Im GesprächPeter Arduini, GE Healthcare

„M&A ist ein sehr wichtiger Teil unserer Strategie“

Seit Januar ist GE Healthcare als eigenständiges Unternehmen an der Börse. CEO Peter Arduini zu Akquisitionsplänen, Margenziel, künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen und der Performance seit der Abspaltung.

„M&A ist ein sehr wichtiger Teil unserer Strategie“

Im Gespräch: Peter Arduini

„M&A ist ein sehr wichtiger Teil unserer Strategie“

Der CEO von GE Healthcare zu Akquisitionsplänen, Margenziel und künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Der Medizintechnikkonzern GE Healthcare setzt in seiner Geschäftsstrategie explizit auf Akquisitionen. Dabei gehe es weniger um die ganz großen Deals, sondern um die Erweiterung des Ökosystems durch kleinere Unternehmen und Partnerschaften, sagt CEO Peter Arduini. Ziel sei, die richtigen Komponenten zusammenzufügen, „so dass eins plus eins plus eins mehr als drei ergibt“. Im laufenden Jahr hat das vom Mischkonzern General Electric (GE) abgespaltene Unternehmen mit Imactis für das CT-Geschäft und Caption Health zwei kleinere Übernahmen unter Dach und Fach gebracht. Ein größerer Deal war der Erwerb der auf chirurgische Bildgebung spezialisierten BK Medical für 1,45 Mrd. Dollar, der Dezember 2021, also kurz vor dem Antritt Arduinis, abgeschlossen wurde.

Ultraschall mit künstlicher Intelligenz

Der CEO hebt im Gespräch mit der Börsen-Zeitung den Erwerb von Caption hervor, einem auf künstliche Intelligenz im Gesundheitsweisen spezialisierten früheren Privatunternehmen, dessen Technologie Ultraschalluntersuchungen schneller und einfacher mache. Das vergrößere den Kreis der Anwender, so dass Untersuchungen am Behandlungsort durchgeführt werden können.

„M&A ist ein sehr wichtiger Teil unserer Strategie“, betont Arduini. „Ich spreche jede Woche mit unseren M&A-Team.“ Ein Unternehmen wie GE Healthcare habe viele Chancen für Übernahmen. Fortlaufend würden 30, 40 oder 50 Unternehmen beobachtet. Auf diese Weise behalte man den Puls am Markt. Finanziell sieht Arduini den Konzern gerüstet für Akquisitionen. Der Cashflow sei gut, der Leverage niedrig. Aktuell beläuft sich die Nettoverschuldung auf das 2,4-Fache des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Die Ratingagenturen S&P und Fitch bewerten den Konzern mit "BBB", Moody’s mit "Baa2" – bei jeweils stabilem Ausblick.

Vier Segmente

GE Health agiert in den vier Segmenten Bildgebung, Ultraschall, Lösungen für Patientenbetreuung und pharmazeutische Diagnostik. Der Konzern beschäftigt 50.000 Mitarbeiter, der Jahresumsatz bewegt sich bei 18 Mrd. Dollar. Der Konkurrent von Siemens Healthineers und Philips baut Computer- und Magnetresonanztomografen, Ultraschall- und Röntgengeräte, deckt diagnostische und invasive Kardiologie sowie Intensivbeatmung ab und verkauft Kontrastmittel sowie Healthcare-IT.

Künstliche Intelligenz (AI) stelle eine „signifikante Transformation“ für das Gesundheitswesen dar, ist Arduini überzeugt. Denn sie schaffe die Möglichkeit, frühzeitig mehr qualifizierte Informationen zu erhalten. Heute werde AI eingesetzt, um den Workflow zu verändern und die Qualität zu steigern. Das sei die erste Stufe: „In Zukunft wird es um viel mehr gehen.“ Der CEO verdeutlicht seine Einschätzung am Beispiel Ultraschall: „Man muss über Jahre trainieren, um gut darin zu sein. Mit AI kann das Auge Ultraschall in wenigen Stunden lernen.“ Das bedeute: Durch eine Untersuchung mit Ultraschall im Hause des Patienten könnten Anzeichen für Erkrankungen wie Herzinsuffizienz viel früher festgestellt werden.

