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Spanische Grifols schluckt Biotest

Nach dreieinhalb Jahren wechselt abermals der Eigentümer von Biotest. Der spanische Medizinkonzern Grifols hat dem chinesischen Finanzinvestor Creat die Mehrheit an dem deutschen Plasmaspezialisten für 1,1 Mrd. Euro abgekauft.

Spanische Grifols schluckt Biotest

md/ths Frankfurt/Madrid

Der spanische Medizinkonzern Grifols hat die Mehrheit am deutschen Spezialpharmaunternehmen Biotest übernommen. Der chinesische Mehrheitseigentümer Creat, dem Biotest seit Januar 2018 gehörte, habe seine Beteiligung bereits für 773 Mill. Euro an den auf Arzneimittel aus Blutplasma spezialisierten Konzern aus Barcelona verkauft. Grifols werde zudem ein Gesellschafterdarlehen über 313 Mill. Euro übernehmen, teilte das börsennotierte Familienunternehmen aus Katalonien mit. Das macht zusammen 1,086 Mrd. Euro.

Formal hat Grifols mit dem Finanzinvestor Tiancheng International Investment einen Kaufvertrag über den Erwerb sämtlicher Aktien an Tiancheng (Germany) Pharmaceutical Holdings, der Hauptaktionärin von Biotest, geschlossen. Tiancheng ist die Akquisitionsgesellschaft der Creat Group. Grifols ist damit vorbehaltlich der kartellrechtlichen Genehmigungen neuer Eigentümer von knapp 90% der stimmberechtigten Stammaktien und 1% der Vorzugsaktien von Biotest. Die Gesamtsumme der Akquisition könnte aber bis auf 1,9 Mrd. Euro steigen, da den übrigen Aktionären von Biotest ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot gemacht wird: Grifols offeriert 43 Euro pro Stammaktie und 37 Euro pro Vorzugsaktie in bar. Das bedeutet für die Stämme einen Aufschlag von 23% auf den Xetra-Schlusskurs vom Donnerstag. Für die Vorzüge liegt die Prämie bei 4%. Entsprechend sprangen am Freitag die Stämme um 25% auf 43,80 Euro, während die Vorzüge, die bis 2018 im SDax enthalten waren, um 10,4% auf 39,20 Euro zulegten. Das Grundkapital des Anbieters von Plasmaproteinprodukten und biotherapeutischen Arzneimitteln setzt sich aus einer gleich hohen Zahl an Stamm- und Vorzugsaktien zusammen.

Das Übernahmeangebot von Grifols soll keine Mindestannahmequote als Bedingung enthalten, heißt es. Auch habe Grifols nicht die Absicht, nach Vollzug des Kaufvertrages und Durchführung des Übernahmeangebotes „in naher Zukunft“ einen Beherrschungs- und/oder Gewinnabführungsvertrag mit Biotest anzustreben, wird betont.

Creat hatte bereits im Frühjahr angekündigt, „strategische Optionen“ für Biotest zu prüfen (vgl. BZ vom 2. Juni). Für die Chinesen hat sich das Engagement letztlich nicht gelohnt: Sie hatten einschließlich Schulden 1,3 Mrd. Euro gezahlt. Biotest hatte sich von Creat vor allem finanzielle Unterstützung bei der Expansion versprochen.

Derzeit arbeitet Biotest ein Investitionsprogramm ab, das auf die Verdopplung der Kapazitäten am Stammsitz Dreieich bei Frankfurt abzielt; das ist mit hohen Anlaufkosten verbunden. Im Vorjahr machte der Konzern, der 1900 Mitarbeiter beschäftigt, bei Erlösen von 484 Mill. einen Nettoverlust von 31 Mill. Euro. Auch 2021 wird mit einem negativen Betriebsergebnis gerechnet.

Geografische Ergänzung

Raimon Grifols und sein Neffe Víctor Grifols, gemeinsame CEOs und Nachfahren der Gründer des Pharmakonzerns, unterstrichen vor Analysten, dass Biotest ebenfalls als Familienunternehmen gegründet wurde. „Wir haben dieselbe Philosophie“, sagte Raimon Grifols. Zudem würden sich beide Firmen geografisch gut ergänzen: Während die Spanier fast 70% ihres Geschäfts in den USA machen, liegt der Fokus bei Biotest auf Europa.

Das Kerngeschäft des Ibex-35-Konzerns ist die Verwertung von Blutplasma für medizinische Zwecke. Grifols versorgt auch Krankenhäuser und Apotheken mit Analyseapparaten und Dienstleistungen. Der Konzern gehört mit 24000 Mitarbeitern zu den drei größten Anbietern in der Plasmaindustrie. Grifols hat bereits zahlreiche Unternehmen gekauft. Der größte Deal war die Übernahme von Talecris in den USA für 3,3 Mrd. Euro vor zehn Jahren.

Von der Übernahme von Biotest erwartet Grifols große Zugewinne, da das Blutplasma – die Grundlage aller Produkte – für mehr Medikamente verwendet werden könne. Die Transaktion wird mit einem Überbrückungskredit von Bank of America über 2 Mrd. Euro finanziert. Grifols will fortan keine Dividende mehr zahlen und schließt weitere Zukäufe vorerst aus. Die Verschuldung soll vom 5,4-Fachen des Ebitda nach der Übernahme von Biotest bis 2023 auf das 3,5-Fache reduziert werden.

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