Acciaerie d`Italia

Rom stellt Riesen-Stahlwerk unter staatliche Zwangsverwaltung

Die italienische Regierung hat den zu 62% von Arcelor Mittal kontrollierten Stahlkonzern Acciaerie d`Italia unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt und einen Sonderkommissar ernannt.

Rom stellt Riesen-Stahlwerk unter staatliche Zwangsverwaltung

Rom stellt Riesen-Stahlwerk unter staatliche Zwangsverwaltung

„Erhalt sichern" – Mehrheitsaktionär ArcelorMittal protestiert

bl Mailand

Die italienische Regierung hat das zu 62% vom indischen ArcelorMittal-Konzern kontrollierte Stahlunternehmen Acciaerie d`Italia (ADI), zu dem Europas größtes Stahlwerk im süditalienischen Taranto gehört, unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt und mit Giancarlo Quaranta einen Sonderkommissar eingesetzt. Die Regierung will einen Flächenbrand verhindern und das Fortbestehen des Unternehmens sichern. Es geht um den Erhalt von 10.500 Arbeitsplätzen, davon 8.200 in Taranto, sowie vieler Zulieferunternehmen.

ADI, die de facto zahlungsunfähig ist, soll einen staatlichen Überbrückungskredit von 320 Mill. Euro "zu Marktbedingungen" erhalten, um Rechnungen bezahlen zu können. Weitere 5 Mrd. Euro sollen in den nächsten Jahren für eine Umrüstung auf eine klimafreundliche Produktion investiert werden, etwa die Hälfte davon aus EU-Programmen.

Der Streit zwischen diversen Regierungen und ArcelorMittal, die 2018 bei ADI eingestiegen war, zieht sich schon über Jahre hin. ArcelorMittal betrachtet die Zwangsverwaltung, die gerichtlich genehmigt werden muss, als Verstoß gegen bestehende Vereinbarungen. Man sei "enttäuscht und überrascht". Es seien 2 Mrd. Euro in das Unternehmen investiert worden, um umweltpolitische Auflagen zu erfüllen und das Werk zu modernisieren.

ArcelorMittal will schon länger aussteigen und verlangt dafür angeblich 200 Mill. bis 350 Mill. Euro. Dem Konzern war beim Einstieg versprochen worden, für Schäden der Vergangenheit nicht haften zu müssen – ein Versprechen, das die Populisten-Regierung aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung, die 2018 an die Macht kam, rückgängig machte.

Zu ADI gehören auch Fabriken in Genua und Novi Ligure (Piemont). Der Konzern war in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts auch aus strukturpolitischen Gründen in Süditalien errichtet worden. Die Steuerzahler hat dieses Abenteuer nach Schätzungen bis zu 20 Mrd. Euro gekostet und tausende von schweren Erkrankungen und Todesfälle verursacht. 1995 wurde die frühere Ilva privatisiert, 2015 kam es zu einer ersten staatlichen Zwangsverwaltung. Mit einer Jahresproduktion von 3 Mill. Tonnen ist die Kapazität nur zu einem Drittel ausgelastet.

Die Regierung sucht private Investoren. Als Interessenten werden die ukrainische Metinvest, die indische Vulcan Green Steel und die italienische Arvedi genannt.

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