Bund prüft Optionen für Tennet und Amprion
Bund prüft Optionen
für Tennet und Amprion
Berlin will bei allen vier großen Stromnetzkonzernen mit am Tisch sitzen
cru/ab/ahe Frankfurt/Berlin
Die Bundesregierung will bei allen vier Übertragungsnetzbetreibern mit am Tisch sitzen. Dazu wird auch der Einstieg per milliardenschwerer Kapitalerhöhung bei Tennet Germany erwogen, wie mit der Sache vertraute Personen aus Konzern- und Beraterkreisen berichten. Die Beteiligung könnte in Höhe einer Sperrminorität und parallel zu Engagements privatwirtschaftlicher Investoren zu Marktkonditionen erfolgen.
Die Tennet Holding, die auch die Niederlande-Einheit umfasst, hat den bereinigten operativen Gewinn (Ebit) im ersten Halbjahr um die Hälfte auf 1,5 Mrd. Euro und die Investitionen um ein Fünftel auf 5,5 Mrd. Euro gesteigert, wie das Unternehmen am Freitag in Amsterdam mitteilte.
Auch beim Netzbetreiber Amprion kommt der Eigentümerkreis in Bewegung. An 50Hertz, der Tochter des belgischen Netzkonzerns Elia, und an der EnBW-Tochter TransnetBW ist der Bund bereits über die Staatsbank KfW mit 20% bzw. 25% beteiligt. Beide Unternehmen haben kürzlich Kapitalerhöhungen vorgenommen.
Bundesregierung hat schon unverbindliche Interessenbekundung abgegeben
Der Koalitionsvertrag von Union und SPD sieht die Prüfung strategischer Beteiligungen an Netzbetreibern vor, um die Energiewende zu gestalten. „Durch eine Beteiligung an allen vier Übertragungsnetzbetreibern könnte der Bund den Netzausbau – zum Beispiel durch entsprechende Finanzausstattungen – beschleunigen und mit koordinieren und zudem Einfluss auf die Gesellschafterstruktur von Unternehmen der kritischen Infrastruktur nehmen“, sagt Anwalt Rüdiger Schmidt-Bendun, Partner der Kanzlei Skadden in Frankfurt.
Wie das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf Anfrage bestätigte, hat die Bundesregierung gegenüber der niederländischen Regierung bereits eine unverbindliche Interessenbekundung abgegeben. Im nächsten Schritt sei nun mit Übermittlung weiterer Informationen aus Den Haag sowie von der Tennet Holding zu rechen, die Grundlage für die weiteren Prüfungen und Verhandlungen seien, sagte eine Sprecherin.

Tennet gehört den Niederlanden
Tennet gehört dem niederländischen Staat. Die Bundesregierung war schon vor eineinhalb Jahren in fortgeschrittenen Verhandlungen über eine Beteiligung an der inzwischen rechtlich separat aufgestellten Deutschland-Einheit Tennet Germany, die von CEO Tim Meyerjürgens geführt wird. Dann machte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den Sondervermögen einen Strich durch die Finanzierung.
Tennet hat mit der Investmentbank Lazard ein neues Verkaufsverfahren auf die Schiene gesetzt. Der niederländische Staat wird dabei von Rothschild beraten. Bald könnte jeweils ein Minderheitsanteil an den niederländischen Pensionsfonds APG, den norwegischen Staatsfonds Norges und die Bundesregierung gehen. Parallel bereitet Morgan Stanley einen Börsengang vor. Ob es ein IPO wird oder ein Verkauf, entscheidet der niederländische Finanzminister Eelco Heinen im September. Tennet Germany wird ein Wert von rund 30 Mrd. Euro zugeschrieben.
Bewertet werden Übertragungsnetzbetreiber gewöhnlich mit dem 1,2-Fachen der „Regulated Asset Base“, das sind die bilanzierten Vermögenswerte der Anlagen.
Amprion-Kapitalerhöhung noch 2025
Dieselben Interessenten wie bei Tennet zielen auch auf eine Beteiligung an Amprion in Dortmund ab. Die Sprecherin des BMWE wiegelte beim Thema Amprion ab: Weitere Interessen der Bundesregierung seien ihr nicht bekannt und lägen ihr nicht vor.
Die Amprion-Eigentümer hatten bereits im vergangenen Jahr 850 Mill. Euro an frischem Eigenkapital nachgeschossen. Eine weitere Kapitalspritze, die „signifikant höher als 2024“ ausfalle, solle 2025 folgen, hatte Finanzchef Peter Rüth jüngst angekündigt. Dazu lägen schriftliche Zusagen aller Eigentümer und damit auch von RWE vor.
Was macht RWE?
RWE prüft derzeit verschiedene Finanzierungsoptionen, eine Entscheidung ist noch nicht gefallen. Inwieweit die Essener am Ende tatsächlich zum Verkauf der Sperrminorität bereit wären, ist offen. „Amprion ist ein sehr leistungsfähiges und profitables Unternehmen. Wir mögen die Beteiligung an Amprion“, sagte RWE-Finanzchef Michael Müller im Interview.
Auf die Aussage im Koalitionsvertrag, „strategische Beteiligungen, auch bei Netzbetreibern“ zu prüfen, ging Amprion-CEO Christoph Müller in der Jahrespressekonferenz nur indirekt ein. Um den Netzausbau zu finanzieren, komme es auf die Kapitalmarktfähigkeit der Netzbetreiber an. Daran ändere eine Staatsbeteiligung nichts.
Müller ist auch mit seinen Anteilseignern zufrieden: „Wir sind glücklich mit RWE.“ Faktisch will Amprion eigenständig bleiben. „Das Set-up ist gut, so wie es ist“, sagte ein Amprion-Sprecher. Zu der für dieses Jahr geplanten Kapitalerhöhung gibt es weder in zeitlicher Hinsicht, noch was den Umfang betrifft, nähere Angaben.