Jahresabschluss

KPMG lehnt Adler-Prüfung abermals ab

Die quälend lange Prüfersuche geht weiter: Trotz gerichtlicher Bestellung lehnt KPMG es ab, die Adler-Bilanz zu prüfen. Fortschritt gibt es bei der Umsetzung des mit Bondholdern vereinbarten Rettungspakets.

KPMG lehnt Adler-Prüfung abermals ab

hek Frankfurt – Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG AG lehnt die gerichtliche Bestellung zum Abschlussprüfer des Immobilienunternehmens Adler Real Estate ab. Damit ist die Hoffnung der krisengeschüttelten Gruppe zerstoben, mit Unterstützung des Amtsgerichts Berlin Charlottenburg einen Prüfer zu finden. Für Adler ist die Absage ein weiterer Rückschlag. Denn ein geprüfter Jahresabschluss zählt zu den Bedingungen für die Anleihen in Milliardenhöhe.

Hintergrund der Absage ist das Zerwürfnis zwischen Adler und KPMG. Die Prüfungsgesellschaft hatte Adler das Testat für den Jahresabschluss 2021 mit Verweis auf fehlende Informationen verweigert und im vergangenen Mai die Weiterführung des Mandats abgelehnt. Andere größere Wirtschaftsprüfer winkten ebenfalls ab. Sowohl die Ausschreibung des Mandats im Sommer als auch die Direktansprache einzelner Gesellschaften blieben erfolglos.

Der Kandidatenkreis ist überschaubar, weil einige Gesellschaften, etwa PwC, als Berater für Adler arbeiten und daher für die Abschlussprüfung ausscheiden. Ohnehin kommen laut Adler aufgrund der Komplexität des Unternehmens nur große Prüfungsgesellschaften in Frage.

KPMG nennt keine Gründe für ihre Absage. In einer Stellungnahme heißt es lediglich, nach eingehender Würdigung des Beschlusses des Amtsgerichts Charlottenburg sowie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände sei man zu dem Ergebnis gelangt, dieses Mandat nicht anzunehmen. In informierten Kreisen ist die Einschätzung zu hören, dass Kapazitätsgründe nicht ausschlaggebend gewesen seien für die Ablehnung, sondern das zerrüttete Vertrauensverhältnis.

Mit der Einschaltung des Amtsgerichts hatte Adler die Hoffnung verbunden, dass der auf diesem Weg bestellte Prüfer auch den in Luxemburg ansässigen Mutterkonzern prüft, wo es das Konstrukt einer gerichtlichen Bestellung nicht gibt.

Auf einem anderen Feld gibt es dagegen Fortschritte: Adler Group hat sich nämlich mit Bondholdern auf einen alternativen Weg zur Durchsetzung neuer Anleihebedingungen verständigt. Vorgesehen ist nun eine Restrukturierung nach englischem Recht (Scheme of Arrangement). Dafür werden die Anleihen auf eine neue Gesellschaft namens AGPS BondCo plc verlagert. Die neu eingesetzte Emittentin werde dann eine englische Restrukturierung einleiten, teilt Adler weiter mit.

Neue Emittentin

Adler Group hatte sich mit einer Kerngruppe von Bondholdern geeinigt, Fälligkeiten und Zinszahlungen bis Mitte 2025 zu prolongieren. Zudem soll der Konzern bis zu 937,5 Mill. Euro neues Fremdkapital erhalten, für das trotz Besicherung eine hohe endfällige Verzinsung von 12,5% im Jahr zu zahlen ist. Bei den Adler-Group-Bonds steigt der Zins um 2,75 Prozentpunkte. Zudem erfolgt eine anteilige Besicherung.

Die Bonds haben ein Volumen von 3,2 Mrd. Euro. Für die Veröffentlichung eines geprüften Jahresabschlusses für 2022 erhält Adler Zeit bis Ende 2023, acht Monate mehr als bisher. Fünf der sechs Gläubigerversammlungen akzeptierten den Plan, bei einer wurde aber die notwendige Zustimmung von 75% der abgegebenen Stimmen verfehlt. Damit war die gesamte Vereinbarung hinfällig.

