Maschinenbau senkt Prognose
Zum Auftakt der Hannover Messe haben die deutschen Maschinenbauer Wasser in den Wein gegossen und die Erwartungen gedämpft. Der Handelsstreit zwischen den USA und China erschwert das Geschäft der extrem exportorientierten deutschen Schlüsselbranche.ds Hannover – Die deutschen Maschinen- und Anlagenbauer spüren Sand im Getriebe. Zu Beginn der Hannover Messe, der größten Industrieschau der Welt, haben die deutschen Investitionsgüterhersteller ihre Produktionsprognose fürs laufende Jahr von real plus 2 % auf 1 % gesenkt. Nachdem die Produktion 2018 um 2,1 % auf 224 Mrd. Euro zulegte, sollen im laufenden Turnus 229 Mrd. Euro erreicht werden, was faktisch nur Stagnation bedeutet. Vier Fünftel im ExportVor allem der Handelskrieg zwischen den USA und China, den beiden wichtigsten Auslandskunden der Deutschen, lastet auf der mittelständisch geprägten Branche mit ihren rund 6 000 Unternehmen. “Wir sind deutlich von den Irritationen, die in China entstanden sind betroffen”, sagte Carl Martin Welcker, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA), zur Eröffnung der Hannover Messe. “Vor allem wenn wir in China Produkte für den US-Markt fertigen, sind wir eingeschränkt.” Die USA sind mit einem Anteil von 11 % am deutschen Maschinenaußenhandel der wichtigste Exportmarkt, praktisch gleichauf mit China (10,7 %). Mit ihrer Ausfuhrquote von fast 79 % hängt die deutsche Vorzeigebranche, die gemessen an ihren gut einer Million Beschäftigten noch vor der Auto- und Elektroindustrie die größte hierzulande ist, direkt am Tropf des freien Welthandels.Da zugleich die Autoindustrie zu den größten Kunden der Produktionstechnikhersteller gehört, schlagen Probleme dort auch schnell bei den Maschinenbauern durch. Unter der neuen US-Administration ist auch die deutsche Autoindustrie in den Fokus geraten. “Ein 25-prozentiger Strafzoll auf Automobile wegen angeblicher Gefährdung der nationalen Sicherheit in den USA ist schon ein ziemlich schräger Vorgang”, ereiferte sich Welcker. Schwacher StartVor einem Jahr hatten sich die Maschinenbauer für 2018 noch ein reales Produktionsplus von 5 % vorgenommen, doch heraus kamen nur 2,1 % – unter anderem weil in der Hochkonjunktur Fachkräfte fehlten und Material knapp wurde, beispielsweise Kugellager. “Zum Jahresende haben wir etwas an Puste verloren”, räumte Welcker ein. “Und 2019 ist nicht so schön angelaufen, wie wir uns das gewünscht haben. Die konjunkturellen Auftriebskräfte lassen nach.” Zwar puffert die vorhandene Auftragsreichweite von im Schnitt 8,5 Monaten die Produktion in den ersten Monaten des laufenden Jahres noch gut ab. Allerdings ließen die positiven Effekte der US-Unternehmenssteuerreform allmählich nach, und in China rechne man mit einer schwächer werdenden Dynamik. “Über allem schwebt die Gefahr eines sich weiter verstärkenden Handelsstreits zwischen China und den USA”, sagte der VDMA-Präsident.Kritisch äußerte sich Welcker zu der industriepolitischen Stoßrichtung der Bundesregierung unter Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der sich für die Schaffung europäischer Industriechampions starkgemacht hat. “Wir sehen darin keinen marktwirtschaftlichen Ansatz, und das wäre immer unsere erste Präferenz”, sagte der VDMA-Präsident. “Wir haben Probleme, wenn die Politik definiert, was die Menschen kaufen sollen, man sollte lieber die Schwarmintelligenz der Unternehmen nutzen.” Auch einen staatlichen Beteiligungsfonds lehne er ab. “Wir sehen keinen Grund, ausländische Investitionen hier zu verhindern”, sagte Welcker und rät dazu, dass der Staat lieber die Rahmenbedingungen verbessern sollte, etwa ein entschlacktes Steuerrecht sowie weniger Bürokratie. “Dann braucht man auch weniger Förderung für einzelne Anliegen, etwa die Batterieproduktion.”Abermals sprach sich Welcker dagegen aus, Investitionen aus China in die deutsche Wirtschaft reflexhaft zu brandmarken. “Ja, die Chinesen spielen nicht selten faul”, räumte er zwar ein. “Aber für diese faulen Spieler haben wir Spielregeln definiert.” Der Maschinenbau wolle mit den Chinesen “im engen Austausch bleiben” und wolle, dass Deutschland ein offener Markt für chinesische Investitionen sei. “Wo wir sehen, dass die Investitionen nicht marktwirtschaftlichen Regeln folgen, müssen wir eingreifen und Marktverzerrungen bekämpfen.” Aber deswegen sehe man nicht prinzipiell solche Investitionen als kritisch an, sagte Welcker und erklärte mit Blick auf den Maschinenbau: “Investitionen von Chinesen in Deutschland haben in keinem Fall dazu geführt, dass eine Fabrik geschlossen wurde. Es waren langfristige Investitionen, die mit Investitionen und Arbeitsplatzsicherung einhergehen. Was wir mit den Chinesen erlebt haben im Maschinenbau war positiv.”Von der herstellerübergreifenden Vernetzung von Maschinen, für die unter anderem der neue Mobilfunkstandard 5G hilfreich wäre, verspricht sich die Investitionsgüterindustrie große Vorteile. Welcker konzediert, dass China und die USA in der künstlichen Intelligenz deutlich mehr investiert hätten als die EU und kritisiert heftig “die bescheidenen 500 Mill. Euro des Wirtschaftsministers für künstliche Intelligenz”, die zur Förderung der neuen Technik bereitgestellt werden. Einheitliche Sprache wichtigUm bei der Vernetzung der Maschinen global eine einheitliche Maschinensprache zu haben, sprach sich Welcker erneut für den globalen Standard OPC UA aus. Zu fürchten sei, dass China, Japan oder die USA eigene Standards definieren könnten, “und wir haben jedes Interesse daran, das nicht zuzulassen”. OPC UA sei der offenste Ansatz von allen. In den USA sei es denkbar, dass dort der Standard MTConnect zu einer Kommunikationsplattform für Anlagen ausgebaut werde.