften viele Jahre ein positives Umfeld für europäische Anleiheemittenten. Seit geraumer Zeit stellt sich mit Blick auf Handelskonflikte und Wachstumsschwäche die Frage, ob das in naher Zukunft so bleibt. Die Ratingagentur Standard & Poor’s geht bislang von einer stabilen Situation aus.swa Frankfurt – “Trotz vieler Störfaktoren, sehen wir den Kreditzyklus als intakt an”, fasst es Tobias Mock, Managing Director, Corporate Ratings, bei Standard & Poor’s (S&P) zusammen. Die Ausfallraten werden sich auch im Hochzinssegment nur marginal erhöhen, meint er. Vor sechs Monaten sei man in seinem Haus noch etwas pessimistischer gewesen, doch mit dem Produktionsausblick am Jahresanfang und dem Teilabkommen im Handelsstreit zwischen USA und China habe sich die Lage aufgehellt. Die Zentralbanken schafften es zudem weiterhin, “einen Stimulus zu schaffen, der für Unternehmen positiv ist”, ergänzt Mock im Pressegespräch.Die Investorennachfrage ist ungebrochen, zumal viel Liquidität im Markt ist. Am Jahresanfang war ein Emissionsrekord zu beobachten. Man habe noch nie so viele Anleihen gesehen wie in dieser Zeit. S&P geht angesichts dieser Rahmenbedingungen davon aus, dass die Kreditqualität das Jahr “relativ stabil durchlaufen kann”. Als größten Unsicherheitsfaktor betrachtet Mock nach wie vor die globalen Handelskonflikte. Genau beobachtet wird von S&P zudem, welche Folgen der Brexit nach sich ziehen wird.Konfrontiert sind die Emittenten zudem von disruptiven Einflüssen aus Regulierung und Digitalisierung. Speziell staatlich verordnete Auflagen zum Klimaschutz werden den Unternehmen aus Sicht der Ratingagentur höhere Kosten verursachen. Die Transformation in der IT sei wiederum mit signifikant höheren Investitionen verknüpft.In einem wirtschaftlichen Umfeld mit schwächerem Wachstum werde es speziell für die Unternehmen in der Spekulationsklasse immer schwieriger, während die Investmentgrade-Konzerne mit einer konjunkturellen Flaute besser umgehen könnten. High Yield könne ja nur über Wachstum entschulden, betont Mock. Bei einer deutlichen Konjunktureintrübung könnte es also mehr Ausfälle geben. Das Ertrags- und Margenwachstum der Jahre 2019 bis 2021 wird deutlich niedriger angesetzt als in der Periode 2017 und 2018. Externe Schocks wie weitere Zölle im Automobilsektor sieht S&P als Hauptgefahr für einen Abschwung in Europa. Auto und Handel unter DruckIm Trend zeigt sich bereits eine leicht höhere Quote an negativen Ausblicken in Verbindung mit Ratings. In Deutschland, wo S&P gut 100 Unternehmen bewertet, hat sich vor allem die Einstufung der Automobilindustrie und der Zulieferer verschlechtert. Auch der Einzelhandel ist vom Online-Wettbewerb unter Druck.Im Hochzinssegment sei der Verschuldungsgrad 2019 mit sinkenden operativen Margen deutlich gestiegen. Es sei der größte Anstieg von mit “B” in der Spekulationsklasse eingruppierten Unternehmen zu beobachten. Seien es hier 2013 in Europa noch 15 Emittenten gewesen, zähle man aktuell 100. In Deutschland sind es mehr als 25 (siehe Grafik). Dies ist vor allem darin begründet, dass die meisten LBOs für diese Bonitätsnote strukturiert würden. Aber auch Abstufungen spielen eine Rolle. Mit dem Rating-Shift dürfte die Refinanzierung schwieriger werden. Die Ausfallraten waren seit der Finanzkrise 2008 insgesamt auf sehr niedrigem Niveau. Im vergangenen Jahr gab es hierzulande mit dem Windanlagenbauer Senvion und Galapagos, der Holding des früheren Wärmetauschergeschäfts des Maschinenbaukonzerns Gea, zwei Fälle.Im Investment Grade ist die Zahl der Unternehmen mit “BBB”-Rating deutlich gewachsen. Dahinter steht oft die Entscheidung des Managements, zum Beispiel im Zusammenhang mit großen Akquisitionen bewusst mehr Leverage zu nehmen und die Herabstufung von “A” auf “BBB” in Kauf zu nehmen. In dieser Bonitätsklasse ist inzwischen ein sehr hohes Volumen an Bond-Verschuldung vorhanden – in der EMEA-Region laut S&P allein 1,4 Bill. Dollar außerhalb des Finanzsektors.Investoren in dieser Kategorie sind allerdings stärker in Alarmbereitschaft, weil die Spekulationsklasse nicht mehr weit ist. S&P schätzt die Lage indes nicht dramatisch ein: Von 2010 bis 2019 seien 11 % der Emittenten mit “BBB-” über einen Zweijahreshorizont zu “Fallen Angels” geworden, also in “BB+” gefallen. Die Zahl der Dreifach-B-Ratings sei zwar riesig gewachsen, “aber die Unternehmen sind sehr solide”, sagt Mock. Die nach Verschuldung größten Vertreter in dem Segment in Europa sind Volkswagen und Deutsche Telekom – beide mit “BBB+”. Beide zusammen machen ein Viertel des Segments aus. Im Januar fiel der italienische Infrastrukturkonzern Atlantia aus dem Kreis, als S&P ihn auf “BB-” herunterstufte.