VW kappt Umsatz- und Margenziele
Volkswagen kappt Umsatz- und Margenziele
Belastungen durch erhöhte US-Importzölle und Restrukturierungsmaßnahmen lassen Halbjahresergebnis einbrechen – Vorstand will schnellere Einsparungen
Volkswagen reduziert wegen Belastungen durch erhöhte US-Importzölle und Restrukturierungsmaßnahmen seine Umsatz- und Margenziele für 2025. Das operative Halbjahresergebnis ist im Vorjahresvergleich um ein Drittel abgesackt. Diskutiert wird nun, vereinbarte Schritte zur Kostensenkung vorzuziehen.
ste Hamburg
Der Volkswagen-Konzern hat nach einem Einbruch des operativen Ergebnisses (Ebit) um rund ein Drittel im ersten Halbjahr seine Finanzziele für 2025 gekappt. Belastungen vor allem durch erhöhte US-Importzölle haben in den ersten sechs Monaten zu negativen Sondereffekten von insgesamt 2,2 Mrd. Euro geführt, wie Europas größter Fahrzeugbauer am Freitag bekanntgab. Das Unternehmen geht nicht mehr davon aus, die Erlöse im laufenden Jahr um bis zu 5% steigern und eine operative Umsatzrendite zwischen 5,5 und 6,5 (i.V. 5,9)% erreichen zu können.
Nach dem ersten Halbjahr stellt VW nun einen Umsatz auf Vorjahresniveau (324,7 Mrd. Euro) sowie eine Margenspanne von 4 bis 5% in Aussicht. Auch die Vorgabe für den Netto-Cashflow im Konzernbereich Automobile wurde auf 1 bis 3 (5) Mrd. Euro von zuvor 2 bis 5 Mrd. Euro gekürzt. Die Nettoliquidität in dem Bereich wird 2025 noch bei 31 bis 33 (36,1) Mrd. Euro anstatt 34 bis 37 Mrd. Euro erwartet. Das untere oder obere Ende der jeweils prognostizierten Bandbreiten basieren auf Berechnungen, die von einem Fortbestand der aktuell geltenden US-Importzölle von 27,5% im zweiten Halbjahr und von einer Reduzierung auf 10% ausgehen.
Warten auf Zollergebnis
In einer Medienrunde verwies Vorstandschef Oliver Blume auf Investitionen des Konzerns in den USA, auf ein „skalierbares Paket“ und positive Resonanz in Gesprächen mit dem US-Handelsministerium. Welche Zollregelung künftig für den Konzern aus Wolfsburg gelten könnte und ob zu den Angeboten von VW auch die Aufnahme einer Fahrzeugfertigung von Audi in dem für die Premiummarke wichtigen US-Markt gehören, ließ er offen. Details könne er noch nicht nennen, erklärte Blume. Zunächst müssten sich US-Regierung und EU-Kommission in ihren Zollgesprächen verständigen.
Etwas besser als befürchtet
Zu den Sonderbelastungen von 1,7 Mrd. Euro im zweiten Quartal trugen allein 1,2 Mrd. Euro Kosten im Zusammenhang mit den seit April eingeführten US-Importzöllen bei. Bei einem um 3% auf 80,8 Mrd. Euro gesunkenen Konzernumsatz ging das operative Ergebnis im zweiten Quartal um 29,4% auf 3,8 Mrd. Euro zurück. Die operative Umsatzrendite von 4,7 (6,5)% fiel etwas besser aus als von Analysten im Schnitt erwartet.

