Pharma- und Technologiekonzern überrascht den Markt

Merck verdient deutlich mehr als erwartet

Der Darmstädter Pharma- und Technologiekonzern Merck hat im dritten Quartal operativ deutlich mehr verdient als Analysten erwartet hatten. Die Prognosespannen für das Gesamtjahr wurden eingeengt, was nach Ansicht von Analysten auf eine positive Gewinnüberraschung hindeuten könnte.

Merck verdient deutlich mehr als erwartet

Merck verdient deutlich mehr als erwartet

Kurs zieht um 6 Prozent an – Jahresprognose eingeengt – Vermeidung von US-Zöllen möglich

md Frankfurt

Mit dem Quartalsbericht hat Merck Analysten und Investoren überzeugt. Richard Vosser von JP Morgan sprach von starken Resultaten des Pharma- und Technologiekonzerns. Der Analyst hob besonders die positive Überraschung beim bereinigten operativen Ergebnis (Ebitda) hervor. Zudem impliziere die erneut eingeengte Jahresprognose einen leichten Anstieg der Gewinnerwartung.

Kursziele implizieren Aufwärtspotenzial

Die Segmente Life Science und Healthcare sind mit Quartalsumsätzen von jeweils gut 2,2 Mrd. Euro deutlich größer als der dritte Sektor Electronics (875 Mill. Euro). „Wir haben in allen drei Unternehmensbereichen ein solides organisches Wachstum erzielt“, erklärte Merck-CEO Belén Garijo. Laut Analyst Matthew Weston von UBS haben vor allem Healthcare und Electronics besser abgeschnitten als gedacht. Die Merck-Aktie tendierte in einem schwachen Umfeld im Handelsverlauf mit 122,85 Euro gut 6% fester. JP Morgan rät zum „Übergewichten“ und setzt ein Kursziel von 155 Euro; UBS empfiehlt, Merck-Aktien zu „Kaufen“, und nennt ein Kursziel von 150 Euro.

In der Healthcare-Sparte sorgte unter anderem der Kauf des US-Krebsspezialisten Springworks Therapeutics für 3,4 Mrd. Dollar für Rückenwind. Durch die Übernahme, die im Juli abgeschlossen wurde, baut Merck ein neues Geschäftsfeld für seltene Tumore auf.

Im abgelaufenen Quartal erwirtschaftete Merck trotz starken Gegenwinds durch negative Währungseffekte ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von 1,67 Mrd. Euro; ein Plus von 3,1%. Organisch sei das bereinigte Ebitda um 8,8% gestiegen. Die Konsensschätzung der Analysten hatte bei 1,56 Mrd. Euro gelegen. Der Umsatz legte gemäß der Mitteilung um 1% auf 5,32 Mrd. Euro zu. Das organische Wachstum von 5,2% überkompensierte dabei negative Währungseffekte (–4,9%).

Merck engte die Prognose für das Gesamtjahr ein. Nun wird mit einem Umsatz zwischen 20,8 und 21,4 (i.V. 21,2) Mrd. Euro gerechnet sowie mit einem bereinigten operativen Ergebnis von 6,0 bis 6,2 (6,1) Mrd. Euro. Bislang waren ein Umsatz von 20,5 bis 21,7 Mrd. Euro und ein bereinigtes Ebitda von 5,9 bis 6,3 Mrd. Euro in Aussicht gestellt worden.

Biopharmazie-Investitionen in USA

Merck will mit Investitionen in den USA drohende Zölle umgehen. „Wir verhandeln derzeit noch darüber, wie genau diese Ausnahmen für unser Portfolio gelten werden“, sagte Finanzchefin Helene von Roeder laut Reuters in einer Telefonkonferenz. Die Gespräche sind Teil einer im Oktober getroffenen Vereinbarung mit dem US-Handelsministerium: Demnach sollen pharmazeutische Produkte und Inhaltsstoffe von Zöllen befreit werden, wenn Merck im Gegenzug in die biopharmazeutische Herstellung und Forschung in den USA investiert.

Konkret könnten sich Investitionen aus der geplanten Einführung des Fruchtbarkeitsmedikaments Pergoveris in den USA ergeben.

„Fühlen uns bereits ziemlich amerikanisch“

CFO von Roeder betonte die bereits starke Präsenz des Darmstädter Unternehmens in den USA. „Insgesamt fühlen wir uns bereits ziemlich amerikanisch.“ Im Rahmen der Vereinbarung mit der US-Regierung will Merck die Fruchtbarkeitsbehandlungen berechtigten Patientinnen über Direktvertrieb anbieten und damit zu deutlich reduzierten Preisen. Eine Ausweitung dieses Modells auf andere Bereiche schloss von Roeder jedoch aus. Therapiegebiete wie die Onkologie oder Multiple Sklerose seien dafür zu komplex. Im Life-Science-Geschäft wolle Merck potenzielle Zölle wiederum mit Preiserhöhungen abfedern, bekräftigte die Finanzchefin. "Das ist derzeit unsere Planung." 

Merck ist in den USA mit mehr als 14.000 Beschäftigten an über 70 Standorten vertreten und hat in den vergangenen Jahren bereits mehr als 500 Mill. Euro in den Ausbau von Produktions- und Forschungskapazitäten in den Vereinigten Staaten investiert.

Pharmabranche nach Trump-Ankündigung in Aufruhr

US-Präsident Donald Trump hatte die Pharmabranche im September mit der Ankündigung hoher Zölle von 100% auf importierte Marken- oder patentgeschützte Pharmaprodukte in Aufruhr versetzt, für die es nur eine Ausnahme beim Bau einer Produktionsstätte in den USA geben soll. Er hatte zudem zu Jahresbeginn eine Verordnung unterzeichnet, die die Regierung anweist, den Zugang zur künstlichen Befruchtung zu erweitern und die Kosten für die Behandlung zu senken.