Pistorius bestätigt möglichen Staatseinstieg bei Rüstungskonzern KNDS
Pistorius bestätigt möglichen KNDS-Staatseinstieg
Sperrminorität beim Panzerbauer im Interesse Deutschlands – Unklarheiten bei Flugzeugprojekt
Reuters/cru Frankfurt
Deutschland erwägt einen Staatseinstieg beim deutsch-französischen Panzerproduzenten KNDS. „Wir ziehen das in Erwägung“, bestätigte Verteidigungsminister Boris Pistorius am Donnerstagabend bei einem Treffen mit seinem französischen Kollegen Sebastien Lecornu in Osnabrück entsprechende Informationen der „Börsen-Zeitung“. Er sehe, was sich bei den Eigentümerfamilien und anderen tue. „Wir arbeiten daran. Wir erwägen es, aber wir haben noch keine Entscheidung getroffen.“
Wie die Börsen-Zeitung aus Kreisen des Konzerns und der ehemaligen Bundesregierung erfahren hatte, wollen sich die Eigentümerfamilien Bode und Braunbehrens schrittweise aus dem Unternehmen zurückziehen und ihre Aktien verkaufen. Deshalb bereitet sich die Bundesregierung auf die Notwendigkeit eines Einstiegs mit einer Sperrminorität vor, wie mit der Sache vertraute Personen berichteten. Der Wert von KNDS wird dabei auf rund 20 Mrd. Euro geschätzt.
Deutsch-französische Balance
Der Konzern mit Sitz in Amsterdam, der unter anderem den Kampfpanzer „Leopard 2“ produziert, der in vielen Armeen eingesetzt wird, war 2015 aus dem Zusammenschluss von Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und der französischen Nexter entstanden. Die Wegmann-Unternehmens-Holding, die den Familien Bode und Braunbehrens gehört, hält aktuell 50% der KNDS-Anteile, die staatliche französische Beteiligungsholding APE die anderen 50%.
Dem aktuell erwogenen Planspiel zufolge würden der französische Staat und Wegmann bei dem avisierten Börsengang von KNDS, der noch in diesem Jahr stattfinden könnte, jeweils 12,5% der bestehenden Aktien an neue Investoren abgeben. Darüber hinaus könnte die Bundesregierung von Wegmann eine Sperrminorität von 25,1% erwerben.
Der Einstieg der Bundesregierung wird erwogen, weil der Rückzug der Familien bei KNDS das deutsch-französische Machtgefüge aus der Balance bringen würde. Denn wer bei dem Panzerbauer das Sagen hat, bestimmt auch darüber, wo in Zeiten dreistelliger jährlicher Milliardenausgaben für Rüstung neue Jobs geschaffen werden und Investitionen erfolgen. Als dringend gilt der Einstieg des Bundes auch, weil eigentlich Deutschland die Federführung bei der Entwicklung des neuen europäischen Kampfpanzers (MGCS) haben soll. Im Gegenzug dafür erhielt Frankreich die Führung für das neue europäische Kampfflugzeug.
Unklarheiten beim Kampfflugzeug
Beim Kampfflugzeugprojekt FCAS gebe es Unklarheiten und Differenzen, räumten beide Minister nun ein. Das sei aber normal bei einem solchen Projekt mit verschiedenen Phasen, sagte Pistorius. „Daher wollen wir bis zum Ende des Jahres auch Klarheit schaffen bei FCAS. Über die Hürden wird zu reden sein.“ Lecornu sagte, man werde Bundeskanzler Friedrich Merz und Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron Vorschläge vorlegen. Für Ende August sind deutsch-französische Regierungskonsultationen ins Auge gefasst. Zuletzt hatte es Verärgerung auf der deutschen Seite gegeben, da Frankreich angeblich einen Arbeitsanteil am Projekt von 80 Prozent beanspruche.
Mehr Tempo bei neuem Modell
Nach den bisherigen Vereinbarungen sollen Frankreich, Deutschland und Spanien zu je einem Drittel an der Entwicklung des Nachfolgers des deutschen Eurofighters und der französischen Rafale sowie mehrerer zugehöriger Waffensysteme beteiligt werden, der 2040 auf den Markt kommen soll. Damit wollen sich die Europäer unabhängiger von den USA machen.
Die Minister haben auch ein Werk des Rüstungskonzerns Rheinmetall besucht, der ebenfalls am „Leopard“ beteiligt ist. Rheinmetall-Chef Armin Papperger hat sich für mehr Tempo beim deutsch-französischen Panzerprojekt MGCS ausgesprochen. „Wir wollen im Main Ground Combat System gemeinsam schneller werden. Das will die Politik, aber auch die Industrie“, sagte Papperger im niedersächsischen Unterlüß.
Was der Panzer können soll
Gemeinsam mit den Partnerfirmen Thales und KNDS soll in den kommenden Monaten ein Produktionskonzept erarbeitet werden – als nächster Schritt auf dem Weg zum Prototyp, so Papperger. Der französische Verteidigungsminister Lecornu habe sich vor Ort besonders für neue Technologien interessiert, etwa zur Konnektivität und zu unbemanntem Fahren. „Ich bin der festen Überzeugung, das wird nicht der letzte Besuch vom französischen Verteidigungsminister hier gewesen sein“, sagte Papperger.
Modulares System
Das Projekt MGCS soll nach Angaben der Bundeswehr den Kampfpanzer Leopard 2 ablösen. Geplant ist ein modulares System mit identischer Fahrzeugwanne, stärkerer Hauptwaffe, unbemanntem Turm und modernen Schutzsystemen gegen Drohnen. Politisch spüre er Rückhalt, sagte Papperger. „Ich bin sehr zufrieden mit unserem Verteidigungsminister, und ich bin auch sehr zufrieden mit dem, was der Kanzler im Augenblick macht.“