Edelmetalle

Der Goldpreis dürfte sich verhalten entwickeln

Trotz weltweiter Coronakrise ist der Goldpreis recht niedrig. Er leidet vor allem darunter, dass Risikoaktiva unter anderem wegen der Rally an den Aktienmärkten derzeit wesentlich attraktiver sind.

Der Goldpreis dürfte sich verhalten entwickeln

Die Welt befindet sich mit der Coronavirus-Pandemie in der schwersten Krise seit dem Zweiten Weltkrieg. Allerorten herrscht Unsicherheit, und aktuell droht auch noch die Inflation aus dem Ruder zu laufen. Davon müsste eigentlich der Goldpreis in einem hohen Maße profitieren, was er allerdings gegenwärtig nicht tut. Auf Sicht von einem Jahr hat sich das gelbe Metall in Dollar gerechnet um 6% verbilligt, in Euro gerechnet um lediglich 2% verteuert.

Damit stellt sich die Frage, weshalb der Goldpreis derart niedrig ist und ob diese Schwäche anhalten wird. An der Nachfrage nach physischem Gold für Industrie und Schmuck liegt es nicht. Diese war in den ersten Pandemiewellen des Jahres 2020 zwar deutlich zurückgegangen. Sie hat sich seither aber wieder deutlich erholt, wenngleich sie noch nicht wieder das Niveau des letzten Vor-Pandemie-Jahres 2019 erreicht hat. So betrug die Schmucknachfrage im dritten Quartal 2021 rund 442,6 Tonnen, verglichen mit lediglich 244,5 Tonnen im zweiten Quartal 2020 als Folge der ersten Pandemiewelle. Im letzten Jahresviertel 2019 hatte sie freilich noch 589,2 Tonnen betragen. Die Nachfrage aus der Industrie ist mit aktuell 83,8 Tonnen bzw. 68,1 Tonnen im zweiten Quartal 2020 weniger bedeutsam für den Goldpreis.

Den wesentlichen Unterschied macht die Investmentnachfrage aus. Sie lag in den drei Monaten per Ende September 2021 bei gerade einmal 283,8 Tonnen, verglichen mit 556,3 Tonnen im ersten Quartal 2020. Gold ist also bei Finanzinvestoren unbeliebt. Der Hauptgrund liegt darin, dass das nicht verzinsliche Gold gegenüber Risikoaktiva relativ unattraktiv ist – in einer Welt, die durch die Flutung der Finanzmärkte seitens der Notenbanken und enorme fiskalische Impulse der Regierungen gekennzeichnet ist, was beispielsweise die Aktienmärkte stark antreibt. Nach Einschätzung der meisten Analysten bleibt das Marktumfeld für Aktien weiter positiv, und die Rally an den Aktienmärkten dürfte weitergehen. Mit dem gegenwärtig laufenden Versuch der Normalisierung der Geldpolitik, den die amerikanische Notenbank Fed als erste der großen Zentralbanken begonnen hat, könnten zudem die Zinsen an den Anleihemärkten steigen, was die relative Attraktivität von Gold weiter senkt. Zwar ist derzeit die Inflation in den USA und der Eurozone so hoch wie seit zehn Jahren nicht mehr, aber auch die Funktion des Inflationsschutzes ist aus Sicht vieler Anleger derzeit nicht von zentraler Bedeutung, da die meisten Ökonomen die Meinung vertreten, dass es sich bei der hohen Geldentwertung nur um ein temporäres Phänomen handelt.

Und es gibt noch einen weiteren Aspekt, der nicht übersehen werden sollte. Eine klassische Funktion von Gold ist die Ermöglichung von Kapitalflucht aus Ländern mit Devisenkontrollen wie beispielsweise China. Dafür eignen sich aber inzwischen Kryptowährungen wie Bitcoin wesentlich besser. Mit Blick auf diese Faktoren ist davon auszugehen, dass die Flaute des Goldpreises weiter anhält und dass trotz des nicht absehbaren Endes der Pandemie ein deutlich ausgeprägter Aufwärtstrend beim Goldpreis eher nicht zu erwarten ist.

Von Dieter Kuckelkorn, Frankfurt

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