Vor den Sonderbelastungen durch Zölle, Restrukturierungsmaßnahmen bei Audi, Volkswagen Pkw und der Softwaretochter Cariad sowie durch weitere Rückstellungen im Zuge des Dieselskandals liege die Marge im zweiten Quartal bei 6,8% „am oberen Ende unserer Erwartungen“, sagte Konzern-CFO und -COO Arno Antlitz. „Das zeigt, wie sind auf dem richtigen Weg.“ Am Ende zähle aber das Geld, das in der Kasse ankommt. „Deshalb müssen wir die laufenden Programme zur Ergebnisverbesserung entschlossen umsetzen und wo nötig beschleunigen.“
Aktie legt zu
Nach einem schwächeren Börsenstart am Freitag legten VW-Vorzüge bis zum Nachmittag in der Spitze um 4,1% auf 99,90 Euro zu. Antlitz und Blume erklärten, derzeit werde diskutiert, bereits festgelegte Maßnahmen zur Kostensenkung vorzuziehen. Programme mit Stellenabbau wurden neben der Volkswagen AG mit der Marke Volkswagen Pkw für Audi, Porsche und Cariad vereinbart. Kostenmaßnahmen seien weltweit in allen Regionen und Einheiten vorgesehen. Im ersten Halbjahr seit Verständigung auf das Sparprogramm bei Volkswagen in Deutschland sei die Belegschaft um 4.300 Beschäftigte oder 4% geschrumpft sei. Rund 20.000 Mitarbeiter hätten zugesagt, Angebote zum Ausscheiden zu nutzen. Bis 2030 sollen gut 35.000 Stellen wegfallen.
Um den Kassenstand aufzubessern, könnten auch Erlöse durch Partnerbeteiligungen an Konzerngesellschaften eine Rolle spielen. Zu jüngsten Spekulationen über die Robotaxi-Einheit ADMT sagte VW-Konzernchef Blume am Freitag, um die Entwicklung zu beschleunigen, gebe es Überlegungen, einen kleineren Teil in den Markt zu geben. Das Potenzial, das Berater im Robotaxi-Markt der 2030er Jahre mit jährlich 400 Mrd. Dollar sähen, sei riesig. Man mache „einen sehr guten Fortschritt“ und sei jetzt auch dabei, externe Kunden wie Uber zu gewinnen.
Netto-Cashflow fällt
Dass der Netto-Cashflow im Konzernbereich Automobile im Halbjahresvergleich auf –1,4 Mrd. (+367 Mill.) Euro fiel, lag neben dem verschlechterten operativen Ergebnis an M&A-Ausgaben wie rund 900 Mill. Euro für den Erwerb weiterer Anteile am US-Elektroautohersteller Rivian, an Auszahlungen im Zuge der Restrukturierungsmaßnahmen sowie an den US-Importzöllen.
Zum Rückgang des operativen Ergebnisses des VW-Konzerns im ersten Halbjahr sorgten das Pkw- und das Nutzfahrzeuggeschäft, die auf operative Umsatzrenditen von 3,7 (6,3)% bzw. 5,9 (9,1)% kamen. Verbessert zeigte sich hingegen der Bereich Finanzdienstleistungen mit einer Marge von 6,1 (4,8)%. Der Pkw-Sektor wurde neben erhöhten Zöllen und Restrukturierungsmaßnahmen vor allem durch negative Mix-Effekte infolge einer höheren Anteils margenschwächerer Elektromodelle getroffen. Während sich die Markengruppe Core mit einer Marge von 4,8 (4,9)% weitgehend stabil zeigte, lagen die operativen Umsatzrenditen der Markengruppen Progressive (mit Audi) und Sport Luxury (Porsche) mit 3,3 (6,4)% bzw. 5,2 (16,4)% deutlich unter Vorjahresniveau.
Neue Produkte geben Hoffnung
Konzernchef Blume sagte zum Abschneiden im ersten Halbjahr, der VW-Konzern habe sich „in einem extrem herausfordernden Umfeld wirtschaftlich behauptet“. Grundlage sei der Erfolg neuer Produkte. Die Verkaufszahlen seien in einem weltweit anspruchsvollen Marktumfeld stabil geblieben. In Europa habe man die führende Position auch in der Elektromobilität mit einem Marktanteil von 28% ausgebaut. Zugleich seien die Auftragsbücher gut gefüllt.