Björn Lomborg

„Wir retten das Klima nicht mit Verzicht-Slogans“

Björn Lomborg ist Statistiker und soll für Dänemark die effizienteste Klimapolitik berechnen. Dabei bürstet er gängige Thesen gerne gegen den Strich und polarisiert. Im Interview spricht er über die Folgen der Coronakrise für den Klimawandel.

„Wir retten das Klima nicht mit Verzicht-Slogans“

Anna Steiner.

Herr Lomborg, konzentrieren wir uns nach Corona auf das Klima?

Wir sind eine fortgeschrittene Spezies und können mehrere Dinge gleichzeitig tun. Wir sollten uns auf alle Herausforderungen der Welt konzentrieren, von Epidemien und Klimawandel über Ungleichheit und langsames Wachstum bis hin zu Milliarden von Menschen, die unter Luftverschmutzung in Innenräumen, Mangel an sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen, Armut und Unterernährung leiden. Wenn wir davon sprechen, uns wieder auf das Klima zu konzentrieren, laufen wir Gefahr, die vielen anderen, oft größeren und leichter zu behebenden Probleme für die Menschheit zu ignorieren.

Haben wir durch die Coronakrise etwas für andere Krisen gelernt?

Wir haben gelernt, dass einige Lösungen teuer sind und oft mehr schaden, als sie Gutes tun. Das gilt für Lockdowns in Entwicklungsländern, wo die Menschen andere Probleme haben und an vielen vermeidbaren Ursachen sterben. Teure Regeln zu machen, weil das der politisch korrekte Ansatz ist, hilft oft weniger, als intelligentere, effizientere – wenn auch weniger aufregende – Politik.

2020 ist der CO2-Ausstoß weltweit gesunken. Ist das nachhaltig?

Corona reduzierte die Emissionen weltweit um 4,4%. Um bis 2050 gegen null zu kommen, müssen wir 2021 doppelt so viel reduzieren, 2022 dreimal so viel und so weiter. Bis 2050 müssen wir 23-mal so viel einsparen wie 2020. Aber kaum jemand wird erneut die Einschränkungen von Reisen, Energieverbrauch und so weiter akzeptieren wollen, wie wir sie 2020 gesehen haben. Corona lehrte uns, dass wir das Klima niemals mit Verzicht-Slogans wie „einfach mit weniger auskommen“ retten werden.

Bleibt nach Corona noch Geld für den Klimaschutz?

Wir werden aus der Coronakrise mit viel höheren Schulden herauskommen. Wir werden nicht über Jahrzehnte Billionen für die Klimapolitik ausgeben können. Corona zeigt uns, dass wir eine effektivere Klimapolitik brauchen. Es geht nicht darum, massiv ineffiziente kohlenstoffarme Energieträger zu subventionieren, sondern in die Forschung zu investieren, um grüne Energie so billig zu machen, dass sich der Umstieg lohnt. Dann würden wir nicht nur ein wenig Emissionen in den reichen Ländern senken, sondern überall auf der Welt.

China und die USA wollen künftig mehr für das Klima tun. Gibt es Hoffnung?

Joe Biden hat versprochen, 500 Mrd. Dollar pro Jahr für das Klima auszugeben, was in den USA 1500 Dollar pro Person entspricht. Angesichts der Tatsache, dass der durchschnittliche Amerikaner Umfragen zufolge nicht einmal 24 Dollar pro Jahr für Klimapolitik ausgeben möchte, ist dies völlig untragbar. China mag zum Thema Klima schöne Versprechen machen, legt aber mehr Wert darauf, seine Bevölkerung aus der Armut zu befreien und Entwicklung mit billiger Energie zu ermöglichen, die größtenteils von fossilen Brennstoffen geliefert wird. Wir können nur durch dramatisch mehr Forschung und Entwicklung im Bereich grüner Energie sicherstellen, dass sich die meisten Nationen dafür entscheiden, sich mit grüner Energie zu versorgen, weil es das bessere Geschäft ist.

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