Skepsis unter Ärzten und Patienten

GE Healthcare verfüge heute über mehr als 40 von den Regulatoren genehmigte Anwendungen, in denen künstliche Intelligenz eingebettet ist: „Wir sind hier also führend.“ Laut einer Studie von GE Health glaubt die Mehrheit der befragten Ärzte, dass AI die klinische Entscheidungsfindung unterstützen kann, schnellere Behandlungen ermöglicht und die Betriebseffizienz verbessert. Aber in medizinischen Umgebungen dominieren noch Vorbehalte: So gaben nur 42% der Ärzte an, dass sie AI-Daten vertrauen. Auch sei bei Patienten und Ärzten das Vertrauen in neue Versorgungsmodelle gering, etwa eine klinische Versorgung außerhalb der herkömmlichen Umgebung oder Untersuchungen durch andere medizinische Fachkräfte.

„Schnellere und bessere Ergebnisse werden Vertrauen schaffen“, glaubt Arduini, der seit Anfang 2022 an der Managementspitze steht. „Das ist Teil der Reise.“ Bis ein Computer die Diagnose stellt, brauche es allerdings sehr viel Vertrauen in AI. „Das wird erst in einem späteren Stadium der Fall sein. Aber es gibt viele Dinge, die man vorher tun kann, um das System effektiver zu machen“, sagt er.

Börsenwert bei 32 Mrd. Dollar

Zufrieden zeigt sich der Konzernchef mit der Börsenperformance seit dem Spin-off Anfang Januar 2023, obwohl der Aktienkurs in den vergangenen Wochen abgerutscht ist. Ein Kursanstieg von 20 oder 25% sei immer noch eine starke Entwicklung. Der Bewertungsvergleich mit direkten Wettbewerbern und der bereiteren Medtechbranche deute auf signifikantes Upside-Potenzial hin, glaubt Arduini. Der Börsenwert steht aktuell bei 32 Mrd. Dollar. „Wir verfügen über einige neue Technologien in Monitoring, Bildgebung oder Ultraschall, die uns helfen werden, Wachstum und Fortschritte in der Profitabilität zu generieren“, ist der CEO überzeugt. Die Fähigkeiten in der Digitalisierung würden das Unternehmen von Wettbewerbern abheben: „Wenn wir mehr als digitale Health-Firma gesehen werden, bringt das mit der Zeit mehr Value.“

Das Wachstum will der Konzern auf einen mittleren einstelligen Prozentsatz beschleunigen. Im abgelaufenen Quartal habe man bereits ein Ausrufezeichen gesetzt, sagt Arduini. Denn der Umsatz legte organisch um 9% zu, so dass der Konzern die Jahresguidance für die Erlössteigerung um einen Prozentpunkt auf 6 bis 8% angehoben hat.

Neue Aktionäre

Die 2023er Marge vor Zinsen und Steuern siedelt GE Health bei 15 bis 15,5% an, das Mittelfristziel liegt im hohen Zehnerbereich bis 20%. Den Zielwert will der CEO durch Verbesserungen bei Verkaufspreisen, Produktion und Beschaffung, Kosteneinsparungen in IT und Services sowie eine veränderte Kapitalallokation, also den Ausbau margenstarker Geschäfte, schaffen: „Das sind die drei Ansatzpunkte, die uns zuversichtlich stimmen, mittelfristig eine Ebit-Range von 17 bis 20% zu erreichen.“ Zu den margenstarken Segmenten gehören Ultraschall mit 22,8% Umsatzrendite im zweiten Quartal und pharmazeutische Diagnostik mit 26,8%.

In den acht Monaten seit der Abspaltung sei GE Healthcare gut vorangekommen mit Blick auf operative, finanzielle und kulturelle Ziele, sagt Arduini. Dem Board gehörten jetzt viele Fachleute an, die ein sehr tiefes Verständnis von Healthcare hätten. Das ermögliche es, schneller zu agieren. Auch finanziell habe man mehr Freiräume, denn im GE-Konzern sei Healthcare in den letzten Jahren „mehr ein Geber als ein Nehmer“ gewesen. Fonds wie Fidelity, Staatsfonds und Healthcare-Investoren seien als Aktionäre hinzugekommen, während Industrieinvestoren Anteile abgebaut haben. Die Ex-Mutter GE hält laut Bloomberg-Daten noch 13,5%. Nach dem Spin-off waren es zunächst 19,9%. Nun ist es Arduini wichtig, mehr längerfristig orientierte Healthcare-Aktionäre in Europa zu gewinnen.

Acht Monate nach der Abspaltung von General Electric zeigt sich der Chef von GE Healthcare, Peter Arduini, zufrieden mit bisherigen Entwicklung. Digitalisierung und künstliche Intelligenz will der CEO nutzen, um das Wachstum zu beschleunigen. Eine zentrale Rolle in der Geschäftsstrategie spielen Akquisitionen.

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