Modehändler

Zalando verführt mehr Kunden zum Shoppen

Europas größter Modehändler hat im 3. Quartal zum Wachstum zurückgefunden. Auch das operative Ergebnis konnte dank rigider Sparmaßnahmen deutlich gesteigert werden. An der Börse rennt die Aktie den anderen Dax-Mitgliedern davon.

Zalando verführt mehr Kunden zum Shoppen

kro Frankfurt

Der größte Modehändler Europas hat im dritten Quartal trotz Inflation wieder mehr Kunden zum Shoppen auf seiner Plattform verführt. Die Zahl der aktiven Zalando-Kunden stieg im Vergleich zum Vorjahr überraschend deutlich um 8 % und lag erstmals bei über 50 Millionen, wie die Berliner am Donnerstag mitteilten. Auch der Umsatz wuchs nach einem Rückgang im ersten Halbjahr wieder, um etwa 3 % auf 2,35 Mrd. Euro. Das hatten Analysten allerdings zum Teil wegen der einfacheren Vergleichszahlen aus dem Vorjahr schon erwartet.

An der Börse legten sich Anleger die Aktie dennoch mit Freude in den Warenkorb. Der Kurs stieg zeitweise um mehr als 7 % und beförderte die Titel mit deutlichem Abstand an die Spitze im Dax. Seit Jahresbeginn hat das Papier allerdings um fast 70 % nachgegeben. Dem in der Corona-Pandemie kräftig gewachsenen Konzern droht mittlerweile der Abstieg aus dem Leitindex. Nicht nur muss Zalando einen Weg finden, die Kunden dauerhaft und trotz wieder geöffneter Läden von den Vorteilen des Online-Shoppings zu überzeugen. Das Ganze muss auch vor dem Hintergrund der aufstrebenden direkten Online-Konkurrenz, wie etwa durch About You gelingen. Der Hamburger SDax-Rivale hat sich für sein laufendes Geschäftsjahr ein Umsatzwachstum von 10 bis 20 % auf die Fahne geschrieben, anfangs sollten es sogar 25 bis 35 % sein.

Zalando rechnet dagegen im besten Fall nur mit einem Plus von knapp 3 %. Im schlechtesten Fall könnten die Erlöse auch stagnieren. „Das Konsumklima ist an einem neuen Tiefpunkt angekommen und die Inflation weiterhin hoch“, ließ sich die seit März amtierende Finanzchefin Sandra Dembeck in der Konzernmitteilung zitieren. Auch sei unklar, wie sich die Verbraucherausgaben im traditionell wichtigsten vierten Quartal entwickeln werden.

Die Unsicherheit dürfte sich bis ins nächste Jahr hineinziehen. Es sei zwar noch zu früh, eine Prognose für 2023 aufzustellen, sagte Co-CEO Robert Gentz vor Journalisten. Man bleibe mit Blick auf die Nachfrageentwicklung aber vorsichtig. Am langfristigen Ziel eines Bruttowarenwerts von mehr als 30 Mrd. Euro (doppelt so viel wie im Jahr 2021) halte man zudem zwar fest − allerdings könnte das auch länger dauern als bis 2025.

Sparkurs zahlt sich aus

Dass der Konzern um Gentz und Co-CEO David Schneider nach dem dritten Quartal seine Ergebniserwartung für 2022 am unteren Ende der bisherigen Zielspanne präzisieren würde, kam für Analysten nicht überraschend. Das bereinigte operative Ergebnis war in Folge der abebbenden Kauflust der Kunden bereits in den ersten beiden Quartalen eingebrochen. Die Ziele wurden in der Konsequenz Ende Juni kräftig zusammengestrichen. Nun soll das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern bei 180 bis 260 Mill. Euro landen − aber eben am unteren Ende. 2021 war Zalando hier noch auf fast 470 Mill. Euro gekommen.

Um ergebnisseitig wieder in die Spur zu kommen, hatte Zalando im zweiten Quartal unter anderem dafür gesorgt, dass der Mindestbestellwert fortan in allen 25 Märkten gilt. War der Versand in Deutschland bis dato kostenlos, müssen Kunden, die nicht Zalando-Plus-Mitglieder sind, nun beim Shoppen auf mindestens 24,90 Euro kommen, ansonsten fallen Versandgebühren von 4,90 Euro an. Retouren sollen, anders als etwa bei der japanischen Modekette Uniqlo oder bei der spanischen Inditex-Tochter Zara, jedoch weiterhin gratis sein.

Auch im Marketing achtet das Unternehmen seit einiger Zeit verstärkt auf Effizienz: Die Kosten seien im laufenden Jahr um fast 100 Mill. Euro gesenkt worden, wie es hieß. Ein Bryan-Garnier-Analyst bezeichnete den Sparkurs als „ziemlich aggressiv“. Nachdem die Mitarbeiterzahl im ersten Halbjahr stagnierte, ging sie im dritten Quartal sogar leicht zurück.Im europäischen Logistiknetzwerk habe es ebenfalls Verbesserungen gegeben. Die Lagerbestände seien zudem reduziert worden.

In der Bilanz haben sich die Maßnahmen bereits ausgezahlt. Das bereinigte Ebit legte um knapp 40 % auf 13,5 Mill. Euro zu. Unter dem Strich fiel mit -35 Mill. Euro jedoch ein weitaus größerer Verlust an als im Vorjahr, womit Analysten allerdings gerechnet hatten. Derzeit raten 22 Beobachter zum Kauf der Aktie, acht zum halten und fünf zum verkaufen. Der durchschnittliche Zielkurs liegt bei gut 39 Euro, was einem Aufschlag von 65 % entspricht.

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