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Viele Start-ups ohne Mitarbeiteranteile

Mitarbeiterbeteiligungen sind für Start-ups eine attraktive Möglichkeit, qualifiziertes Personal an sich zu binden. Die komplizierte und oft unvorteilhafte Ausgestaltung der rechtlichen und steuerlichen Regeln in Deutschland hält viele Jungunternehmen allerdings davon ab.

Viele Start-ups ohne Mitarbeiteranteile

kro Frankfurt

Da Start-ups und Scale-ups mit den hohen Gehältern großer Konzerne häufig nicht mithalten können, versuchen sie oftmals Mitarbeiter über Kapitalbeteiligungen am Unternehmen für sich zu gewinnen. Mittlerweile denkt jedes zweite deutsche Jungunternehmen über den Einsatz dieses Instruments nach, wie eine Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter gut 200 Tech-Start-ups ergeben hat. Unter anderem wegen der als unattraktiv empfundenen steuerlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen hat sich bislang allerdings nur etwas weniger als die Hälfte der befragten Teilnehmer tatsächlich für eine Mitarbeiterbeteiligung entschieden. 8 % schließen diese komplett aus.

Besonders beliebt ist hierzulande das Modell der sogenannten virtuellen Gesellschaftsbeteiligung. Dabei handelt es sich um einen schuldrechtlichen Vertrag, mit dem der Mitarbeiter Anspruch auf eine künftige Prämienzahlung, in der Regel also eine Beteiligung am Exit-Erlös erhält. Das soll die Neuankömmlinge motivieren, zur Steigerung des Unternehmenswerts beizutragen, ohne dass ihnen direkt der Status eines vollwertigen Gesellschafters inklusive Stimmrecht zugesprochen wird. 36 % der von Bitkom befragten Start-ups setzen auf diese Virtual Stock Options. Nur 7 % nutzen dagegen Anteilsoptionen und gerade mal 3 % entscheiden sich für eine echte Beteiligung der Mitarbeiter, die in Deutschland einen hohen bürokratischen Aufwand mit sich bringt.

„Neuregelung greift zu kurz“

Gleichzeitig wünscht sich jedes zweite Start-up, dass die künftige Bundesregierung bessere Bedingungen für eine virtuelle Beteiligung schafft. Mit der Novelle des Fondsstandortgesetzes zum 1. Juli 2021 wurde zwar bereits versucht, den Rückstand im internationalen Vergleich wettzumachen und Start-ups eine steuerliche Erleichterung zu verschaffen. So sieht die neue Regelung unter anderem einen viermal höheren Freibetrag für Mitarbeiterkapitalbeteiligungen vor, als wie es zuvor der Fall war. Der jetzt geltende Höchstbetrag von 1440 Euro ist im Vergleich zu anderen Ländern allerdings noch immer gering. In Österreich beläuft sich die Förderung etwa auf 4500 Euro. In Großbritannien sind es umgerechnet mehr als 14000 Euro. Die Neuregelung greife somit „viel zu kurz und geht an der Realität der meisten Start-ups vorbei“, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Kritisiert wird auch, dass sich das neue Gesetz lediglich auf Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern und mit einem Jahresumsatz von maximal 50 Mill. Euro oder mit einer Jahresbilanz­summe von maximal 43 Mill. Euro beschränkt. Damit hat sich der Gesetzgeber zwar an der Definition der EU-Kommission für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) orientiert. Rechtsexperten verweisen aber unter anderem auf Frankreich, wo Start-ups lediglich nicht börsennotiert sein müssen oder wenn doch, maximal einen Börsenwert von 150 Mill. Euro aufweisen dürfen, um vom steuerlich vorteil­haften Mitarbeiterbeteiligungsprogramm BSPCE profitieren zu können.

Mit Blick auf die Mitarbeiterbeteiligung könne das neue Fondsstandortgesetz also nur ein allererster Schritt gewesen sein, sagt Berg. „In der kommenden Legislaturperiode muss noch einmal nachgelegt werden, damit Start-ups in Deutschland beim Wettbewerb um die besten Teams mithalten können.“

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