Hellofresh knackt Milliardenmarke im Quartal
hek Frankfurt
Der Kochboxen-Anbieter Hellofresh hat erstmals mehr als 1 Mrd. Euro in einem Quartal umgesetzt. Vor allem die Akquisition neuer Kunden und ein höherer durchschnittlicher Bestellwert führten im Schlussviertel 2020 zu einem Umsatzsprung von währungsbereinigt 126% auf 1,1 Mrd. Euro. Das um Sondereinflüsse bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) schoss von 38,6 Mill. Euro im Vorjahreszeitraum auf 173,8 Mill. Euro, teilt das Unternehmen mit. Zum Jahresende kam Hellofresh auf 5,3 Millionen Kunden, 78% mehr als ein Jahr zuvor.
Der Dax-Anwärter bestätigt den Ausblick für 2021, der eine Abschwächung des bis dato rasanten Erlöswachstums auf 20 bis 25% in lokalen Währungen im Vergleich zu 2020 und eine bereinigte Ebitda-Marge zwischen 9 und 12% vorsieht. Die Prognose berücksichtigt die Übernahme des US-Anbieters von fertigen Mahlzeiten Factor75, der für 100 Mill. Dollar Umsatz 2020 steht.
CEO Dominik Richter und Finanzvorstand Christian Gärtner deuten aber an, dass die Prognose im Jahresverlauf angehoben werden könnte. Die Manager verweisen auf den „starken Start“ in das neue Jahr. Für das erste Quartal zeichne sich ein währungsbereinigter Umsatzsprung von mehr als 70% ab, was weit über der Jahresprognose liegt. Da in der Nach-Corona-Zeit die Kunden wieder häufiger Restaurants aufsuchen und weniger Kochboxen bestellen könnten, wollen sich die Berliner langfristig breiter aufstellen und ein „vollintegriertes Lebensmittelunternehmen“ werden, das neben Kochboxen verstärkt Frühstück, Snacks, Desserts oder Backwaren verkauft.
Kontakt- und Ausgangsbeschränkungen, Restaurantschließungen und der Trend zum Homeoffice haben das Geschäft im vergangenen Jahr in ungeahnte Höhen getrieben. Mit einem Umsatzwachstum von währungsbereinigt 111% auf 3,75 Mrd. Euro und einem Margenanstieg um 10,9 Prozentpunkte auf 13,5% der Erlöse erreichte Hellofresh den oberen Rand der im Dezember abermals angehobenen Prognose. Diese Zuwächse seien erreicht worden, obwohl die Supermärkte, die als wichtigster Konkurrent gelten, während der Pandemie durchgehend geöffnet gewesen seien, wie Richter betont. Das bereinigte Ebitda vervielfachte sich von 46,5 Mill. Euro 2019 auf 505,2 Mill. Euro im Berichtsjahr. Unter dem Strich stehen 369,1 Mill. Euro Überschuss nach 10,2 Mill. Euro Fehlbetrag im Vorjahr. In den USA, dem mit Abstand wichtigsten Markt, und einigen anderen Ländern kämpft das Unternehmen aber mit erheblichen Kapazitätsengpässen.
An der Börse konnte Hellofresh mit dem Jahresbericht am Dienstag keine Punkte sammeln. Die im MDax vertretene Aktie gab um 6,5% nach. Die US-Bank J.P. Morgan verweist darauf, dass das Neukundenwachstum in den USA im Vergleich zum Vorquartal schwächer als gedacht ausgefallen sei. Umsatz und operatives Ergebnis hätten die Erwartungen allerdings übertroffen. Bank of America wertet die Zahlen als Beleg für das robuste Geschäftsmodell.
CFO Gärtner hebt hervor, dass Hellofresh im abgelaufenen Jahr rund 500 Mill. Euro freien Cash-flow erwirtschaftet habe. Ende 2020 und nach Abschluss der Factor75-Übernahme verfügte der Konzern über 729 Mill. Euro Zahlungsmittel. Das Geld will Hellofresh vor allem ins Wachstum stecken, also den Ausbau der Kapazitäten, die Erweiterung der Produkte und die Erschließung neuer Märkte. Darüber hinaus hat Firmenchef und Mitgründer Richter nach eigenen Worten ein „offenes Auge“ für Akquisitionen und zieht auch Aktienrückkäufe in Erwägung.
Das 2011 gegründete Unternehmen ist in 14 Ländern vertreten. Demnächst könnte Japan hinzukommen, laut Richter ein großer und langfristig sehr vielversprechender, aber auch ein eher riskanter Markt.
Wertberichtigt Seite 6
Hellofresh | ||
Konzernzahlen nach IFRS | ||
in Mill. Euro | 2020 | 2019 |
Mahlzeiten (Mill.) | 601 | 281 |
Bestellwert * (Euro) | 50,40 | 48,20 |
Umsatz | 3 750 | 1 809 |
USA | 2 073 | 1 025 |
Restliche Länder | 1 676 | 784 |
Bereinigtes Ebitda | 505 | 47 |
in % des Umsatzes | 13,5 | 2,6 |
Jahresergebnis | 369 | –10 |
Zahlungsmittel | 729 | 194 |
Freier Cash-flow | 499 | –12 |
*) Durchschnitt, ohne RetailBörsen-Zeitung |