Konzernstruktur

Investor drängt RWE zur Kohleabspaltung

RWE-Chef Markus Krebber steht eine turbulente Hauptversammlung bevor. Der kleine Investor Enkraft zwingt den großen Stromkonzern, eine Abspaltung der Braunkohlesparte auf die Tagesordnung zu setzen.

Investor drängt RWE zur Kohleabspaltung

cru Frankfurt

Auf der Hauptversammlung von RWE am 28. April wird über eine mögliche Abspaltung der Braunkohlesparte abgestimmt. Der kleine aktivistische Investor Enkraft – ein auf Investments in erneuerbare Energien spezialisiertes Family Office aus München – hat eine Ergänzung der Tagesordnung um eine Abstimmung zur „beschleunigten Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie“ beantragt, wie der Internetseite von RWE am Dienstag zu entnehmen war. „Auf Antrag eines Aktionärs, der seine Minderheitsrechte geltend gemacht hat, war der Vorstand verpflichtet, die Tagesordnung zu ergänzen“, erläuterte eine Konzernsprecherin.

Enkraft zufolge soll der Vorstand angewiesen werden, zum nächstmöglichen Zeitpunkt und spätestens zur Hauptversammlung 2023 alle notwendigen Vertragsentwürfe für eine Abspaltung des Kohlegeschäfts vorzulegen und alle dafür erforderlichen Voraussetzungen zu erfüllen.

In der Begründung zum Ergänzungsantrag von Enkraft, der der Börsen-Zeitung vorliegt, heißt es: „Die RWE Aktiengesellschaft wird bereits heute vom Kapitalmarkt mit signifikanten Abschlägen zu Vergleichsunternehmen, insbesondere aus dem Bereich reiner erneuerbarer Energieerzeuger, bewertet; auch hieran hat sich seit Beginn des Krieges in der Ukraine nichts materiell geändert. Die industrieüblichen Bewertungsmultiplikatoren wie das Verhältnis zwischen Unternehmenswert und prognostiziertem Ebitda legen ein Wertaufholungspotenzial von deutlich über 16 Mrd. Euro bzw. mehr als 20 Euro pro RWE-Aktie nahe.“ Zum Vergleich: Der RWE-Kurs stieg am Dienstag um 1,2% auf 37,99 Euro. Der Börsenwert des Konzerns liegt bei 25,7 Mrd. Euro.

RWE hat zwar milliardenschwere Investitionen in Windräder und Solarparks angekündigt. Dennoch steht das Unternehmen am Pranger als Europas drittgrößter CO2-Emittent. Grund dafür sind die alten Braunkohlekraftwerke des Konzerns, die nach dem Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung „idealerweise“, wie es heißt, aber auch frühestens 2030 abgeschaltet werden. Der Ukraine-Krieg dürfte den Zeitplan eher verzögern, weil Kohle das bald vielleicht fehlende russische Gas teils ersetzen kann.

„Wir werden dazu inhaltlich rechtzeitig Stellung nehmen“, hieß es zum Enkraft-Ergänzungsantrag von RWE. CEO Krebber hält am von der Bundesregierung beschlossenen Kohleausstieg fest, will diesen jedoch mit Rücksicht auf Arbeitsplätze und regionale Wirtschaft nicht überstürzen. RWE-Finanzchef Michael Müller hatte auf der Bilanzpressekonferenz betont, der Vorstand sei von seiner Position überzeugt und sehe sich durch den gestiegenen Kurs auch bestätigt. Enkraft hatte sich im September mit der Forderung nach einer raschen Abspaltung des Braunkohlegeschäfts an RWE gewandt und diese seitdem mehrfach in Briefen an den Vorstand und Aufsichtsratschef Werner Brandt untermauert. Das Kohlegeschäft führe zu einer relativ schwachen Bewertung im Vergleich zu Wettbewerbern, die sich auf erneuerbare Energien konzentrierten, argumentiert Enkraft.

Auch in der Politik finden sich Unterstützer für eine Abspaltung der Braunkohle von RWE. Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung heißt es auf Seite 59: „Geprüft wird die Errichtung einer Stiftung oder Gesellschaft, die den Rückbau der Kohleverstromung und die Renaturierung organisiert.“ Als Unterstützer gilt neben dem grünen Staatssekretär Oliver Krischer auch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart. Auch Bernd Tönjes, Chef der RAG-Stiftung, die die Ewigkeitslasten aus dem Steinkohlebergbau trägt, soll einer Erweiterung seines Aufgabenkreises auf die Braunkohle nicht abgeneigt sein. In den Koalitionsvertrag soll das Thema der Chef der Gewerkschaft IGBCE Michael Vassiliadis gebracht haben. „Am Ende könnten Bund und Länder direkt oder über eine Stiftung die Kontrolle über die Restaktivitäten und die Renaturierungen übernehmen und damit Versorgung sichern, aber auch den Fahrplan der Einstellung der Kohleverstromung kontrollieren“, sagte Enkraft-Chef Benedikt Kormaier der Börsen-Zeitung.

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