Rekord bei „Reverse Yankee“-Deals

US-Konzerne erobern den europäischen Anleihemarkt

US-Unternehmen nutzen verstärkt den europäischen Anleihenmarkt, um von günstigeren Zinsen im Euroraum zu profitieren. Das Volumen der „Reverse Yankee“-Anleihen hat einen Rekordwert erreicht. Große Konzerne wie Alphabet sind mit von der Partie.

US-Konzerne erobern den europäischen Anleihemarkt

US-Konzerne erobern den europäischen Anleihemarkt

Reverse-Yankee-Deals 2025 auf Rekordwert von 46,5 Mrd. Euro – Zinsvorteil lockt an

cru Frankfurt

US-Unternehmen nutzen den europäischen Markt für Euro-Anleihen stärker denn je, weil sie von den niedrigeren Zinsen angelockt werden. Die Emission von sogenannten „Reverse Yankee“-Anleihen hat in diesem Jahr laut J.P. Morgan bisher einen Rekordwert von 46,5 Mrd. Euro erreicht, inklusive Finanzemittenten sogar 75 Mrd. Euro – rund 36% mehr als im vergangenen Jahr. „Die Motivation dafür sind niedrigere Kreditkosten und Diversifizierungserfordernisse“, sagte Alexander Voigt der Börsen-Zeitung. Er ist Leiter Investment Grade Debt Capital Markets Finance für Deutschland, Österreich und die Schweiz bei J.P. Morgan.

Große Unternehmen wie Alphabet, T-Mobile US und Pfizer führen den Trend an. Die Yankee-Anleihe von Alphabet war die zweitgrößte aller Zeiten. Voigt erwartet, dass die Emissionen dieses Jahr den Höchststand von 88 Mrd. Euro aus dem Jahr 2019 übertreffen werden. Die große Unbekannte, die eine Schätzung schwierig mache, sei das M&A-Geschäft. Wenn es wieder anzöge, würden auch die Yankee-Anleihen anziehen.

Die Treasurer der US-Konzerne analysieren die Cashflows ihrer Unternehmen und passen dann den Anteil der in Euro begebenen Anleiheemissionen dem Cashflow-Anteil an, der in Euro hereinkommt. „Der europäische Anleihemarkt ist außerdem in den vergangenen Jahren viel größer und tiefer geworden“, sagte Voigt. „Auch das lockt die amerikanischen Unternehmen an.“ Umgekehrt hat zum Beispiel BMW schon 2016 die erste Anleihe in Dollar begeben, um Dollar-Finanzierungsbedarf zu bedienen. Jetzt holen die Amerikaner das nach, zumal laut Voigt die vorübergehend angenommene Ausnahmestellung („Exceptionalism“) des amerikanischen Kapitalmarktes nicht mehr für gegeben angenommen wird: „Diversifizierung ist generell ein Thema geworden für die Treasurer.“

Fokus auf Zinskupon

Durch die Emission von Euro-Anleihen können sich US-Firmen in Zeiten von Marktvolatilität und Zollunsicherheiten vorzeitig finanzieren und profitieren von günstigeren Euro-Krediten im Vergleich zu US-Dollar-Zinsen. Die Schatzmeister der US-Konzerne legen dabei besonderes Augenmerk auf den Zinskupon, der derzeit in Europa etwas niedriger ausfällt. Weniger stark als die Europäer achten sie auf den Spread – den Risikoaufschlag auf die Benchmark Euribor. Yankee-Anleihen erhöhen laut J.P. Morgan die Flexibilität bei der Finanzierung und bieten natürliche Währungsabsicherungen sowie Zugang zu verschiedenen globalen Kapitalpools.

„Im April stellten die Reverse-Yankee-Anleihen – nach den Verwerfungen des Liberation Day – fast die Hälfte aller in Euro begebenen Corporate Bonds“, konstatiert Voigt. Im April 2025 machten Yankee-Transaktionen 45% der Unternehmensemissionen aus, verglichen mit dem üblichen Durchschnitt von 11%. Selbst im Yankee-Rekordjahr 2019 lag der Anteil der Yankees bei nur 25%. Die Emission von Alphabet, die von J.P. Morgan durchgeführt wurde, ist mit 6,75 Mrd. Euro die größte Reverse-Yankee-Investmentgrade-Unternehmensanleihe in diesem Jahr. Sie liegt nur 250 Mill. Euro unter der Medtronic-Rekord-Emission von 2019.

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