Konzernstruktur

Warten auf den Squeeze-out bei Adler Real Estate

In den vergangenen Wochen ging es bei Adler nach eigenen Angaben um das nackte Überleben der Gruppe. Einige Investoren fragen sich, wie es um den angekündigten Squeeze-out bei der deutschen Tochter steht.

Warten auf den Squeeze-out bei Adler Real Estate

Von Helmut Kipp, Frankfurt

Tagelang war der krisengeschüttelte Wohnimmobilienkonzern Adler mit seinem Gläubigerdeal in den Schlagzeilen präsent. Eine ganz spezielle Gruppe von Investoren wartet da­ge­gen weiter auf Nachrichten. Gemeint sind die Streubesitzaktionäre der deutschen Tochter Adler Real Estate (ARE), die den angekündigten Squeeze-out im Fokus haben.

Im Juni hatte Adler Group den aktienrechtlichen Squeeze-out förmlich auf den Weg gebracht. Eine außerordentliche Hauptversammlung solle gegen Ende 2022 beschließen, die Anteile der Minderheitsaktionäre auf die Adler Group zu übertragen. Dieser Zeitplan ist aber inzwischen hinfällig. Gemäß Aktiengesetz muss eine Hauptversammlung nämlich mindestens 30 Tage vorher einberufen werden. Damit dürfte sich der Squeeze-out verschieben.

Das für diesen Schritt notwendige Bewertungsgutachten, das die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC er­stellt, liege noch nicht vor, sagte Adler-Group-CFO Thomas Echelmeyer am Dienstag dieser Woche. Es sei eine umfangreiche Bewertung erforderlich.

Offenbar spielt ein weiterer Punkt eine Rolle, nämlich die mit einer Kerngruppe von Bondholdern vereinbarte Anpassung von Anleihebedingungen samt neuer Finanzierung. „Wir haben gerade eine sehr komplexe neue Finanzstruktur aufgesetzt“, sagte Verwaltungsratschef Stefan Kirsten. „Nun müssen wir uns genau ansehen, welche Auswirkungen das auf einen potenziellen Squeeze-out hat.“ Das werde in den nächsten Wochen geschehen.

Mit dem Herausdrängen der Minderheitsaktionäre will Adler die Gruppenstruktur vereinfachen. Der Schritt gilt als „wichtiger Meilenstein im laufenden Integrationsprozess“. Die bisherige Struktur ist außerordentlich komplex: Nicht nur bei ARE gibt es Drittaktionäre, deren Rechte beachtet werden müssen, sondern auch beim Immobilienprojektentwickler Consus und bei der ARE-Tochter Brack Capital Properties (BCP). Zudem hat das Trio eigene Bonds ausstehen. Darüber hinaus sind diverse Jurisdiktionen betroffen: Adler Group hat ihren Sitz in Luxemburg, ARE und Consus sind in Deutschland zuhause und Brack Capital in den Niederlanden – mit Börsennotierung in Tel Aviv in Israel. Immerhin ist die ARE-Tochter Westgrund von der Börse verschwunden. Dort wurde vor eineinhalb Jahren ein Squeeze-out beschlossen.

Der ARE-Streubesitz beläuft sich laut Unternehmenshomepage auf 3,28 %. Die Höhe der Abfindung wird durch ein standardisiertes Bewertungsverfahren berechnet, das sogenannte IDW-S1-Gutachten. Ermittelt wird der Unternehmenswert, der sich aus dem künftig zu erwarteten Ertrag ergibt. Auch der Börsenkurs spielt eine Rolle, sofern er den Verkehrswert widerspiegelt. In der Praxis stellt er häufig die Untergrenze dar. Ausgehend vom aktuellen Aktienkurs würde die Abfindung für die Minderheitsaktionäre etwa 25 Mill. Euro erfordern.

Diskussion über Brack Capital

Wie zu hören ist, steht der Squeeze-out nach wie vor auf dem Programm. In informierten Kreisen ist die Rede davon, dass das Bewertungsgutachten in diesem Dezember vorliegen soll. Im neuen Jahr folge dann die Hauptversammlung. Diskussionspunkte seien vor allem die Bewertung von BCP und die Rolle des Nettovermögenswerts, heißt es. Hintergrund ist, dass sich die Marktlage infolge der Zinswende und anderer Faktoren stark verändert hat.

Mit Blick auf den Nettovermögenswert stelle sich die Frage, ob dieser noch die Realität abbildet, weil die Immobilienbewertungen inzwischen allenthalben unter Druck geraten. Zu BCP lägen Transaktionsdaten vor, die in die Bewertung hineinspielen, weil Adler ein Aktienpaket an LEG Immobilien verkauft hat und eine Call-Option für das Restpaket vereinbart wurde, die LEG aber verfallen ließ.

Die Rechtsstellung der ARE-Bondholder werde durch einen aktienrechtlichen Squeeze-out nicht verändert, versichern mehrere Quellen. Das Unternehmen bestehe weiter, die Anleihehalter blieben Gläubiger der ARE. Sie stünden sogar besser dar, weil die Adler-Gruppe frische Liquidität erhalte. Der 2023 auslaufende Bond (Volumen 500 Mill. Euro) werde zurückgezahlt und die beiden anderen Bonds (Gesamtvolumen 600 Mill. Euro), die bis 2024 bzw. bis 2026 laufen, sollen besichert werden, wofür freilich eine Änderung der entsprechenden Anleihebedingungen erforderlich ist.

Bei Adler hatten sich zwei Bondholdergruppen gebildet. Mit der großen Gruppe wurde die Restrukturierung der Unternehmensanleihen der Mutter Adler Group vereinbart. Sie vertritt gut 1,4 Mrd. Euro Adler-Group-Bonds und hält darüber hinaus ARE-Anleihen. Ihr gehören sechs Bondholder an, darunter Blackrock, Pimco und Schroders. Als Finanzberater ist Houlihan Lokey an Bord, auf der Rechtsseite die Kanzlei Hengeler Mueller.

Die kleinere Gruppe besteht aus Gläubigern, die einen dreistelligen Mill.-Euro-Betrag ARE-Bonds hält und von der Kanzlei Kirkland & Ellis vertreten wird. Sie war in die Verhandlungen über die Refinanzierung nicht eingebunden, bestätigen die Gesprächspartner. Inhaltlich sind diese Bondholder darauf bedacht, Cash und Assets in der ARE zu halten, um ihre Gläubigerstellung zu verteidigen. Auf der ARE-Hauptversammlung Ende August nutzen Vertreter dieser Bondholder die aktienrechtliche Schiene, um den Vorstand mit einem dicken Katalog von mehr als 100 Fragen zu konfrontieren.

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