Skepsis gegenüber künstlicher Intelligenz schwindet

Bitkom findet in Umfrage wachsende Akzeptanz - Enquete-Kommission schließt nach zwei Jahren Arbeit ab

Skepsis gegenüber künstlicher Intelligenz schwindet

sp Berlin – Die weit verbreitete Skepsis gegenüber Technologien, die unter der Überschrift künstliche Intelligenz (KI) gehandelt werden, ist in Deutschland auf dem Rückzug. Das legt eine Umfrage des Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) nahe. Demnach bewerten bereits 68 % der Befragten die Möglichkeiten der KI als Chance, während nur noch 29 % eine Gefahr sehen. “Das ist eine wirklich gute Nachricht”, kommentierte Bitkom-Präsident Achim Berg das Ergebnis. In einer ähnlichen Umfrage des Verbandes vor drei Jahren hatten sich die Befürworter der Technologie und die Skeptiker noch etwa die Waage gehalten. Die Veränderung ehe einher mit dem gestiegenen Wissen über die Technologie, sagte Berg. Tatsächlich geben mittlerweile 93 % der Befragten an, mit dem Begriff KI mehr oder weniger vertraut zu sein und 7 % bezeichnen sich als Experten. Vor drei Jahren konnte gut ein Fünftel noch nichts mit dem Begriff anfangen und 2018 empfanden sich nur 2 % als KI-Experten.Auch die meisten Mitglieder der Enquete-Kommission des Bundestages zum Thema KI, die gestern die Ergebnisse ihrer im September 2018 gestarteten Arbeit diskutierten, betonten die Chancen von KI. Die Technologie sei gestaltbar und man wolle sie gestalten, sagte die Vorsitzende des Gremiums, Daniela Kolbe (SPD). Ziel sei eine “menschenzentrierte KI, die uns nützt”, sagte die Kommissionsvorsitzende in Berlin. Bis zum Jahresende will die Kommission ihren Schlussbericht vorlegen.Unter den etwas mehr als 1 000 Menschen, die im Auftrag des Bitkom für die jüngste Umfrage angesprochen wurden, ist eine große Mehrheit vom Nutzen der KI überzeugt. Die Akzeptanz für die Technologie hängt aber vom Einsatzgebiet ab. So befürworten drei Viertel den Einsatz in der Pflege und 73 % künstliche Intelligenz in Ämtern und Behörden. Mehr als zwei Drittel sehen auch in der Medizin großes Potenzial und immerhin 54 % erkennen einen Nutzen beim Einsatz in der Personalabteilung, obwohl knapp die Hälfte der Befragten befürchtet, dass ein Bewerber in einem künstlich intelligenten Auswahlverfahren auch ohne sachlichen Grund abgelehnt wird, weil der Algorithmus etwa bestimmte Personen diskriminiert. Das Vertrauen in die Fairness eines Bewerbungsprozesses ohne KI ist allerdings nicht viel größer ausgeprägt. Für politische Entscheidungsprozesse wünscht sich immerhin die Hälfte der Befragten den Einsatz von künstlicher Intelligenz. In der Betreuung von Kleinkindern sehen dagegen nur 38 % der Befragten eine Rolle für KI.Umstritten ist die Frage, welche Rolle KI künftig im Verkehr spielen wird. Drei Viertel gehen davon aus, dass sich KI-unterstützte Warnsysteme im Auto in den kommenden zehn Jahren durchgesetzt haben werden. 60 % rechnen innerhalb von zehn Jahren mit dem Durchbruch selbstfahrender Busse auf den Straßen. Aber nur 44 % erwarten selbstfahrende U- und S-Bahnen, 39 % autonome Fernzüge und 37 % selbstfahrende Lieferwagen. Autonome Autos können sich immerhin 30 % innerhalb von zehn Jahren auf deutschen Straßen vorstellen. Autonom fliegende Passagierflugzeuge in den nächsten zehn Jahren erwarten dagegen nur 6 %, obwohl in diesem Bereich Autopilot-Systeme bereits eine große Rolle spielen. Sollte die KI im Auto demnächst komplett das Steuer übernehmen, sehen die meisten Befragten schwarz: Nur jeder Dritte sagt, selbstfahrende Autos würden schwere Unfälle und viele Tote vermeiden, während 57 % von mehr schweren Unfällen und Verkehrstoten rechnet. Anderer Umgang mit DatenAuch wenn die meisten Deutschen der KI noch nicht zutrauen, der bessere Autofahrer zu sein, erkennt immerhin ein Viertel der Befragten an, dass die Technologie schon heute spürbar die Gesellschaft verändert, (siehe Grafik). Nicht nur der Bitkom fordert deshalb in Deutschland einen Kurswechsel beim Umgang mit Daten. Auch Sebastian Wieczorek, Vice President Machine Learning von SAP Data Intelligence, der als Sachverständiger in der Enquete-Kommission Künstliche Intelligenz mitarbeitet, machte sich am Montag für einen “sinnvollen Datenzugang” für Unternehmen und Forschung stark. “Sonst werden wir keine Chance haben, diese Technologien zu bauen”, sagte er mit Blick auf KI. – Wertberichtigt Seite 6