Schutz kritischer Infrastruktur

Fincantieri will mit Unterwasserdrohnen wachsen

Der italienische Marinekonzern Fincantieri setzt auf den Ausbau seiner Unterwassersparte. Eine wichtige Rolle sollen dabei Systeme zum Schutz, zur Wartung und zur Überwachung kritischer Infrastrukturen spielen.

Fincantieri will mit Unterwasserdrohnen wachsen

Kritische Infrastrukturen

Fincantieri sucht unter Wasser Wachstum

Schiffsbauer setzt auf Lösungen zum Schutz und zur Überwachung kritischer Infrastrukturen

Von Gerhard Bläske, La Spezia
bl La Spezia

Wie gefährdet kritische Infrastrukturen sind, hat die abschnittsweise Zerstörung der Gasleitung Nord Stream in der Ostsee durch Saboteure gezeigt. Um solche Strukturen künftig besser schützen zu können, arbeitet der italienische Werftenkonzern Fincantieri an Lösungen für den Unterwassersektor. Diese Aktivitäten hat der zu 71% staatliche Konzern in der ligurischen Hafenstadt La Spezia gebündelt. Das Projekt DEEP (Dynamic Ecosysteme Enhanced Performance) ist ein ganzes System zum Schutz, zur Wartung und zur Überwachung kritischer Infrastrukturen.

Unterwasserdrohnen

Mit akustischen Warnsystemen und der ersten autonom agierenden Unterwasserdrohne sollen Gefahren und Anomalien in der Unterwasserwelt frühzeitig erkannt und Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Das KI-basierte System kann bis zu einer Wassertiefe von 300 Metern und aus bis zu hundert Kilometer Entfernung arbeiten. Es soll Pipelines für den Transport von Energie oder Kabel für die Telekommunikation schützen und die Umwelt überwachen. Nicht zuletzt hat Fincantieri-CEO Pierroberto Folgiero auch militärische Einsatzmöglichkeiten im Auge.

Er sieht unter Wasser gewaltige Wachstumschancen. Den für Fincantieri relevanten Markt beziffert er auf ein Volumen von 22 Mrd. Euro. Auch US-Unternehmen und Kongsberg aus Norwegen, Saab, die TKMS-Tochter Atlas Elektronik und die französische Naval Systems entwickeln hier Lösungen.

Hohe Margen

Folgiero will den Umsatz dieser Sparte bis 2027 auf 820 Mill. Euro verdoppeln. Das wären 8% von den für 2027 angepeilten Erlösen von 10 Mrd. Euro. Doch die Potenziale sind groß und die operative Marge sei mit 19% deutlich höher als in den anderen Sparten. Fincantieri baut Kreuzfahrtschiffe, U-Boote, Fregatten und Spezialschiffe für die Verlegung und Wartung von Unterwasser-Kabeln.

Mit dem Kauf der vorher zu Leonardo gehörenden Wass, einem Hersteller von Torpedos und Sonarsystemen, an dem auch KNDS interessiert war, hat Folgiero den militärischen Teil des Unterwassergeschäfts deutlich ausgebaut. Durch Übernahmen, Beteiligungen und Kooperationen mit  Startups wie der italienischen Wsense und Graal Tech will Folgiero die Digitalisierung vorantreiben.

Aktienkurs explodiert

Fincantieri profitiert vom Boom der Rüstungsbranche und sitzt auf einem Auftragsbestand von 58 Mrd. Euro. Der Aktienkurs hat binnen eines Jahres um rund 380% zugelegt. Folgiero will den Erlösanteil der Militärsparte von 20 auf 30% steigern. Er setzt auf „dual-use-Technologien, die für den zivilen Sektor entwickelt wurden und auf Verteidigungsprogramme angewendet werden können, um dort Innovationen und Effizienz zu beschleunigen“.

Der Fincantieri-Chef schielt auch auf den langjährigen Kooperationspartner Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS). Die beiden Unternehmen haben den Philippinen ein Angebot für die Lieferung der gemeinsam entwickelten U-Boote der Klasse U 212 NFS gemacht.

Partnerschaft mit TKMS

 „Wir sind sehr offen, verschiedene Formen der Zusammenarbeit zu prüfen, sei es durch verstärkte kommerzielle Partnerschaften oder durch umfassende strategische Initiativen“, so Folgiero. Er war an einem Einstieg bei TKMS interessiert. Doch ein „Airbus der Meere“ ist seit dem Börsengang vorerst vom Tisch. Thyssenkrupp behält die Mehrheit, Berlin hat ein Vetorecht.