Wettbewerbshüter

Duftstoff­hersteller unter Kartellverdacht

Wegen des Verdachts auf wettbewerbswidrige Absprachen haben die Wettbewerbsbehörden Untersuchungen gegen vier Unternehmen aus der Duftstoffproduktion eingeleitet. Symrise sieht sich als Zeuge beteiligt, von dem Verdacht sei man nicht betroffen.

Duftstoff­hersteller unter Kartellverdacht

dz Zürich

Die vier weltgrößten Duftstoffhersteller stehen unter Kartellverdacht. Es gebe Anhaltspunkte, dass mehrere Unternehmen in der Branche aktiv gegen Kartellrecht verstoßen hätten, gab die Schweizer Wettbewerbskommission (Weko) am Mittwoch fast zeitgleich mit den Behörden anderer Länder bekannt.

Am Dienstagmorgen war es in den Büros der in Genf ansässigen Branchenführer Givaudan und Firmenich zu Hausdurchsuchungen gekommen. Firmenich bestätigte die Razzia auf Anfrage. Beide Unternehmen versicherten, mit den Behörden vollumfänglich zusammenzuarbeiten.

Auch die EU-Kommission, die britische Competition and Markets Authority sowie die Antitrust-Abteilung des amerikanischen Justizdepartments haben den Start einer kartellrechtlichen Untersuchung angekündigt und in gegenseitiger Absprache Hausdurchsuchungen vorgenommen. Betroffen sind neben den Schweizer Konzernen auch Symrise und der US-Konzern International Flavours & Fragrances (IFF). Während Firmenich und Givaudan keine Stellung zu der eigenen Position in der Untersuchung bezogen, sagte Symrise-Chef Heinz-Jürgen Bertram am Mittwoch anlässlich der Bilanzmedienkonferenz, man werde „als Zeuge vernommen“. Von möglichen Preisabsprachen sieht Bertram Symrise nicht betroffen. „Wir denken heute, wir haben nichts zu verbergen.“ Auch für die anderen Firmen gilt die Unschuldsvermutung.

Langjährige Branchenkenner wie Finanzanalyst Jean-Philippe Bertschy von der Zürcher Bank Vontobel bewerten die Vorgänge kritisch. „Das sieht nach einer ernsthaften Sache aus. Ich kann mich an keinen ähnlich großen Fall in der Branche erinnern.“ Ernsthaft ist die Sache vor allem deshalb, weil die Behörden offenbar gute Gründe für ihr forsches Vorgehen haben. „Damit wir eine Untersuchung eröffnen können, braucht es einen hinreichenden Tatverdacht“, erklärt Weko-Vizedirektorin Andrea Graber auf Anfrage. Oft gehen einer formellen Untersuchung weniger strenge Nachforschungen der Behörden wie eine allgemeinere Marktbeobachtung oder eine Voruntersuchung voraus.

Die Tatsache, dass die Behörden im vorliegenden Fall direkt zur Tat geschritten sind, ist ein Indiz dafür, dass bereits starke Verdachtsmomente vorliegen. Die Weko habe bei ihren Hausdurchsuchungen in Genf nach Beweisen gesucht, die geeignet seien, den Kartellverdacht zu erhärten, erklärt Graber das Vorgehen. „Es handelt sich um eine große Untersuchung mit internationaler Beteiligung, und es geht um viel Geld.“

Zum konkreten Verdachtsmoment bleiben die Kartellbehörden vage: Es gäbe Anhaltspunkte dafür, dass mehrere Unternehmen ihre Preispolitik koordinierten, die Herstellung von Duftstoffen beschränkten und Konkurrenten daran hinderten, bestimmte Kunden zu beliefern.

Der Markt für Duftstoffe ist hoch konzentriert. Aktuellen Untersuchungen zufolge hat er ein jährliches Umsatzvolumen von über 13 Mrd. Euro, davon entfallen 10,4 Mrd. Euro auf die vier genannten Unternehmen. Allein Firmenich und Givaudan setzen mit Duftstoffen und Ingredienzen jährlich 6,4 Mrd. sfr um.

„Mit Blick auf die oligopolistischen Marktstrukturen ist die Vorstellung einer Kartellbildung sicher nicht ganz abwegig“, sagt Bertschy. Ob die Untersuchung der Wettbewerbsbehörden durch eine Anzeige, Hinweise eines Whistleblowers oder gar durch eine Selbstanzeige eines mutmaßlichen Kartellmitgliedes zustande gekommen ist, will die Weko-Untersuchungsleiterin nicht sagen.

Klar ist, dass die Sache teuer werden könnte, wenn sich der Verdacht erhärten sollte. In der Schweiz beläuft sich die Maximalstrafe für Kartellsünder auf bis zu 10% des relevanten Umsatzes von drei Jahren im Schweizer Markt. In der EU ist das Sanktionsregime ähnlich – aber bei einem 15-mal größeren Markt. Die Aktien der von der Untersuchung betroffenen Firmen verloren am Dienstag zeitweise um die 4%.