Stresstest für Private Equity
Stresstest für Private Equity
Sekundärmarkttransaktionen und Fortführungsfonds rücken in den Fokus – Zahlungsbereitschaft potenzieller Käufer steigt
hip London
Die Kanzlei Dechert geht davon aus, dass die Aktivität von Private-Equity-Gesellschaften im ersten Halbjahr über der im vergleichbaren Vorjahreszeitraum liegen wird. Treiber sei die Hoffnung auf niedrigere Leitzinsen, sagte Christopher Feld, Co-Head der Global Private Equity Practice der Kanzlei, vor Journalisten in London. Vergleiche man das vergangene Jahr mit 2019, dem letzten Jahr, das nicht von der Pandemie in Mitleidenschaft gezogen wurde, ergebe sich eine Zunahme der weltweiten Transaktionen um 119%. Ihr Wert sei um 12% gestiegen. "Wir kehren in gewisser Weise zur bisherigen Norm zurück oder übertreffen sie sogar", sagte Feld.
Zinsentwicklung im Fokus
In einer Umfrage von Dechert unter Führungskräften von Finanzinvestoren wurden die Zinsen als der Faktor mit den größten Auswirkungen auf das Deal-Umfeld genannt. Markus Bolsinger, der ebenfalls als Co-Head fungiert und mehr als ein Vierteljahrhundert Branchenerfahrung gesammelt hat, erinnerte aber daran, dass zum Zeitpunkt der Befragung noch weitere Zinserhöhungen erwartet wurden.
Angst, zu viel zu bezahlen
"Nun haben die Zinsen den Gipfel hoffentlich überschritten", sagte Bolsinger. Das würde für mehr Gewissheit sorgen und eine akkuratere Bewertung von Assets ermöglichen. Bislang herrschte die Angst vor, zu viel zu bezahlen. Verkäufer wollten wiederum nicht zu billig verkaufen. Das führte dazu, dass Private-Equity-Gesellschaften Bain & Co. zufolge Mitte 2023 auf Assets im Volumen von 2,8 Bill. Dollar saßen.

Alternative Liquiditätslösungen
Um an Liquidität für Ausschüttungen an die Investoren zu kommen, rückten alternative Lösungen wie Sekundärmarkttransaktionen und Fortführungsfonds in den Fokus. Der Einsatz von manchen dieser Lösungen habe zunächst nicht gut ausgesehen, sagte Sabina Comis, Global Managing Partner bei Dechert. Das sei aber inzwischen nicht mehr der Fall. Regulierer hätten sehr spezifische Vorgaben gemacht, um mögliche Interessenskonflikte zu vermeiden, die sich daraus ergeben könnten. Das sei ein Zeichen dafür, dass sich dieser Trend fortsetzen werde, sagte Comis.
Fundraising stottert
Das Fundraising verlief 2023 für die meisten Private-Equity-Gesellschaften extrem schwach. Ausnahmen wie Warburg Pincus, die im Herbst 17 Mrd. Dollar für den größten Fonds in ihrer Geschichte einsammelte, und Clayton, Dubilier & Rice, die kurz zuvor 26 Mrd. Dollar zusammenbekam, bestätigen die Regel. "An einem gewissen Punkt muss man einen Exit schaffen, bevor man Kapital einsammeln kann", sagte Comis.
Jede Menge Pulver
Andererseits verfügten Private-Equity-Gesellschaften nach Rechnung von S&P Global und Preqin Ende des Jahres noch über 2,6 Bill. Dollar an nicht investierten Mitteln. "Das ist eine Menge trockenes Pulver, das eingesetzt werden muss", sagte Bolsinger. Mittlerweile seien die Erwartungen der Verkäufer gesunken. Käufer seien dagegen bereit, mehr zu zahlen als noch vor sechs oder acht Monaten.
"Demokratisierung von Private Equity"
Comis rechnet mit einem arbeitsreichen Jahr. "Der Markt wird aktiv bleiben", sagte sie, vielleicht mit etwas weniger Leverage. Die Kunden seien regelrecht besessen vom Thema "Demokratisierung von Private Equity". Die Frage sei, wie sich die Gebührenstrukturen ändern, wenn man beim Einsammeln von Kapital Ebenen von Intermediären hinzufügt, die auch ein Stück vom Kuchen abhaben wollen. Aus ihrer Sicht wären "Evergreen-Fonds" eine Option, die Kleinanlegern relativ kurzfristig den Ein- oder Ausstieg ermöglichen würde.