Vorstandswechsel

Luxuskonzerns Kering setzt für Comeback auf modebewussten Automanager

Luca de Meo wird zum 15. September Vorstandsvorsitzender beim strauchelnden Luxusgüterkonzern Kering. Der bisherige Renault-Chef hat ein Faible für teure Uhren – und ein Gespür für Markenführung.

Luxuskonzerns Kering setzt für Comeback auf modebewussten Automanager

Kering setzt für Comeback auf modebewussten Automanager

Luca de Meo wird am 15. September Vorstandsvorsitzender

Bloomberg Paris

Während er den französischen Autobauer Renault sanierte, pflegte Vorstandschef Luca de Meo ein Hobby, das gut zu seiner neuen Rolle als CEO des Luxuskonzerns Kering  passt: eine Vorliebe für hochwertige Konsumgüter, insbesondere Schweizer Uhren. „Markenführung und Marketing sind seine Stärken, was gut zur Luxusbranche passt – für die er offenbar eine Leidenschaft hat“, schrieb Analyst Luca Solca von Bernstein. Er erinnert sich an ein Gespräch über edle Zeitmesser mit De Meo bei einer Renault-Veranstaltung vor drei Jahren.

Ab dem 15. September soll de Meo nun die Geschicke bei Kering lenken, dem Konzern hinter Luxusmarken wie Gucci, Yves Saint Laurent und Balenciaga. Das Unternehmen, das seit mehr als zwei Jahrzehnten von Mehrheitseigentümer François-Henri Pinault geführt wird, steht unter Druck: Die Nachfrage aus China schwächelt, zudem drohen höhere US-Zölle. Vor allem die Kernmarke Gucci enttäuschte zuletzt. Im August 2021 hatte die Aktie ein Hoch von knapp 800 Euro erreicht – zuletzt stand sie bei rund 200 Euro.

Problemfall Gucci

Das Unternehmen hinkt Wettbewerbern wie LVMH und Hermès International hinterher. Mehrere Versuche, die Marke Gucci durch neue Designer zu revitalisieren, blieben bislang erfolglos. Auch die Führungsetagen bei Marken wie Gucci und Yves Saint Laurent wurden zuletzt neu besetzt.

Zwar verfügt De Meo über keine direkte Erfahrung in der Mode- oder Konsumgüterbranche – er war bislang ausschließlich in der Automobilindustrie tätig –, dennoch setzen Branchenbeobachter auf sein ausgeprägtes Gespür für Kundenbedürfnisse und seine Detailgenauigkeit, die er bei Renault unter Beweis gestellt hat.

Glücksfall für Renault

De Meo übernahm Renault vor rund fünf Jahren in einer schwierigen Phase und führte das Unternehmen trotz großer Herausforderungen wie der Umstellung auf Elektromobilität, zunehmenden Handelskonflikten und dem Aufstieg chinesischer Wettbewerber zurück in die Gewinnzone und auf einen Wachstumskurs.

Bei Kering ist viel zu tun

„De Meo steht vor einer gewaltigen Aufgabe“, erläuterte Bernstein-Analyst Solca. „Sollte er lediglich bestehende Maßnahmen fortführen, dürfte die anfängliche Euphorie rasch verfliegen. Bringt er hingegen eine klare Vision mit, könnte sich die Lage grundlegend ändern.“

Neben der Aufgabe, Gucci wieder auf Wachstumskurs zu bringen, muss De Meo laut Ariane Hayate, Fondsmanagerin bei Edmond de Rothschild Asset Management, auch das Vertrauen der Belegschaft zurückgewinnen, das durch zahlreiche Führungswechsel erschüttert wurde. Zudem müsse er sich der deutlich gestiegenen Verschuldung des Konzerns annehmen.

Vereinzelte Sorgen von Investoren

Einige Investoren befürchten laut UBS-Analystin Zuzanna Pusz allerdings, dass De Meos mangelnde Erfahrung in der Luxusbranche dazu führen könnte, dass er dem dringend benötigten Umsatzwachstum zu wenig Beachtung schenkt: „Es besteht die Sorge, dass der Fokus eher auf Kostensenkungen liegt.“

Ein Vorteil für De Meo ist laut den Analysten von Morgan Stanley seine Herkunft und Erfahrung: Er ist Italiener, hat aber viele Jahre in Frankreich gearbeitet. Sein neuer Arbeitgeber Kering ist ebenfalls französisch, die wichtigste Marke Gucci wiederum hat italienische Wurzeln. Außerdem verfüge De Meo über eine starke Erfolgsbilanz als Sanierer und genieße in der Automobilbranche hohes Ansehen, stellten die Analysten fest.

Als De Meo im Jahr 2020 die Führung von Renault übernahm, befand sich das Unternehmen in einer tiefen Krise. De Meo habe Renault nach Jahren schwacher Produkte und Finanzergebnisse „Farbe, Energie und Bestleistungen“ zurückgebracht, kommentierte Jefferies-Analyst Philippe Houchois.

Immer gut gekleidet

Während seiner Zeit bei Renault ging De Meo auch Kooperationen mit Modehäusern wie Agnès B. ein. Seine Affinität für Stil zeigte sich zudem in seinem äußeren Erscheinungsbild: maßgeschneiderte Anzüge und stets sorgfältig gefaltete Einstecktücher.

Wie wichtig De Meo Markenbildung nimmt, zeigte sich auf dem Genfer Autosalon im vergangenen Jahr. Während sich fast alle großen Hersteller von Automessen abwandten, trat Renault dort prominent auf – und gewann mit der Präsentation des neuen, nun elektrischen Kultmodells Renault 5 viel Aufmerksamkeit.

„De Meo bringt nicht nur ein tiefes Markenverständnis mit, sondern vermag es auch, Teams neu zu motivieren und neue Wege zu gehen“, sagt Fabrizio Ferraro, Professor für strategisches Management an der IESE Business School. Das sei entscheidend für Kering, da „die klassischen Erfolgsrezepte der Luxusbranche offenbar ausgereizt sind.“