US-Pharmakonzern

Gilead gelingt Meilenstein mit HIV-Spritze

Als „Durchbruch des Jahres 2024“ hat das „Science“-Magazin das HIV-Medikament Lenacapavir vom US-Konzern Gilead zuletzt gefeiert. Mit nur zwei Spritzen pro Jahr gilt die hochwirksame und in den USA nun zur Prophylaxe zugelassene Arznei in der Verabreichung als besonders komfortabel. Aus der Fachwelt gibt es allerdings Kritik an der Bepreisung.

Gilead gelingt Meilenstein mit HIV-Spritze

Gilead gelingt Meilenstein mit HIV-Spritze

Hochwirksames Medikament zur Aids-Prophylaxe in den USA zugelassen – Kritiker stören sich an Preis von 28.000 Dollar

Als „Durchbruch des Jahres 2024" hat das Wissenschaftsmagazin „Science“ das HIV-Medikament Lenacapavir vom US-Konzern Gilead zuletzt gefeiert. Mit nur zwei Spritzen pro Jahr gilt die hochwirksame und in den USA nun zur Prophylaxe zugelassene Arznei in der Verabreichung als besonders komfortabel. Aus der Fachwelt gibt es allerdings Kritik an der Bepreisung.

kro Frankfurt

Der US-Pharmakonzern Gilead zieht derzeit Bewunderung und Empörung gleichermaßen auf sich. Grund ist ein von dem Unternehmen entwickeltes HIV-Medikament, das sich in klinischen Studien zur Vorbeugung und Behandlung einer Infektion nicht nur als besonders wirksam erwiesen hat, sondern das in der Verabreichung auch besonders komfortabel ist. Kritiker erachten es jedoch auch als besonders teuer.

Die Arznei mit dem Namen Lenacapavir muss nur zwei Mal pro Jahr gespritzt werden – und bietet Männern wie Frauen damit laut bisheriger Studienlage einen nahezu hundertprozentigen Schutz gegen eine HIV-Ansteckung. Bislang ist noch die tägliche Einnahme von Tabletten die gängigste Form zur Vorbeugung oder Behandlung von HIV. Mit „Truvada“ und „Descovy“ hat Gilead selbst solche Tabletten im Angebot.

Zwar handelt es sich bei Lenacapavir nicht um den lang ersehnten Impfstoff gegen Aids, sondern um ein Virostatikum, das die Vermehrung von Viren im Körper hemmt. In der Fachwelt wurde das Mittel dennoch bereits mehrfach als möglicher „Gamechanger“ im Kampf gegen HIV betitelt. Das renommierte Wissenschaftsmagazin „Science“ zeichnete den Wirkstoff als „Durchbruch des Jahres 2024“ aus, da er „vielen HIV- und Aids-Forschern die Hoffnung gebe, die weltweiten Infektionsraten zu senken, wenn er prophylaktisch eingenommen werde“.

40 Millionen Infizierte

Weltweit sind aktuell rund 40 Millionen Menschen mit dem HI-Virus infiziert. 2023 kam es laut Zahlen des Gemeinsamen Programms der Vereinten Nationen zu HIV/AIDS (UNAIDS) zu rund 1,3 Millionen Neuinfektionen, 630.000 Menschen starben zudem an Krankheiten im Zusammenhang mit Aids. In einigen Regionen wie dem Nahen Osten und Nordafrika hat sich die Zahl der Neuansteckungen mehr als verdoppelt.

In der Region Nordamerika sowie West- und Zentraleuropa sind die Neuansteckungen 2023 zwar um ein knappes Viertel zurückgegangen. Dennoch komme es allein in den USA jede Woche zu 100 Aids-bedingten Todesfällen, sagte Gilead-CEO Daniel O’Day.

Das Medikament Lenacapavir, das unter dem Namen Yeztugo vermarktet wird, ist nun seit dieser Woche in den USA zur HIV-Prophylaxe zugelassen. Seit 2022 darf es bereits zur Behandlung bestimmter HIV-Patienten eingesetzt werden, und zwar sowohl in den USA als auch in Europa (in Deutschland hatte sich Gilead allerdings gegen eine Markteinführung des Medikaments entschieden). Eine Zulassung von Lenacapavir zur Vorbeugung von HIV hat das Unternehmen in Europa bereits beantragt.

Branchenexperten schreiben dem Wirkstoff ein klares Blockbuster-Potenzial zu: Analysten des japanischen Finanzdienstleisters Mizuho rechnen mit weltweiten Umsätzen von bis zu 4 Mrd. Dollar, bei Bloomberg Intelligence ist sogar von bis zu 5 Mrd. Dollar die Rede.

Lizenzverträge mit Generikaherstellern

Allerdings ist in den vergangenen Monaten eine Debatte um die Bepreisung von Lenacapavir entbrannt, die sich nicht nur auf die Nachfrage, sondern am langen Ende auch auf den allgemeinen Erfolg des Medikaments im Kampf gegen Aids auswirken könnte. Laut jüngsten Medienberichten veranschlagt Gilead in den USA 28.218 Dollar pro Person und Jahr für das HIV-Mittel. Den Preis begründet der Konzern – wie so oft in der Branche – mit hohen Entwicklungskosten. Im Oktober vergangenen Jahres hatten die Amerikaner Lizenzverträge mit sechs Generikaherstellern abgeschlossen, die Lenacapavir in insgesamt 120 Ländern mit niedrigem Einkommen günstiger produzieren und verkaufen sollen.

Kritik bleibt angesichts einer Studie der Universität Liverpool vom vergangenen Jahr dennoch bestehen. Darin hatte der Pharmakologe Andrew Hill ausgerechnet, dass zumindest die Produktionskosten von Lenacapavir gerade mal bei 40 Dollar pro Person und Jahr liegen könnten. Es sei „unbegreiflich, wie Gilead einen Preis von 28.218 Dollar rechtfertigen kann“, sagte Winnie Byanyima, Exekutivdirektorin bei UNAIDS. „Wenn dieses bahnbrechende Medikament unerschwinglich bleibt, wird es nichts ändern.“

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