Neuer IFRS-Standard

Die Bilanzierung wird für Unternehmen deutlich aufwendiger

Der neue Standard IFRS 18 fordert im Konzernabschluss Anpassungen in Ertragsrechnung und Lagebericht. Änderungen in den Prozessen und IT-Systemen sind für die Unternehmen nicht zu unterschätzen, warnt Verena Glutting, Bilanzierungsexpertin von PwC.

Die Bilanzierung wird für Unternehmen deutlich aufwendiger

Die Bilanzierung wird für Unternehmen deutlich aufwendiger

Neuer Standard IFRS 18 fordert Anpassungen in Ertragsrechnung und Lagebericht – Fragezeichen bleiben

swa Frankfurt

Mit dem neuen Bilanzstandard IFRS 18 zur Aufstellung der Gewinn-und-Verlust-Rechnung (GuV) kommen deutlich höhere Anforderungen in der Rechnungslegung auf die Konzerne zu. Über eine geänderte Kategorisierung von Ertrags- und Aufwandsposten, Zwischensummen und zusätzliche Angaben zu bereinigten Kennziffern will der internationale Standardsetzer IASB den Investoren mehr Transparenz verschaffen. Die Anpassungen sollen nach Vorstellungen des International Accounting Standards Board ein besseres Bild über die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Unternehmens geben.

Wahlrechte vereinheitlicht

Neben der Einführung der neuen Zwischensummen und Kategorien in der Gewinn-und-Verlust-Rechnung habe der IASB einige Wahlrechte vereinheitlicht, erläutert Verena Glutting, Director Capital Markets & Accounting Advisory Services bei PwC Deutschland. Ein Beispiel sei, dass der Ausweis von Nettozinsaufwendungen von Pensionen nun klar der Kategorie Finanzierung zugeordnet werde. Der Ausweis von Beteiligungen von at Equity bilanzierten Unternehmen gehöre nach den neuen Vorgaben eindeutig ins investive Ergebnis. Manche Gesellschaften haben bislang die Erträge aus at Equity bilanzierten Beteiligungen im Betriebsergebnis gezeigt. Die Vergleichbarkeit werde sich mit der neuen Kategorisierung verbessern, „was die Transparenz für Investoren erhöht“, sagt Glutting.

„Bei einigen neuen Regelungen würde ich ein Fragezeichen setzen, ob sie die Vergleichbarkeit verbessern“, schränkt die Bilanzierungsexpertin ein. So könne die GuV bislang nach Gesamtkosten- oder Umsatzkostenverfahren strukturiert werden. Im internationalen Kontext werde meistens das Umsatzkostenverfahren angewendet. „Der neue IFRS 18 ermöglicht nun eine Kombination beider Verfahren im Ausweis des operativen Ergebnisses. Das ist neu und es bleibt abzuwarten, ob das die Vergleichbarkeit und Transparenz steigert“, sagt Glutting.

Neue Anhang-Angaben

Ein ganz wichtiger Punkt des IFRS 18 sind nach Einschätzung von Glutting neue Anhang-Angaben. In der Regelung sei das Ziel des IASB zu erkennen, die Kommunikation der Unternehmen mit ihren Investoren zu verbessern. So seien Unternehmen künftig – im Grundsatz – aufgefordert, außerhalb des Konzernabschlusses veröffentlichte sogenannte „Management-Defined Performance Measures“ detailliert zu erläutern und eine Überleitung auf die am ehesten vergleichbare von den IFRS definierte (Zwischen-) Summe offenzulegen.

Die Konzerne nutzen in der Kommunikation mit den Investoren nicht nur die Größen Ebitda und Ebit, sie bereinigen diese oft um Sonderfaktoren („Adjusted Ebitda“), rechnen also zum Beispiel Restrukturierungsaufwendungen heraus. Diese bereinigten Ertragszahlen werden auf unterschiedlichstem Wege kommuniziert – über die Webseite, in Investorenpräsentationen oder im Lagebericht. „Das IASB möchte diese öffentlich verfügbar gemachten adjustierten Angaben nun vergleichbar und nachvollziehbar verpflichtend im IFRS-Anhang verankert wissen. Das ist für die Investoren aus Transparenzgründen sehr interessant, heißt aber für die Unternehmen auch viel Arbeit“, warnt Glutting.

Social Media außen vor

Der IASB habe bereits klargestellt, dass mündliche Angaben und Social-Media-Posting von dieser Verpflichtung ausgenommen sind. Trotz im Standard aufgeführter Beispiele und Konkretisierungen bleiben aus Sicht von Glutting fachlich aktuell durchaus Fragen zur Definition einer „öffentlichen Kommunikation“ offen, bei denen sich in den kommenden Monaten eine allgemein anerkannte Meinung bilden müsse.

Mit den Kategorien operativ, investiv und Finanzierung ähnelt die Gliederung der Gewinn-und-Verlust-Rechnung auf den ersten Blick der Gliederung in der Cashflow-Rechnung. „Es wurde allerdings keine Kohäsion hergestellt“, so Glutting. Der Kauf einer neuen Produktionsanlage steckt in der Cashflow-Rechnung in der Investition, Abschreibungen auf diese Anlage stellen in der GuV einen Aufwand innerhalb des operativen Ergebnisses dar. „Dessen muss man sich in der Analyse der Zahlen bewusst sein. Cashflow-Rechnung und GuV nutzen ähnliche Kategorien, diese unterscheiden sich aber.“

Weitreichende Folgen

Die neuen Zwischensummen in der Ertragsrechnung entsprechen nicht den von Unternehmen häufig genutzten Non-IFRS-Kennziffern Ebit und Ebitda. Sie sind also auch künftig nicht direkt aus der GuV abzulesen. Es bleibe abzuwarten, ob und welche Änderungen sich infolge der neuen Struktur und Kategorien in genutzten Steuerungsgrößen ergeben und/oder ob Unternehmen künftig ihre Steuerungsgrößen den neuen Zwischensummen anpassen werden. „Das hätte weitreichende Folgen, denn die Änderung von Kennziffern kann Finanzierungsverträge, Covenants und/oder auch Vergütungssysteme betreffen“, sagt Glutting.     

Nicht auf Knopfdruck

Von den geforderten Daten werden nicht alle von Beginn an verfügbar sein. Der Effekt aus Fremdwährungen müsse zum Beispiel für alle Kategorien dargestellt werden, was momentan auf Knopfdruck nicht geliefert werden könne. „Der Implementierungsaufwand des IFRS 18 ist insbesondere durch die neue Gliederung der Gewinn-und-Verlust-Rechnung, die zusätzlichen Anhang-Angaben und die sich in Folgewirkung ergebenden notwendigen Änderungen in Prozessen und IT-Systemen für die Unternehmen nicht zu unterschätzen“, resümiert Glutting.

Mit der verpflichtenden Anwendung von IFRS 18 für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2027 beginnen, erscheint die Erstanwendung auf den ersten Blick noch weit weg. Allerdings müssten Unternehmen bereits in der Lage sein, die Vergleichszahlen für 2026 anhand der neuen Vorgaben präsentieren zu können. Im Turnus 2026 seien Daten somit „in alter und neuer Form“ aufzubereiten.

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