Nun stehe eine „ausreichende Mehrheit der Anleihegläubiger“ hinter dem Plan, das englische Recht zu nutzen, nach dem die formalen Hürden für eine Restrukturierung weniger hoch sind, so dass auch die Gläubigergruppe, die die Vereinbarungen ablehnt, unter das Rettungspaket fällt.

Die Änderungen der Anleihebedingungen sollen laut Adler im April 2023 wirksam werden. „Nach den konstruktiven Gesprächen mit den Anleihegläubigern sehen wir dem Abschluss der Transaktion freudig entgegen“, sagt CEO Thierry Beaudemoulin.

Die Wahl des englischen Rechts begründet Adler mit der höheren Transaktionssicherheit. Es handele sich um ein häufig praktiziertes Verfahren. Das deutsche Gesetz für vorinsolvenzliche Sanierungen (StaRUG) sei für große Unternehmen noch weitgehend unbegangenes Gelände. Zudem sitzen viele Bondholder in Großbritannien und kennen infolgedessen das englische Recht besser.

Die quälend lange Prüfersuche gilt als beispiellos in der Historie. Zugleich offenbart sie eine Regulierungslücke: Das Handelsgesetzbuch schreibt zwar vor, dass Kapitalgesellschaften ihren Abschluss prüfen lassen müssen, aber ein Prüfer kann nicht verpflichtet werden, diese Aufgabe auch zu übernehmen.

Zum Zerwürfnis zwischen Adler und der als Netzwerk organisierten KPMG war es im vergangenen Frühjahr im Zuge der Sonderprüfung und der Prüfung des 2021er-Abschlusses gekommen. Die Prüfer waren verärgert, weil Adler Informationen zu Transaktionen der Gruppe zurückgehalten habe, und versagten dem 2021er-Abschluss ihr Testat. Zum Eklat kam es, als Adler Group im Mai zunächst angekündigte, KPMG Luxembourg abermals als Abschlussprüfer vorzuschlagen, aber wenige Stunden später zurückrudern musste, weil KPMG die Weiterführung des Mandats ablehnte. Von der Absage wurde Adler kalt erwischt. Die Prüfer hatten das Unternehmen offensichtlich nicht vorab informiert.

Bei Brack weiter an Bord

Bereits bei der Sonderprüfung zu den Anschuldigungen von Viceroy Research des britischen Shortsellers Fraser Perring fühlten sich die Forensiker von KPMG ausgebremst, weil sie einige hunderttausende E-Mails nicht einsehen konnten. Adler-Verwaltungsratschef Stefan Kirsten wiederum hatte offen sein Missfallen über Ablauf und Ergebnis der Sonderprüfung artikuliert.

Die Sonderprüfung sei zeitlich ausgeufert, was die fristgerechte Veröffentlichung des geprüften Jahresabschlusses 2021 gefährdet habe. KPMG Forensic habe sechs Monate gebraucht, um viele kleine Details auszugraben, aber kein umfassendes Bild geliefert. Als „hanebüchen“ bezeichnete Kirsten Aussagen im Sonderprüfungsbericht zu den Projektentwicklungen und zog die Kompetenz der Prüfer von KPMG Forensic für diesen Bereich in Zweifel.

Vollständig abgerissen ist die Geschäftsbeziehung aber nicht: KPMG in Tel Aviv prüft nämlich nach wie vor die in den Niederlanden ansässige und in Israel börsennotierte Brack Capital Properties (BCP). Brack, eine Tochter von Adler Real Estate, verkörpert einen signifikanten Teil des Geschäfts der Adler-Gruppe.

BCP sollte eigentlich an LEG Immobilien veräußert werden, aber der Konkurrent verzichtete auf die Kaufoption. LEG hält 35,7% an Brack, Adler Real Estate 63%.

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