Nach Gewinnwarnung

Salzgitter will bald Beschluss zu HKM

Der Stahlkonzern Salzgitter will bald eine Entscheidung über die Zukunft der HKM-Beteiligung erreichen. Diese könnte im schwierigen Geschäftsjahr 2025 zusätzlich belasten.

Salzgitter will bald Beschluss zu HKM

Salzgitter erwartet Beschluss zu HKM

Lösung bei Joint Venture im dritten Quartal angestrebt – Stahlsparten defizitär

ste Hamburg

Nach dem im Februar gescheiterten Verkauf der Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM) erwartet der zweitgrößte Gesellschafter Salzgitter noch im Verlauf des dritten Quartals eine Entscheidung über die Beteiligung. Vorstandschef Gunnar Groebler sagte laut Reuters in einer Analystenkonferenz anlässlich der Vorlage des Halbjahresberichts, man stehe im engen Kontakt mit den anderen Eigentümern Thyssenkrupp Steel Europe sowie dem französischen Röhrenhersteller Vallourec. Es gebe mehrere Optionen, auch eine Schließung von HKM. Die Kosten dafür beliefen sich auf einen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag.

Bei der Präsentation der Geschäftsjahresbilanz 2024 im März hatte der Salzgitter-Chef erklärt, man beziehe von dem Duisburger Hüttenwerk „eine nicht unerhebliche Menge“. Wenn HKM geschlossen werden solle, müsse geklärt werden, wo das bezogene Material in Zukunft herkommen solle. Groebler schloss aus, dass Salzgitter HKM allein betreiben werde. Den 30%-Anteil an dem Joint Venture hatten die Niedersachsen bereits auf Null abgeschrieben. Im April folgte die Ankündigung durch die mit 50% beteiligte Thyssenkrupp Steel, den Liefervertrag mit HKM zu kündigen. Spätestens 2032 endet die Verpflichtung zur Abnahme von zuletzt 2,5 Millionen Tonnen Stahl pro Jahr. Vallourec, mit 20% beteiligt, bezieht einer 2021 getroffenen Entscheidung zufolge noch bis Ende 2028 Stahl von HKM. Bei HKM sind bei einer Schließung rund 3.000 Arbeitsplätze bedroht.

Schwierige Lage im Kerngeschäft

Sinkende Erlöse in den stahlproduzierenden und stahlnahen Geschäften sowie die Entkonsolidierung der Tochter Mannesmann Stainless Tubes nach dem letztjährigen Verkauf des Herstellers von nahtlosen Edelstahl- und Nickelbasisrohren an die italienische Cogne Acciai Speciali ließen den Umsatz von Salzgitter im ersten Halbjahr um 11% auf 4,66 Mrd. Euro sinken. Allein im zweiten Quartal schrumpften die Erlöse um 9% auf 2,34 Mrd. Euro. Vor Steuern landeten die Segmente Stahlerzeugung und Stahlverarbeitung im ersten Halbjahr mit -56 (-22) Mill. Euro in der Verlustzone, während der Bereich Handel mit 11 (-1) Mill. Euro sowie die Sparte Technologie mit 55 (53) Mill. Euro schwarze Zahlen schrieben.

Die Halbjahresergebnisse in den Bereichen Stahlerzeugung, Stahlverarbeitung und Handel seien unbefriedigend und „in dieser Form langfristig nicht tragbar“, sagte Salzgitter-Finanzchefin Birgit Potrafki. Sie verwies auf bereits sichtbare Resultate interner Maßnahmen zur Ergebnisverbesserung und Liquiditätssicherung. Im Rahmen des ausgeweiteten Ergebnisverbesserungsprogramms, das ein Sparziel von 500 Mill. Euro bis 2028 vorsieht, belief sich der Ergebniseffekt im ersten Halbjahr laut Potrafki auf 48 Mill. Euro. Den „Zieleffekt“ für 2025 gibt Salzgitter mit 97 (i.V. 65) Mill. Euro an. Durch Maßnahmen zur Liquiditätssicherung habe sich die Nettofinanzverschuldung mit -788 (-681) Mill. Euro deutlich besser entwickelt als erwartet, sagte die Finanzchefin weiter. Trotz Rekordinvestitionen in den Umbau des Konzerns in Richtung klimafreundlicher Stahlherstellung rechne man damit, am Jahresende „spürbar“ unter dem im ersten Quartal prognositizierten Niveau von 1,5 Mrd. Euro zu bleiben.

Aktie sinkt

Die Aktie des SDax-Unternehmens, das bereits am 17. Juli über Eckzahlen des ersten Halbjahres informiert und Finanzziele für 2025 reduziert hatte, gab am Montag in der Spitze um gut 5% auf 22,20 Euro nach.

Auch in der zweiten Jahreshälfte erwarte man noch keine spürbare Markterholung, hatte Salzgitter die jüngste Gewinnwarnung begründet. Bei der US-Investmentbank Jefferies gehen Analysten davon aus, dass die Stahlpreise in der EU ihre Talsohle im dritten Quartal erreichen werden, auch wenn Unsicherheiten durch Konjunktur und Handelsstreit andauerten. Mittelfristig bestehe infolge möglicher EU-Maßnahmen zum Schutz der Stahlbranche, eines potenziellen Friedensszenarios im Russland-Ukraine-Krieg sowie in Anbetracht der Investitionen Deutschlands in die Infrastruktur Aufwärtspotenzial. Jefferies rät bei einem Kursziel von 26 Euro zum Halten der Salzgitter-Aktie. Auch die DZ Bank, die bei einem von 21,50 auf 23 Euro erhöhten Kursziel ebenfalls eine neutrale Position einnimmt, verwies auf strukturelle Unterstützung durch politische Maßnahmen, die aber erst 2026 wirksam werden könne. Die anstehende Entscheidung zu HKM stelle ein „Ereignisrisiko für Cashflow und Nettoverschuldung“ dar.

Bewertungen belasten

Für das erste Halbjahr weist der Stahlkonzern – wie bereits vor gut drei Wochen auf Basis vorläufiger Daten verkündet – neben einem auf 116,8 (233,6) Mill. Euro halbierten operativen Ergebnis vor Abschreibungen (Ebitda) einen Konzernverlust vor Steuern von -83,8 (+11,5) Mill. Euro aus. Das Ergebnis enthält den Angaben zufolge einen nahezu unveränderten Beitrag der knapp 30-prozentigen Beteiligung am Kupferproduzenten Aurubis von 71,5 (70,6) Mill. Euro, Belastungen von -80 (+10,8) Mill. Euro aus der Stichtagsbewertung von Derivatepositionen sowie negative Einmaleffekte von -10 (-20) Mill. Euro, um Wertminderungsrisiken von geplanten Portfoliobereinigungen abzudecken. Bei einem nunmehr in diesem Geschäftsjahr erwarteten Umsatz zwischen 9 und 9,5 (10) Mrd. Euro sollen das Ebitda eine Spanne von 300 bis 400 (445) Mill. Euro und das Vorsteuerergebnis einen Korridor zwischen -100 Mill. und 0 (-296) Euro erreichen.