KommentarVergleich

Nur ein erster Befreiungsschlag für Philips

Der Vergleich mit Klägern, die Personenschäden geltend machen, ist ein juristischer Befreiungsschlag für Philips. Nun müssen weitere Fortschritte auf der operativen Seite folgen.

Nur ein erster Befreiungsschlag für Philips

Philips

Nur ein erster Befreiungsschlag

Von Helmut Kipp

Kaum etwas hassen Investoren mehr als Unsicherheit. Das zeigt der Fall Philips wieder einmal. Der Rückruf von rund 5,5 Millionen Beatmungsgeräten zur Behandlung von Atemaussetzern im Schlaf und die damit verbundenen juristischen Risiken lasteten lange schwer auf der Aktie. Vor allem die Schadenersatzklagen potenziell geschädigter Patienten waren für Analysten schwer zu greifen. Denn der Kunststoff kann zerfallen und dann möglicherweise krebserregend wirken. Mit dem geplanten Vergleich für Personenschäden scheint Philips nun die juristischen Risiken weitgehend beherrschen zu können. Einzelklagen sind zwar nach wie vor möglich, aber die Hürden seien hoch, versichert der Medtech-Konzern. Philips jedenfalls verbreitet Zuversicht, dass der Fall erledigt ist. Die Vereinbarung kommt früh, und vor allem ist die zu zahlende Summe mit 1,1 Mrd. Dollar niedriger als erwartet. Marktteilnehmer hätten wohl eher mit Kosten von 2 bis 3 Mrd. Dollar gerechnet, meint die US-Bank J.P. Morgan.

Ertragslage ernüchternd

Ob das alles die fulminante Aktienrally von bis zu 47% am Montag rechtfertigt, steht freilich auf einem anderen Blatt, entspricht doch der Kursanstieg in der Spitze einem Zugewinn an Börsenwert von mehr als 8 Mrd. Euro. Man sollte sich nicht allzu viel davon versprechen, dass für Investoren das operative Geschäft wieder in den Vordergrund rückt. Denn die Ertragslage bleibt ernüchternd. Zwar greift das Produktivitätsprogramm, die Halbleiterengpässe sind kein großes Thema mehr und die große Rückrufaktion ist weitestgehend bewältigt. Aber jetzt belasten der gestoppte Verkauf neuer Schlaftherapiegeräte in den USA und die Nachfrageschwäche in China. Die operative Marge von 11% bis 11,5%, die der Konzern 2024 anstrebt, wirkt mickrig im Vergleich zu anderen Medtech-Unternehmen. Auch hinter den eigenen Ansprüchen bleibt Philips zurück. Erinnert sei daran, dass der im Herbst 2020 verkündete Mittelfristplan von Ex-CEO Frans van Houten eine Marge im oberen Zehnerbereich für 2025 vorsah. Bis dahin ist der Weg noch sehr weit. Dem juristischen Befreiungsschlag müssen operative Fortschritte folgen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.