Handel

Neuer Metro-Chef drückt auf die Tube

Der neue Chef des Handelsriesen Metro verliert beim Portfolioumbau keine Zeit. Binnen weniger Wochen verkündet Steffen Greubel den Rückzug aus Japan und Myanmar. Weitere Länder könnten folgen.

Neuer Metro-Chef drückt auf die Tube

Von Annette Becker, Düsseldorf

Erst vier Monate ist es her, dass Steffen Greubel seinen Dienst als Vorstandschef des Großhändlers Metro angetreten hat, und doch lässt sich heute schon sagen, der einstige Würth-Manager gibt beim Umbau Gas. Hatte er Ende Juli angekündigt, das Länderportfolio des Großhandelskonzerns unter die Lupe zu nehmen und auf mögliche Exits abzuklopfen, schreitet Metro nun zur Tat. Binnen weniger Wochen wurde der Rückzug aus Japan und Myanmar bis Ende Oktober bekannt gegeben.

Der Abschied aus den beiden asiatischen Märkten wird das Ergebnis im vierten Quartal des bis Ende September laufenden Geschäftsjahres belasten. Anders als Olaf Koch, der seit 2012 die Geschicke des Handelskonzerns geleitet hatte, kann sich Greubel den kostspieligen Rückzug leisten, ist es doch das Privileg eines neuen Vorstandschefs, im ersten Jahr der Amtsübernahme die Bilanz und das Portfolio zu säubern.

In Summe ist von Einmaleffekten auf das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in einer Größenordnung zwischen 35 und 55 Mill. Euro die Rede, wobei das Gros auf Japan entfällt. In Myanmar werden die Schließungskosten auf lediglich 5 Mill. Euro taxiert. Dabei ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass Metro in dem südostasiatischen Land zuletzt nur 7 Mill. Euro umsetzte. In den dortigen Markt war der Händler 2019 eingetreten – erstmals mit einem reinen Belieferungsmodell.

Umsatzanteil von 6 Prozent

In Nippon betreibt die Metro dagegen zehn stationäre Märkte plus Belieferungsgeschäft. Allerdings ist es in den 20 Jahren, in denen Metro den Markt nun schon beackert, nicht gelungen, eine wettbewerbsfähige Marktposition aufzubauen. Jetzt hat Greubel die Reißleine gezogen, nachdem seine Vorgänger noch zahlreiche Versuche unternommen hatten, das Geschäft etwa über die Anpassung von Marktformaten oder die Ausweitung des Belieferungsgeschäfts neu zu positionieren.

Japan ist beispielgebend für Metros Asiengeschäft, das nach dem Rückzug aus China im vorigen Jahr nur noch aus den Landesgesellschaften in Indien, Japan, Myanmar und Pakistan sowie dem separat laufenden Premium-Lebensmittellieferanten Classic Fine Foods besteht. Vietnam hatten die Düsseldorfer dagegen schon 2016 den Rücken gekehrt. Von daher ist es vermutlich keine allzu gewagte These, dass demnächst auch in Indien und Pakistan der Exit bevorsteht. Ohne China hatte es Metro in Asien im Geschäftsjahr 2019/20 auf einen Umsatz von 1,5 Mrd. Euro gebracht, entsprechend einem Umsatzanteil von knapp 6%. Geld verdiente Metro damit nicht.

Allein in Japan hatte Metro im abgelaufenen Turnus einen operativen Verlust von 5 Mill. Euro eingefahren bei einem Umsatz von etwa 250 Mill. Euro. Noch schwerer wiegt freilich, dass Metro bis zuletzt in Nippon Geld verbrannte. Der Free Cash-flow belief sich auf –15 Mill. Euro. Entsprechend wird sich die Portfoliobereinigung positiv auf den Cash-flow und das bereinigte Ebitda auswirken. Hinzu kommt, dass Metro sechs der zehn Standorte ihr Eigentum nennt und davon ausgeht, beim Verkauf der Immobilien einen Buchgewinn zu realisieren, der über den mit dem Marktaustritt in Verbindung stehenden Cash-Abflüssen liegt.

Expansion in Trippelschritten

Den Rückzug aus China dem größten Einzelmarkt, in dem die Düsseldorfer einst 97 Märkte betrieben, hatte Metro dagegen schon 2019 eingeleitet. Der Abschied aus der Volksrepublik folgte allerdings aus anderen Gründen, kauften in China doch vornehmlich Privatleute – auf sie entfiel ein Kundenanteil von 70% – in den Märkten ein, eine Klientel also, die Metro seit der Rückbesinnung auf den Großhandel nicht mehr bedienen will. Vielmehr legen die Düsseldorfer ihren Schwerpunkt auf Kunden aus Gastronomie, Hotellerie und Catering (HoReCa).

Komplettiert ist der Rückzug aus China jedoch noch nicht ganz, sind die Düsseldorfer doch weiterhin mit einem Fünftel an dem mit dem chinesischen Einzelhändler Wumei ge­führten Joint Venture beteiligt.

Immerhin gelang der Einstieg in den Ausstieg in China zu einem günstigen Zeitpunkt, wurde die Transaktion doch im April 2020 auf dem Höhepunkt des ersten europaweiten Lockdowns abgeschlossen und be­scherte Metro einen Mittelzufluss von 1,5 Mrd. Euro. Der war höchstwillkommen, hat die Ausrichtung auf die HoReCa-Kunden die Metro in der Pandemie doch besonders verwundbar gemacht.

Doch Greubel kehrt nicht nur mit dem eisernen Besen durchs Portfolio, vielmehr setzt er den Kurs seines Vorgängers mit gezielten Arrondierungskäufen fort. So hat Metro jüngst in Österreich 125 Mill. Euro an Umsatz dazugekauft, nachdem im Vorjahr kleinere Akquisitionen in Portugal, Spanien und Frankreich getätigt wurden. Portfolioarbeiten allein werden jedoch nicht reichen, um Metro wieder in die Spur zu setzen. Darüber geben allein die Margen Aufschluss, die in den Segmenten erwirtschaftet werden (siehe Grafik). In den Fokus rückt dabei der Heimatmarkt Deutschland.

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